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Politik

Proteste und Kabinettsumbildung in Tunis

26. Januar 2021

Regierungschef Hichem Mechichi versucht mit neuen Ministern den Befreiungsschlag. Doch die Tunesier leiden politisch und wirtschaftlich zu sehr, um darauf irgendwelche Hoffnungen zu setzen.

Kräftemessen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten in der Nähe des Parlaments in der Hauptstadt Tunis
Kräftemessen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten in der Nähe des Parlaments in der Hauptstadt TunisBild: Yassine Mahjoub/imago images

Zehn Jahre nach dem Beginn des sogenannten arabischen Frühlings in Tunesien hält die neue Protestwelle in dem nordafrikanischen Land an. Erneut versammelten sich Hunderte in der Hauptstadt Tunis, um unter anderem für die Freilassung von etwa 1000 teils minderjährigen Demonstranten zu protestieren. Diese waren bei den jüngsten Protesten festgenommen wurden. Auch der Slogan "Das Volk will den Sturz des Regimes", der bei den Protesten vor zehn Jahren populär wurde, war zu hören.

Etwa tausend Demonstranten zogen - nach dem Aufruf von Aktivisten und zivilgesellschaftlichen Organisationen - Richtung Parlament, wurden vorher aber von Sicherheitskräften gestoppt. Diese waren in großer Zahl und mit gepanzerten Fahrzeugen im Einsatz. 

Elf neue Ressortchefs

Das Parlament kam zu einer Sitzung zusammen, um über eine von Ministerpräsident Hichem Mechichi vorgeschlagene Kabinettsumbildung zu beraten. Nach anhaltender Kritik wegen der hohen Arbeitslosigkeit und der Wirtschaftskrise in Tunesien hatte er elf neue Minister ernannt in der Hoffnung, seine Regierung damit zu stabilisieren. Es gebe keinen Weg aus der Krise ohne politische Stabilität, sagte Mechichi im Parlament nach einem Bericht der Staatsagentur TAP.

Ministerpräsident Hichem Mechichi im tunesischen ParlamentBild: Getty Images/AFP/F. Belaid

In der vergangenen Woche war es wiederholt zu nächtlichen Ausschreitungen zwischen jungen Demonstranten und der Polizei gekommen. Am Montag starb ein junger Mann, der vergangene Woche von einer Tränengas-Granate getroffen worden war, an seinen Verletzungen. Daraufhin kam es in der Stadt Sbeitla erneut zu Zusammenstößen.

Tunesien hat als einziges Land der Region den Übergang zur Demokratie geschafft. Der kleine Staat am Mittelmeer leidet aber bis heute unter Korruption, hohem Misstrauen in die herrschende Elite und einer schlechten Wirtschaft. Mechichi sprach von "politischer Rivalität" und einer "wachsenden Kluft zwischen der herrschenden Elite und den Tunesiern, die sich benachteiligt und vernachlässigt fühlen". Die Corona-Pandemie hat die Lage noch verschärft.

sti/uh (afp, dpa)