Parlament in Sri Lanka darf wieder tagen
1. November 2018Sri Lankas Präsident Maithripala Sirisena hat die Suspendierung des Parlaments aufgehoben und damit die seit einer Woche anhaltende Verfassungskrise in dem südasiatischen Land zunächst entschärft. Für Montag setzte Sirisena offiziellen Angaben zufolge eine Parlamentssitzung an. "Die Stimmen des Volkes wurden erhört", schrieb der vergangene Woche von Srisena geschasste Regierungschef Ranil Wickremesinghe im Kurzbotschaftendienst Twitter. "Demokratie wird siegen."
Massive Proteste in der Bevölkerung
Sirisena hatte Wickremesinghe am Freitag entlassen und den umstrittenen Ex-Staatschef Mahinda Rajapaksa zum Nachfolger ernannt. Wickremesinghe weigerte sich jedoch, seinen Posten zu räumen und verlangte eine Parlamentsabstimmung über seine Zukunft. Der Präsident suspendierte daraufhin die Kammer zunächst bis zum 16. November.
Die Entlassung des Ministerpräsidenten hatte zu massiven Protesten geführt. Parlamentssprecher Karu Jayasuriya warnte vor einem Blutbad, sollte sich der Machtkampf weiter zuspitzen. Ein Aktivist war am Sonntag bereits ums Leben gekommen.
Erste Parlamentssitzung am Montag
Jayasuriya traf sich am Mittwochabend mit Sirisena, um einen Kompromiss zu finden. Er hatte gedroht, das Parlament auch ohne Erlaubnis des Präsidenten einzuberufen. Auch der Generalstaatsanwalt Sri Lankas hatte Zweifel an der Legalität von Sirisenas Vorgehen angemeldet.
Die Spitzen der im Parlament vertretenen Parteien müssen nun offiziellen Angaben zufolge über eine Agenda für die Sitzung am Montag entscheiden. Rajapaksa und Wickremesinghe kämpfen in Erwartung einer möglichen Abstimmung über den Posten des Regierungschefs hinter den Kulissen um Stimmen. Nach jüngsten Schätzungen kann Wickremesinghe auf 104 der 225 Abgeordneten zählen, Rajapaksa auf 99.
Rajapaksa soll Kriegsverbrechen begangen haben
Rajapaksa hatte 2009 mit aller Härte den ein Vierteljahrhundert dauernden Bürgerkrieg gegen die Tamilenrebellen der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) beendet. Die UN wirft beiden Seiten Kriegsverbrechen vor. Rajapaksa hatte Sri Lanka mit seiner Familie bis 2015 zehn Jahre lang zunehmend autokratisch regiert. Er galt zudem als Verbündeter Chinas bei dessen Bemühen, in das traditionelle Einflussgebiet Indiens vorzudringen.
Selbst wenn die Krise zunächst bewältigt werden sollte, blicken Beobachter mit Sorge auf die Präsidentenwahl im kommenden Jahr sowie auf die Parlamentswahl 2020. Der Machtkampf gefährde Reformen, Versöhnung und die Aussicht auf friedliche und faire Wahlen, erklärte die International Crisis Group, eine Nichtregierungsorganisation, die Analysen und Lösungsvorschläge zu internationalen Konflikten liefert.
as/ww (afp, dpae, ape, rtre)