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Glaube

Papst warnt in Lettland vor Populismus

25. September 2018

Bei seinem Besuch in Lettland hat Papst Franziskus sich gegen Diskriminierung und für mehr gegenseitige Fürsorge ausgesprochen. Bei einer Messe in Aglona mahnte er zugleich zum Verzicht auf Ressentiments.

Lettland Besuch von Papst Franziskus
Franziskus auf dem Weg zu einem Messe in AglonaBild: picture-alliance/dpa/A. Medichini

Es schienen Gesinnungen wieder aufzuleben, "die Misstrauen gegenüber den anderen säen und mithilfe von Statistiken belegen wollen, dass es uns besser ginge, dass es größeren Wohlstand und mehr Sicherheit gäbe, wenn wir allein wären", sagte Papst Franziskus bei einer Freiluftmesse im lettischen Wallfahrtsort Aglona. Christen müssten dagegen auf eine "universale Geschwisterlichkeit" setzen. Solidarität sei kein "Spaziergang", sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche. Notleidende und Ausgeschlossene müssten "spüren können, dass wir fest und zuverlässig an ihrer Seite und auf ihrer Seite stehen".

An dem Marienwallfahrtsort Aglona unweit der russischen Grenze mahnte der Papst auch zu Vergebung und zum Verzicht auf Misstrauen. Auf politischer Ebene sei die Geschichte der Konflikte zwischen den Völkern immer noch "schmerzlich gegenwärtig", sagte er.

Viele Gläubige warten in Aglona ruhig auf die Ansprache des KirchenoberhauptesBild: picture-alliance/dpa/M. Kulbis

Die Messe fand vor der weißen Basilika mit dem Heiligenbild der "Agloner Gottesmutter" statt. Zehntausende Gläubige waren dabei, viele hatten sich in bunte Regenjacken gehüllt. Aglona gilt als geistliches Zentrum des Katholizismus in dem lutherisch geprägten Land. Von den knapp zwei Millionen Letten bekannten sich 2017 nach Angaben des Informationszentrums der römisch-katholischen Kirche lediglich 17,5 Prozent zum katholischen Glauben.

Franziskus wendet sich gegen Diskriminierung

Vernehmbar ging Franziskus auf innergesellschaftliche Kontroversen um Migration und Minderheiten in Lettland ein. Christen seien aufgerufen, einander ohne Diskriminierung anzunehmen. Die katholische Kirche solle zeigen, "dass wir bereit sind, den Armen einen besonderen Platz einzuräumen, den Gefallenen aufzuhelfen und die anderen so anzunehmen, wie sie zu uns kommen und vor uns stehen".

In Lettland leben etwa 240.000 Menschen – dassind 11,2 Prozent der Gesamtbevölkerung - als sogenannte "Nichtbürger" mit einem eigenen "Nichtbürger-Pass". Größtenteils handelt es sich um Russen, Weißrussen und Ukrainer, die in der Sowjetzeit zugewandert waren. Eine Einbürgerung setzt einen lettischen Sprach- und Landeskunde-Test voraus, der vor allem ältere Nichtbürger vor hohe Anforderungen stellt. Lettland betreibt wie die anderen baltischen Staaten eine restriktive Sprachenpolitik.

Die Aufnahme neuer Migranten im Zuge der EU-Flüchtlingskrise stößt unter anderem deswegen auf Vorbehalte, weil dies Erinnerungen an die Einwanderung von Industriearbeitern während der Sowjetzeit wachruft.

Vorbild für die Ökumene

Bei seiner Baltikum-Reise stellte der argentinische Papst Lettland als Vorbild für die ökumenische Verständigung heraus. Die christlichen Kirchen in dem protestantisch geprägten Land hätten zu "Freundschaft" und "Einheit" gefunden, zugleich aber ihre "einzigartigen und reichen" Identitäten bewahrt, sagte er in Riga.

Im Dom der Hauptstadt traf sich Franziskus unter anderem mit Vertretern der lutherischen und der russisch-orthodoxen Kirche. Die Regierung hatte den Montag anlässlich des Papstbesuchs zum Feiertag erklärt.

Junge Leute emigrieren

Zugleich mahnte Franziskus die Schaffung von Zukunftsperspektiven und Arbeitsplätzen an. Niemand sollte dafür das Land verlassen müssen, sagte er. Seit der Unabhängigkeit Lettlands von der Sowjetunion im Jahr 1991 haben viele junge Menschen dem Land den Rücken gekehrt. Lettland feiert in diesem Jahr überdies seine erste Unabhängigkeit von Russland vor hundert Jahren, die mit dem Zweiten Weltkrieg endete.

Lettland war die zweite Station der viertägigen Baltikum-Reise des Papstes, die ihn zuvor nach Litauen geführt hatte. Zum Abschluss besucht der Pontifex an diesem Dienstag den nördlichsten Baltenstaat Estland. In der Hauptstadt Tallinn sind unter anderem Treffen mit Präsidentin Kersti Kaljulaid, Jugendlichen und Mitarbeitern einer Wohltätigkeitsorganisation vorgesehen. Vor dem Rückflug nach Rom am Abend feiert das Katholiken-Oberhaupt eine Eucharistiefeier auf dem Freiheitsplatz. In Estland gibt es nach Vatikanangaben nur 5000 Katholiken - das sind 0,5 Prozent der Bevölkerung. Wie in Lettland gibt es aber unter der starken russischen Minderheit auch viele Orthodoxe. Für Franziskus ist es die erste Reise als Pontifex ins Baltikum.

kle/qu (kna, dpa, afp)

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