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Politik

Papst: "Seid verwurzelt und respektvoll!"

12. September 2021

Franziskus setzt bei seinem Besuch in Ungarn gezielt Akzente, die dem Regierungschef des Landes, Viktor Orban, kaum gefallen dürften. Die Spannung ist spürbar.

Ungarn I Papst besucht Budapest
Franziskus verwahrt sich dagegen, das Christentum als Feigenblatt für eine migrationsfeindliche Politik zu missbrauchenBild: Sean Gallup/Getty Images

Papst Franziskus hat die Gläubigen in Ungarn vor Engstirnigkeit und Dogmatismus gewarnt. "Mein Wunsch ist, dass ihr so sein möget: gefestigt und offen, verwurzelt und respektvoll", sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche bei einer Messe in der Hauptstadt Budapest. Ungarn stehe treu zu seinen Wurzeln. Aber das Kreuz lade auch dazu sein, die Arme auszubreiten und sich nicht zu verschanzen, mahnte der Papst vor Zehntausenden Teilnehmern zum Abschluss des 52. Eucharistischen Weltkongresses.

"Das Kreuz lädt ein, die Arme auszubreiten": Papst Franziskus zelebriert die Heilige Messe in BudapestBild: Gregorio Borgia/AP/picture alliance

Zuvor hatte Franziskus den Ministerpräsidenten des Gastlandes, Viktor Orban, getroffen. Der rechtskonservative Regierungschef sieht sich als Verteidiger eines "christlichen Europas". Sein einwanderungsfeindlicher Kurs widerspricht jedoch der von Franziskus gepredigten Solidarität und Toleranz. Unter Orbans Unterstützern ist der Pontifex daher umstritten.

Regierungsfreundliche Medien und Politiker hatten Franziskus in der Vergangenheit als "antichristlich" und in Anlehnung an den US-Philanthropen George Soros als "Soros-Papst" bezeichnet. Soros ist ein ungarischstämmiger Jude, der weltweit Hilfsorganisationen unterstützt. Die Regierung in Budapest beschuldigt ihn, gezielt Migration zu fördern, und geht per Gesetz gegen seine Stiftung vor.

Mehrere Zehntausend Gläubige hören die Mahnung des Pontifex, sich "nicht zu verschanzen"Bild: Sean Gallup/Getty Images

Bei einer Ansprache vor Vertretern unterschiedlicher Konfessionen hatte der Papst den "in Europa und anderswo" schwelenden Judenhass verurteilt: "Das ist eine Lunte, die gelöscht werden muss." Dagegen helfe die Bereitschaft zur Zusammenarbeit und "Geschwisterlichkeit". Im Szépmuvészeti-Museum in Budapest rief Franziskus die katholischen Bischöfe des Landes zum Dialog auf - mit durchaus regierungskritischen Untertönen. Angesichts kultureller, ethnischer, politischer und religiöser Unterschiede gebe es zwei Haltungen: "Entweder verschließen wir uns in einer starren Verteidigung unserer sogenannten Identität, oder wir öffnen uns der Begegnung mit dem anderen und kultivieren gemeinsam den Traum einer geschwisterlichen Gesellschaft."

"Eine Lunte, die gelöscht werden muss": Im Szépmuvészeti-Museum in Budapest verurteilt der Papst jeglichen AntisemitismusBild: Tiziana Fabi/AFP/Getty Images

Während der Papst nur wenige Stunden auf ungarischem Boden verbrachte, ist für die nächste Station seiner Reise, die Slowakei, ein dreitägiger Aufenthalt geplant. In Bratislava soll es ebenfalls eine Begegnung mit Vertretern des Judentums geben. Auch ein Treffen mit Angehörigen der Roma steht auf dem Programm.

jj/as (dpa, afp, kna)