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Politik

Unterwegs als Mahner der Toleranz

19. November 2019

Papst Franziskus besucht Thailand und Japan: Erneut bereist das katholische Oberhaupt Länder mit einer kleinen christlichen Minderheit. Vor allem die Besuche in Hiroshima und Nagasaki werden mit Spannung erwartet.

Italien | Papst Franziskus auf Balkanreise
Bild: picture-alliance/dpa/AP/Bildfunk/G. Borgia

Die 32. Auslandsreise dieses Papstes ist die vierte, die ihn nach Asien führt - diesmal für eine Woche. Jeweils gut drei Tage ist er in Thailand und Japan. Gegen Ende besucht das katholische Kirchenoberhaupt sowohl Nagasaki als auch Hiroshima. Die beiden japanischen Städte wurden von den Amerikanern gegen Ende des Zweiten Weltkriegs im August 1945 mit Atombomben zerstört, ihre Namen sind weltweit Mahnung gegen Nuklearwaffen.

Damit reist Franziskus erneut in Länder, die buddhistisch geprägt sind und in denen nur wenige hunderttausend Katholiken eine verschwindende Minderheit (um die 0,5 Prozent) der Bevölkerung bilden. Der Gesamtanteil der Christen ist nur unwesentlich größer. In Zeiten, in denen weltweit die Abgrenzung wächst und Dialoge zum knapperen Gut werden, sind bei Franziskus solche Reisen mit dem Ziel interreligiöser Verständigung stets programmatisch.

Buddhistische Pilger an einem Tempel in Bangkok: Nur eine verschwindend kleine Minderheit sind Katholiken Bild: Getty Images/AFP/M. Antonov

Er wolle, sagte der Papst im Vorfeld der Reise mit Blick auf Thailand, "die Bande der Freundschaft bekräftigen, die uns mit den vielen buddhistischen Brüdern und Schwestern verbinden". Diese gäben "ein beredtes Zeugnis von den Werten der Toleranz und der Harmonie". Was er nicht sagte: Im Süden Thailands bekämpfen einander Buddhisten und Muslime, die nach mehr Autonomie streben, seit vielen Jahren in einem blutigen Konflikt mit tausenden Toten.  

Interreligiöser Dialog und Abschottung

Beide Länder sind buddhistisch durch unterschiedliche Traditionen geprägt. Perry Schmidt-Leukel, Professor für Religionswissenschaft und interkulturelle Theologie an der Universität Münster, erläutert, dass das Verhältnis zwischen Christentum und Buddhismus "sehr geprägt ist durch die Kolonialzeit", auch wenn beide Länder nicht von europäischen Mächten kolonisiert worden seien. Dafür stehe vor allem die "strikte Abschottungspolitik" Japans seit dem frühen 17. Jahrhundert, die zum Verbot des Christentums führte und bis weit ins 19. Jahrhundert andauerte.

Perry Schmidt-Leukel, ReligionswissenschaftlerBild: Astrid Pawlowitzki

"In beiden Ländern gab und gibt es politische und religiöse Vorbehalte gegenüber dem Christentum", so Schmidt-Leukel im Gespräch mit der Deutschen Welle. Da es "im Verhältnis von Christentum und Buddhismus in beiden Ländern historische Belastungen gibt, die beide mit der unglückseligen Verquickung christlicher Mission und westlicher kolonialer Ambitionen zu tun haben, wirkt das nach", sagt der Theologe. "Diese historischen Erinnerungen sind untergründig im Bewusstsein der Bevölkerung schon da." In Thailand gebe es nach wie vor Vorbehalte gegenüber einem religiösen Dialog. In Japan sei zumindest ein dauerhaftes interreligiöses Gespräch zwischen katholischen Benediktinern und buddhistischen Mönchen etabliert worden. 

Papst Franziskus im Februar 2019 in Abu DhabiBild: picture-alliance/dpa/A. Medichini

Der Religionswissenschaftler erinnert daran, dass die katholische Kirche selbst Religionsfreiheit und die Notwendigkeit des Dialogs erst mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) anerkannt habe. Und Papst Franziskus sei mit "erstaunlichen Aussagen" zu religiöser Vielfalt weiter gegangen als alle seine Vorgänger, sagt Schmidt-Leukel und verweist auf eine Erklärung, die Franziskus im Februar in Abu Dhabi mit muslimischen Autoritäten unterzeichnete und die für das Miteinander der Religionen von hoher Bedeutung ist.

Märtyrer als Mahnung

In beiden Ländern wird Franziskus Stätten besuchen, die an die Verfolgung von Christen und an Märtyrer erinnern. In Thailand trifft er Bischöfe des Landes und aus weiteren asiatischen Ländern am Heiligtum des Seligen Nicholas Boonkerd Kitbamrung, eines thailändischen Priesters, der 1944 nach vielen Jahren der Inhaftierung starb und 2000 seliggesprochen wurde. In Japan hält er inne am Monument der japanischen Märtyrer in Nagasaki, das an die massive und langjährige Christenverfolgung mit tausenden Opfern ab dem Jahr 1614 erinnert. "Der Papst könnte die Chance ergreifen und sagen: So etwas - religiöse Verfolgung - darf es nicht mehr geben, weder in die eine noch in die andere Richtung", sagt Schmidt-Leukel.

Hiroshima nach der Atombombe 1945: Papst Franziskus bezeichnet den Einsatz von Atomwaffen als "unmoralisch" Bild: Reuters/Masami Oki/Hiroshima Peace Memorial Museum

Weltweit die größte Aufmerksamkeit werden sicher die Besuche an den Stätten der Atombomben-Abwürfe finden. In Nagasaki will der Papst eine Botschaft gegen Atomwaffen verkünden, in Hiroshima an einem interreligiösen Friedenstreffen teilnehmen. Schon seit Wochen kommen aus dem Vatikan Hinweise, welch hohe Bedeutung die Rede haben werde. Am Tag vor der Reise nannte Franziskus in einer Videobotschaft einen Einsatz von Atomwaffen "unmoralisch". Gemeinsam mit den Japanern bete er, "dass die zerstörerische Kraft von Kernwaffen nie wieder in der Menschheitsgeschichte entfesselt wird".

"Nie wieder Krieg"

Franziskus ist der zweite Papst, der Hiroshima und Nagasaki besucht. 1981, in den Hochzeiten des Kalten Krieges, formulierte Johannes Paul II. einen leidenschaftlichen Friedensappell. Die Erinnerung an Hiroshima bedeute, sich dem Frieden zu verpflichten. In deutscher Sprache sagte er: "Der Welt rufe ich zu: Fühlen wir uns verantwortlich füreinander und für die Zukunft über alle politischen und gesellschaftlichen Grenzen hinweg. Lassen wir die Menschheit niemals mehr zum Opfer im Kampf zwischen wetteifernden Systemen werden. Nie wieder darf es einen Krieg geben!" Nun, 38 Jahre später, ist die Welt ähnlich zerrissen und die Gefahr des Einsatzes von Nuklearwaffen wächst. Franziskus wird das gewiss thematisieren.

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