Damit dürften die wenigsten gerechnet haben: Keiner der vier jeweils über zehn Mal nominierten Top-Favoriten gewann den Haupt-Oscar, sondern "Parasite". Damit gewann erstmals ein nicht-englischsprachiger Film.
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Oscar-Überraschung: "Parasite" aus Südkorea gewinnt
Hollywood staunte nicht schlecht: Die Oscars endeten mit einer faustdicken Überraschung. Eine südkoreanische Gesellschaftssatire wurde als bester Film ausgewählt. "Parasite" von Bong Joon Ho durch bricht eine Tradition.
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Fingerzeig zum Weltkino
Er war der große Gewinner der 92. Oscarverleihung: der südkoreanische Regisseur Bong Joon Ho. Dass er den Oscar für seine Gesellschaftssatire "Parasite" mit nach Hause nehmen darf, ist eine kleine Sensation. Schließlich ist der Film nicht auf Englisch gedreht. Den "südkoreanischen Sieg" in Hollywood machte die Tatsache perfekt, dass "Parasite" noch drei weitere Oscars eroberte.
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Große Freude beim Filmteam
Seit mehreren Jahren ist das südkoreanische Kino schon mit verschiedenen Regisseuren präsent auf der Weltkarte des Films. Bong Joon Ho nahm seine vier Oscarstatuen auch stellvertretend für die Blüte des südkoreanischen Kinos entgegen. "Parasite" siegte auch in den Kategorien "Bester internationaler Film", "Bestes Original-Drehbuch" und "Beste Regie".
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Favoritensiege bei den Darstellern
Bei den Oscars für die besten Schauspiel-Leistungen waren die Favoriten vorn. Bei den Hauptdarstellerinnen gewann die von Filmexperten mehrfach genannte Renée Zellweger. Die amerikanische Schauspielerin holte sich wie erwartet den Oscar als beste Hauptdarstellerin für ihre Rolle im Film "Judy" ab. In dem Drama spielt sie die legendäre US-Entertainerin Judy Garland in deren letzten Lebensjahren.
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Sichere Bank: Joaquin Phoenix
Und auch bei den männlichen Hauptdarstellern setzte sich der haushohe Favorit durch: Joaquin Phoenix bekam den Oscar für seinen furiosen Auftritt in dem wegen seiner brutalen Szenen umstrittenen Film "Joker". Bei den Buchmachern ist Joaquin Phoenix, der vor den Oscars schon zahlreiche andere Darsteller-Preise für seinen "Joker"-Auftritt bekommen hatte, der Top-Favorit gewesen.
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Freude bei Laura Dern
Die amerikanische Aktrice Laura Dern durfte den Oscar in der Sparte "Beste weibliche Nebendarstellerin" entgegennehmen. Dern spielt in dem vom Streamingdienst "Netflix" produzierten Scheidungsdrama "Marriage Story" eine gewiefte Anwältin, Regie führte Noah Baumbach. Die Schauspielerin hatte zwei Oscar-Nominierungen in ihrer Karriere bekommen - jetzt gewann sie die Goldstatue zum ersten Mal.
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Luftsprünge bei Brad Pitt
Und auch er gewann seinen ersten Darsteller-Oscar: Amerikas Sonnyboy Brad Pitt. Für ihn war es nach vier Nominierungen der erste Oscar als Schauspieler. Er bekam ihn für seine Rolle als Stuntman in Quentin Tarantinos "Once Upon a Time in Hollywood". Als Produzent hatte Brad Pitt allerdings schon vor sechs Jahren einen Oscar für "12 Years a Slave" mit nach Hause nehmen können.
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Treppensturz für "Joker" und Co.
Damit wurde die 92. Oscarverleihung zur großen Überraschungsparty: Vier Filme hatten im Vorfeld insgesamt 41 Oscar-Nominierungen bekommen. Alle vier kamen dann in der Endabrechnung auf nur sieben Preise. "Parasite" stellte sie alle in den Schatten. Der elf Mal nominierte "Joker" (unser Bild) gewann - neben der Auszeichnung für Joaquin Phoenix - zumindest noch in der Kategorie "Beste Filmmusik".
Während die Isländerin Hildur Gudnadóttir für ihre Originalmusik für den Film "Joker" ausgezeichnet wurde, gewann Pop-Star Elton John in der Sparte "Bester Filmsong". Elton John teilte sich den Preis mit dem Songtexter Bernie Taupin. Die beiden gewannen die Trophäe für ihre Arbeit zum Film "Rocketman" - der das Musikerleben von Elton John erzählt.
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Besondere Ehre für Roger Deakins
Auch das Kriegsdrama "1917" enttäuschte in der Endabrechung bei den diesjährigen Oscars: Zehn mal nominiert, drei mal gewonnen hieß es am Ende des Abends. Dem britischen Kameramann Roger Deakins konnte es egal sein. Er gewann in der Kategorie "Beste Kamera". Der Brite bringt es damit auf sage und schreibe 15 Nominierungen bei den Oscars. Auch vor zwei Jahren war er als Sieger nach Hause gegangen.
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Doku-Preis an "American Factory"
Als "faszinierende Tragikomödie über die Inkompatibilität der amerikanischen und chinesischen Industrie" beschrieb ein US-Kritiker den Dokumentarfilm "American Factory", der als beste Dokumentation ausgezeichnet wurde. Der Preis ging an Julia Reichert und Steven Bognar, die sich hier freuen. "American Factory" beschreibt die Geschichte eines chinesischen Autoglasherstellers in den USA.
Bild: Getty Images/K. Winter
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Nominierungen gelten als Zeichen. Wer für den Oscar nominiert wird, hat natürlich auch gute Chancen, später einen zu gewinnen. Und wer mehrfach nominiert wird, hat sogar sehr gute Chancen. Vier Filme waren im Vorfeld der 92. Oscar-Gala mit insgesamt 41 Nominierungen bedacht worden. Die Top-Favoriten waren: das Kriegsdrama "1917" von Sam Mendes, Quentin Tarantinos "Once Upon a Time in America" und der Mafia-Film "The Irishman" von Altmeister Martin Scorsese - alle jeweils zehnmal nominiert, die Gewalt-Studie "Joker" sogar elfmal. Gewonnen haben sie alle nicht - zumindest nicht in der begehrten Königsdisziplin "Bester Film".
Bester ausländischer Film gewinnt Sparte "Bester Film"
Das ist die eine Riesen-Überraschung des Abends. Die zweite: Mit "Parasite" des koreanischen Regisseurs Bong Joon Ho setzte sich zum ersten Mal ein Film in der Hauptkategorie "Bester Film" durch, der nicht in englischer Sprache gedreht wurde. Das hatte es bisher noch nie gegeben. Eigentlich auch verständlich, gelten die Oscars doch als Auszeichnung für das englischsprachige Kino. Filme, die nominiert und ausgezeichnet werden, müssen zuvor in den USA im Kino laufen.
Wer den nord-amerikanischen Kino-Markt kennt, weiß dass dort US-Produktionen alles andere dominieren. Viel stärker als sonst in der Welt sind Film und Kino in den USA bedeutende Wirtschaftszweige. Es geht um viele Millionen, ja Milliarden US-Dollars. Und mit den Oscars wird enorm viel Geld verdient. Das fängt bei den Nominierungen an, geht weiter zur Oscar-Gala in Los Angeles, bei der mit Werbung und Übertragungsrechten viel Umsatz gemacht wird und endet mit der Auswertung der prämierten Filme in den weltweiten Lichtspielhäusern.
Seit Beginn der Oscars wird fast ausnahmslos das US-Kino ausgezeichnet
Die Kategorie "Bester nicht-englischsprachiger Film", die seit kurzem "Bester Internationaler Film" heißt, deutet auch an, um was es bei den anderen Sparten geht: um Preise für das englischsprachige Kino, also Filme aus den USA, Großbritannien, manchmal auch Australien oder Neuseeland. 2020 hat die Oscar-Academy mit dieser Tradition nun zum Teil gebrochen - und eine nicht-englische Kinoproduktion als besten film ausgezeichnet.
Öffnen sich die Oscars jetzt für das Weltkino? Das ist schwer vorstellbar. Denn dann müsste konsequenterweise tatsächlich das "ganze" globale Kinogeschehen in den Fokus rücken. Dann müsste sich Hollywood in einer Reihe anstellen, neben Filme aus Spanien und Frankreich, Brasilien und Chile, Japan und China. Das wird kaum geschehen, die Oscars sind schließlich ein in erster Linie ein kommerzieller Filmpreis aus und für Hollywood.
Der Oscar - eine Geldmaschine
Der Rote Teppich, die Vorberichterstattung, die Nominierungen, die Einspielergebnisse der ausgezeichneten Filme - all das wäre dann obsolet. Die "Academy of Motion Picture Arts and Sciences", die alljährlich die renommierten Filmpreise vergibt, hätte sich ihrer Seele beraubt. So werden die Oscars vermutlich bleiben, was sie sind: Eine glamourös inszenierte Auszeichnungen für die englischsprachige Filmwelt - mit wenigen Ausnahmen.
Und das sind die Preisträger 2020:
Bester Film: "Parasite" von Bong Joon Ho
Beste Regie: Bong Joon Ho für "Parasite"
Hauptdarsteller: Joaquin Phoenix in "Joker"
Hauptdarstellerin: Renée Zellweger in "Judy"
Nebendarstellerin: Laura Dern in "Marriage Story"
Nebendarsteller: Brad Pitt in "Once Upon a Time in Hollywood"
Internationaler Film: "Parasite" von Bong Joon Ho
Kamera: Roger Deakins für "1917"
Original-Drehbuch: Bong Joon Ho und Han Jin Won für "Parasite"
Adaptiertes Drehbuch: Taika Waititi für "Jojo Rabbit"
Schnitt: Michael McCusker und Andrew Buckland für "Le Mans 66:
Gegen jede Chance"
Filmmusik: Hildur Gudnadóttir für "Joker"
Filmsong: "(I'm Gonna) Love Me Again" von Elton John und Bernie Taupin (für "Rocketman")
Produktionsdesign: Barbara Ling und Nancy Haigh für "Once Upon a Time in Hollywood"
Tonschnitt: Donald Sylvester für "Le Mans 66 - Gegen jede Chance"
Tonmischung: Mark Taylor und Stuart Wilson für "1917"
Visuelle Effekte: Guillaume Rocheron, Greg Butler und Dominic Tuohy für "1917"
Animationsfilm: "A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando" von Josh Cooley
Animations-Kurzfilm: "Hair Love" von Matthew A. Cherry, Everett Downing Jr. und Bruce W. Smith
Dokumentarfilm: "American Factory" von Steven Bognar und Julia Reichert
Dokumentar-Kurzfilm: "Learning to Skateboard in a Warzone (If you're a Girl)" von Carol Dysinger
Make-up/Frisur: Kazu Hiro, Anne Morgan und Vivian Baker für
"Bombshell - Das Ende des Schweigens"
Kostümdesign: Jacqueline Durran für "Little Women"
Kurzfilm: "The Neighbors' Window" von Marshall Curry