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Parlamentarier des Europarates besorgt über Lage im Kosovo

1. Oktober 2003

- Umsetzung der UN-Resolutionen gefordert

Bonn, 30.9.2003, DW-radio / Albanisch, Auron Dodi

Die parlamentarische Versammlung der Europarates in Straßburg hat am Dienstag (30.9.) über die Situation der Minderheiten im Kosovo debattiert. Dort wurde zwar durch das militärische Einschreiten der NATO vor vier Jahren der Eliminierung der albanischen Bevölkerungsmehrheit durch Serbien ein Ende gesetzt. Umgekehrt sind es jetzt die Minderheiten der Serben und anderer Bevölkerungsgruppen, die unter Übergriffen durch radikale Albaner leiden.

Fast alle Redner der politischen Fraktionen des Europarates zeichneten in der einstündigen Debatte ein düsteres Bild der Minderheitenrechte im Kosovo: die aktuelle Lage sei besorgniserregend, und alle Anzeichen sprächen für eine Verschlimmerung der Situation. Trotz der massiven Präsenz der internationalen Gemeinschaft im Kosovo laufe die Situation Gefahr, außer Kontrolle zu geraten, meinten fast alle neun Europa-Parlamentarier in ihren Reden. Es müssten deshalb rasch Schritte unternommen werden, um eine korrekte Umsetzung der Resolution 1244 des Weltsicherheitsrates zum Kosovo zu gewährleisten und um dort Recht und Ordnung zu garantieren.

Der serbische sozialistische Abgeordnete Dragoljub Micunovic hatte die Dringlichkeitsdebatte beantragt, Anlass war ein Anschlag gegen serbische Jugendliche in dem Dorf Gorazdevci Mitte August, wobei zwei 16jährige ums Leben kamen und vier weitere verletzt wurden:

"Anlass für die Debatte ist das ungeheuerliche Verbrechen in dem Dorf Gorazdevci, wo auf Kinder, die in einem Fluss geschwommen sind, geschossen wurde. Diese Kinder wurden umgebracht, weil sie Serben waren."

Dieses Ereignis markiere den Höhepunkt einer Reihe von terroristischen Angriffen gegen Serben und andere Minderheiten im Kosovo und einer Welle der Zerstörung serbischer Identität, serbischer Kirchen und Denkmäler im Kosovo. Micunovic verlangte, wirksamer gegen Verbrecher vorzugehen. Es gebe keine guten und schlechten Terroristen, sie seien alle gleich. Er verlangte die Klärung des Schicksals der Verschwundenen im Kosovo und Garantien und Rechte für die Vertriebenen. Ferner wies er darauf hin, dass Serbien und Montenegro positiv auf die Verbesserung der Situation im Kosovo wirken könnte, wie jüngst in Südserbien, als Gespräche mit den Albanern geführt wurden.

Der Vertreter der sozialistischen Fraktion im Europarat, der britische Parlamentarier Tony Lloyd, sagte, seine Fraktion sei genauso gegen die jüngsten ethnisch motivierten Angriffe auf nicht-albanische Minderheiten im Kosovo, wie sie gegen die Repression der Albaner durch die serbische Regierung in den Jahren 1998-1999 gewesen sei:

"Es geht hier nicht darum, irgendwelche Rechnungen zu begleichen, wir sind hier weder gegen die Albaner, noch gegen die Serben. Genauso, wie wir für die Albaner Gerechtigkeit gefordert haben, genauso verlangen wir Gerechtigkeit für Serben und andere Menschen im Kosovo."

Lloyd sagte weiter, eine neue Säuberung im Kosovo dürfe nicht akzeptiert werden.

Besorgniserregend nannte die Lage in Kosovo auch der Vertreter der Fraktion der konservativen Volksparteien im Europarat, der Zypriot Christos Pourgurides. Er sagte, das Kosovo laufe Gefahr, vollends unter die Kontrolle der örtlichen Mafia zu geraten.

"Wir fordern alle Konfliktseiten auf, unverzüglich die UN-Resolution 1244 über Kosovo umzusetzen. Wir fordern außerdem alle Seiten auf, eng mit den Behörden der EU zusammenzuarbeiten, wie auch mit anderen Vertretern der Völkergemeinschaft, um die noch offenen Fragen zu lösen und um Sicherheit und Rechstaatlichkeit in Kosovo zu erreichen."

Pourgurides verlangte vom Europarat, sich stärker um die Frage der Heimkehrer zu kümmern.

Ganz anders sah der konservative albanische Vertreter im Europarat, Qazim Tepshi, die Situation im Kosovo:

"Es ist wichtig, dass wir die richtigen Informationen über die Lage im Kosovo bekommen. Wir sollten nicht einseitig sein, wie es die serbische Delegation im Europarat beabsichtigt zu sein. Das ist schade, denn sie haben eine Verantwortung gegenüber Europa, sie sollten sich für demokratische Institutionen und Menschenrechte im Kosovo einsetzen und nicht Probleme verursachen."

Tepshi erinnerte die Straßburger Versammlung daran, dass im Kosovo die gesamte internationale Gemeinschaft vertreten sei, die zusammen mit den Albanern die Bildung eines multi-ethnischen Staates versuche. Probleme gebe es zwar, aber die inzwischen erzielten Verbesserungen seien doch bedeutender, meinte Tepshi.

Der sozialdemokratische Europaratabgeordnete Rudolf Bindig sagte gegenüber der DW am Rande der Versammlung, dass auch die deutsche Delegation die Lage der Menschenrechte in Kosovo als beunruhigend sehe:

"Wir sind tief besorgt darüber, dass, nachdem sich die Situation verändert hat und die albanische Bevölkerung die dort bestimmende ist, dass die Menschenrechte der dort lebenden Serben, Bosniaken, der Roma, der Türken und der Aschkalis gefährdet sein können und auch sind. Es gibt immer wieder Berichte darüber, dass es trotz der Anwesenheit der internationalen Vertreter in bestimmten Dörfern und bestimmten Regionen zu Verletzungen der Menschenrechte der neuen Minderheiten kommt, die dort leben, deshalb wollen wir uns intensiver mit den Fragen beschäftigen." (fp)