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Politik

EU will Migranten in Afrika halten

29. August 2017

Führende EU-Staaten und Transit-Länder in Nordafrika haben in Paris über das Schicksal von Migranten beraten. Diese sollen von der Überfahrt nach Europa abgehalten werden. Bernd Riegert berichtet aus Paris.

Frankreich PK Migrationsgipfel in Paris
Bild: Getty Images/AFP/L. Marin

Nach einer ungewöhnlich langen Pressekonferenz im stickigen Elyseepalast im sommerlich heißen Paris war klar: Dieser Mini-Gipfel mit acht Beteiligten hatte tatsächlich Ergebnisse gebracht, auch wenn sie in langen Abschlusspapieren und vielen Worthülsen auf dem Podium versteckt waren. Ganz am Ende ließ zum Beispiel die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini wissen, dass die Staaten Niger und Tschad, die in Paris durch ihre Präsidenten vertreten waren, so bald wie möglich 50 Millionen Euro bekommen werden, um ihre Grenzen zu Libyen zu sichern und möglichst dicht zu machen. "Wir brauchen das Geld am besten noch im September", bat der Präsident des Niger, Mahamadou Issoufou in Paris. Das sei eine kurzfristige Maßnahme, die jetzt schnell kommen müsse. 1200 Kilometer sei seine Grenze zu Libyen lang, zehn Grenzübergänge seien zu sichern, gab der Präsident des Tschad, Idriss Deby, zu bedenken. 

Afrikanische Migranten im Lager Zawiyah, 45 Kilometer von TripolisBild: picture-alliance/AFP/MINDS Global Spotlight/M. Turkia

Wirtschaftsmigranten sollen umkehren

In den Haupttransitländern der afrikanischen Migranten Niger, Tschad und Libyen will die Europäische Union die Lager für die Menschen verbessern. Die Zustände besonders in Libyen seien unhaltbar, meinte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Diese Lager sollen allerdings dann auch Endstation für die Migranten sein, die aus wirtschaftlichen Gründen nach Europa wollten, machte Merkel beim Gipfel in Paris klar. Sie wolle Geld in die Entwicklung der Herkunfstländer der Migranten stecken. Das bleibe das langfristige Ziel. "Hier geht es wieder um das Thema Entwicklungshilfe und gleichzeitig ein deutliches Signal, dass diejenigen, die aus wirtschaftlichen Gründen nach Europa kommen wollen, in ihre Länder zurückkehren müssen“, sagte Merkel  im Elyseepalast. 

Libyens Küstenwache wird gelobt

Alle Beteiligten in Paris waren voll des Lobes für die Aktionen der libyschen und italienischen Küstenwache. Sie hat damit begonnen, Migranten in libyschen Hoheitsgewässern aus dem Meer zu fischen und sie nach Libyen zurück zu bringen. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) und Nichtregierungsorganisationen kritisieren diese neue Praxis zwar, doch das ficht die Bundeskanzlerin nicht an.

Europäische NGOs, die Migranten retten, sind im Mittelmeer unerwünschtBild: picture alliance/dpa/F.Ulonska

Merkel machte eine andere Rechnung auf. Die neue Politik, die man als Abschreckung bezeichnen kann, zeige ihre Wirkung, freute sich die Kanzlerin. Im Juni seien noch 23.000 Migranten übers Meer von Libyen nach Italien gelangt. Im Juli waren es noch 11.500 und im August bisher nur noch 3082. Entsprechend ist auch die Zahl der Ertrunkenen von 530 im Juni auf 23 im August zurückgegangen. "Es gelingt das Geschäftsmodell der Schleuser zu untergraben", meinte der italienische Ministerpräsident Paolo Gentiloni. Er mahnte erneut an, dass sich alle EU-Staaten und nicht nur Italien, Spanien, Frankreich und Deutschland, die in Paris vertreten waren, um das Problem kümmern müssten. 

Afrikaner wollen mehr Mittel

Der Präsident des Tschad und der Präsident Nigers sagten, die finanziellen Bedürfnisse der Sahel-Staaten zur Versorgung der Migranten seien nocht nicht erfüllt. Schon bald soll sich eine Arbeitsgruppe treffen, um den tatsächlichen Bedarf zu ermitteln, vereinbarte man in Paris. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini warnte aber vor zu hohen Erwartungen. Schließlich würden die EU-Staaten jedes Jahr rund 20 Milliarden Euro an Entwicklungshilfe in Afrika aufwenden. Für die Sahel-Staaten sei eine Extra-Milliarde vorgesehen, um den Migrantenstrom zu stoppen. "Es muss unser Ziel sein, dass nicht immer mehr junge Afrikaner in der Wüste oder auf dem Meer zu Grunde gehen", sagte Tschads Präsident Debry. "Das lässt sich nur mit Entwicklung lösen." Da war man sich weitgehend einig, pflichtete Gastgeber Emmanuel Macron bei. "Langfristig bleiben wir in der EU einer Politik der Entwicklung verpflichtet. Denn die große Mehrheit der Migranten, die unter Lebensgefahr den gefährlichen Weg wählen und sich Schleppern anvertrauen, würden das nicht tun, wenn es in ihren Länder ein Auskommen und eine normale Entwicklung geben würde", sagte der französische Präsident.

EU will Asylbewerber eventuell umsiedeln

Das ist ein langfristiges Ziel, das bei jedem EU-Afrika-Treffen hochgehalten wird. Kurzfristig wollen die EU-Staaten in Niger, Tschad und Libyen mehr "Migrationszentren" einrichten. Dort sollen mit Hilfe des UNHCR Asylbewerber mit reellen Chancen von Wirtschaftsmigranten getrennt werden. Diese Zentren will der französische Präsident nun nicht mehr "Hotspots" nennen. "Das führt nur zur Verwirrung", meinte Macron, der den Begriff noch vor vier Wochen gebraucht hatte. Dort würden keine Außenstellen von europäischen Behörden geschaffen, sagte der Präsident des Niger, sondern Afrikaner würden  entscheiden. Wirkliche Asylbewerber könnten dann von dort auch nach Europa umgesiedelt werden, versprach Bundeskanzlerin Merkel. Dabei werde es sich aber nicht um große Zahlen handeln können.

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Im Moment ist mit dem UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, ein Kontingent von 20.000 Menschen aus Kriegsgebieten vereinbart. Das werde im Syrienkrieg nicht voll ausgeschöpft und könnte jetzt leicht aufgestockt für Afrikaner genutzt werden. "Es gibt nicht die eine Wunderlösung, sondern ein ganzes Bündel von Maßnahmen", sagte der italienische Ministerpräsident Gentiloni. Der libysche Ministerpräsident Fayez El Sarraj, der sein Land als Opfer der Migrationskrise sieht, versprach das Schlepperwesen besser zu bekämpfen und die Küstenwache weiter auzubauen. Sarraj, der nur einen Teil Libyens wirklich regiert, versprach "das Chaos in Libyen wird enden". Auch seine Regierung wird von der EU und Italien mit zusätzlichen Finanzhilfen bedacht.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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