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Politik

Papst lehnt Rücktritt von Kardinal Barbarin ab

19. März 2019

Der katholische Oberhirte in Frankreich hatte seinen Amtsverzicht angeboten - nach einem Urteil wegen Vertuschung sexuellen Missbrauchs. Seine Anwälte haben Berufung eingelegt. Und der Papst wartet zunächst ab.

Papst trifft wegen Missbrauchsvertuschung verurteilten Kardinal Philippe Barbarin
Kardinal Barbarin traf Franziskus am Montag im VatikanBild: Reuters/Vatican Media

Papst Franziskus hat den angebotenen Rücktritt des französischen Kardinals Philippe Barbarin abgelehnt. Der Erzbischof von Lyon und höchste katholische Würdenträger des Landes war vor zwei Wochen zu sechs Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden. Der Vorwurf: Er habe Fälle sexueller Übergriffe auf Minderjährige nicht angezeigt. Barbarin hatte daraufhin angekündigt, ein Rücktrittsgesuch beim Papst einzureichen. Am Montag hatte Franziskus ihn zu einer Privataudienz empfangen.

Nach Angaben des Kardinals machte der Papst die Unschuldsvermutung geltend. Barbarins Anwälte hatten angekündigt, gegen das Urteil der Justiz in Berufung zu gehen. Hintergrund sind Anschuldigungen gegen einen Priester, der in den 1980er Jahren zahlreiche Kinder sexuell belästigt haben soll. Barbarin habe diese Vorfälle vertuscht, befanden die Richter. Auch die Schuld des Priesters ist bisher nicht rechtskräftig festgestellt.

"Das ist ein Fehler zu viel"

Der Vatikan erklärte, Franziskus habe es dem Kardinal selbst überlassen, "die angemessene Entscheidung für seine Diözese zu fällen". Barbarin teilte inzwischen mit, er werde sein Amt als Erzbischof von Lyon zunächst ruhen lassen. Die Geschäfte soll Generalvikar Yves Baumgarten übernehmen.

François Devaux, Mitgründer des Opferverbandes La Parole libérée, vor zwei Wochen in LyonBild: picture-alliance/AP Photo/L. Cipriani

Vertreter von Missbrauchsopfern nannten die Entscheidung des Papstes "schockierend" und "unglaublich". Der Mitgründer des Opferverbandes La Parole libérée (das freie Wort), François Devaux, sagte der Nachrichtenagentur AFP: "Das ist ein Fehler zu viel." Der Papst werde "die Kirche töten", wenn er verurteilte Würdenträger weiter in Schutz nehme.

Die katholische Bischofskonferenz Frankreichs zeigte sich "überrascht" von der Entscheidung des Papstes. Die "noch nie dagewesene" Situation ergebe sich aus der Schwierigkeit, den Respekt vor der Justiz auf der einen Seite mit der Sorge um das Wohlergehen der Erzdiözese Lyon auf der anderen in Einklang zu bringen.

Kardinalsrücktritte sind rar

Das Ausscheiden von Mitgliedern des Kardinalskollegiums ist in der jüngeren Kirchengeschichte äußerst selten. Im Juli 2018 hatte der Papst das Rücktrittsgesuch des damaligen Kardinals Theodore McCarrick angenommen. Die vatikanische Glaubenskongregation hatte den früheren Erzbischof von Washington für schuldig befunden, Priesteramtsanwärter und Minderjährige sexuell missbraucht zu haben. McCarrick wurde inzwischen auch aus dem Klerikerstand entlassen. Vor diesem Fall hatte es mehr als 90 Jahre lang keinen Kardinalsrücktritt gegeben.

Der damalige Kardinal Theodore McCarrick im Jahr 2013Bild: Reuters/M. Rossi

Mit Blick auf den Missbrauchsskandal, der die katholische Kirche weltweit erschüttert, hatte Franziskus wiederholt Aufklärung versprochen. Eine Missbrauchskonferenz im Vatikan Ende Februar brachte nach Einschätzung von Opferverbänden allerdings nur wenig konkrete Ergebnisse.

Unterdessen werden immer neue Vorwürfe gegen Geistliche bekannt. Erst an diesem Dienstag beurlaubte der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki den Düsseldorfer Stadtdechanten Ulrich Hennes. Der katholische Repräsentant in der nordrhein-westfälischen Hauptstadt wird beschuldigt, im Jahr 2012 einen erwachsenen Praktikanten belästigt zu haben. Hennes selbst bestreitet dies. Bis zum Abschluss der eingeleiteten Verfahren gelte die Unschuldsvermutung, teilte das Erzbistum mit.

jj/qu (dpa, afp, kna)

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