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Mehr Transparenz bei Rüstungskontrolle!

Richard Fuchs31. Januar 2013

Geplante Exporte von Panzern nach Saudi-Arabien brachten die Debatte ins Rollen: Wer kontrolliert die deutschen Rüstungsexporte? Die Opposition fordert mehr Parlamentskontrolle, was noch nicht mehrheitsfähig ist.

Grenzposten an türkisch-syrischer Grenze (Foto: AP/dapd)
Bild: dapd

Der Deutsche Bundestag erhält bis auf Weiteres nicht mehr Kontrollerechte über die von der Bundesregierung genehmigten Rüstungsexporte ins Ausland. Das Parlament debattierte am Donnerstag kontrovers (31.1.2013) über die Anträge der Oppositionsparteien, in denen ein Bündel umfangreicher, neuer Informationspflichten für deutsche Exporte von Kriegswaffen gefordert wurde. Anlass war der von der Bundesregierung jetzt vorgelegte Rüstungsexportbericht, der das Parlament über die im Jahr 2011 genehmigten Rüstungsexportgeschäfte informiert.

Schnellere Information und strengere Kontrolle

Besonders die über zwölfmonatige Verspätung der Vorlage des Berichts erzürnte die Parlamentarier der Opposition. „Das Versteckspiel der Bundesregierung bei der Waffenausfuhr ist einer Demokratie unwürdig“, klagte die grüne Oppositionspolitikerin Katja Keul über die bisherige Praxis, dass über Rüstungsexporte der Bundessicherheitsrat (BSR) in völliger Geheimhaltung und an der Kontrolle des Parlaments vorbei entscheidet. Es könne nicht sein, dass die Regierung alles was mit Rüstungsexporten zusammenhängt, pauschal als streng geheim einstufe, sagte Keul. Die Grünen verlangen daher zusammen mit den oppositionellen Sozialdemokraten mehr Kontrollrechte fürs Parlament. „Im Augenblick ist es so, dass die Rüstungsexporte das Parlament immer erst nach Monaten oder Jahren beschäftigen“, sagte die SPD-Abgeordnete Edelgard Buhlmahn, die den Rechenschaftsbericht in Zukunft früher lesen will. „Drei Monate nach Jahresende müssen die Rüstungsexportberichte der Bundesregierung dem Parlament vorliegen, das ist ein Muss“, forderte sie. Zudem verlangen die Oppositionsparteien die Einrichtung eines parlamentarischen Kontrollgremiums, das über Genehmigung und Ablehnung von Anträgen von der Regierung informiert werden muss. Es könne nicht so bleiben, dass die Parlamentarier über mögliche Rüstungsexporte in Spannungsgebiete wie Saudi-Arabien und Libyen aus der Presse erfahren müssten, mahnte Buhlmahn an.

Katja Keul, Die GrünenBild: Bündnis 90/ DIE GRÜNEN

Genehmigt Deutschland zu viele Rüstungsexporte?

Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Philipp Mißfelder wies den Vorwurf, die schwarz-gelbe Regierung würde das Parlament nur verspätet und unzureichend informieren, ausdrücklich zurück. „Das was im Rüstungsexportbericht hier präsentiert wird ist ein Höchstmaß an Transparenz, weil wir alles, was im weitesten Sinne mit Rüstung zu tun hat, in diesen Bericht mit aufgenommen haben“. Im Bericht ist zu lesen, dass Deutschland im Jahr 2011 Ausfuhren von Waffen und Rüstungsgütern im Wert von 5,4 Milliarden Euro genehmigt hat, ein Anstieg um 660 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. Das katapultierte Deutschland im weltweiten Vergleich auf Rang drei der größten Waffenexportnationen, direkt hinter die USA und Russland. Besonders gefragt waren Panzer und gepanzerte Fahrzeuge, aber auch Boote für den Küstenschutz oder Sicherheitsysteme wurden exportiert.

Philipp Missfelder, Unions-FraktionBild: dapd

Die Oppositionsparteien machen für den deutlichen Anstieg der Rüstungsexporte die laxe Genehmigungspraxis der Bundesregierung verantwortlich. Im Jahr 2011 seien von 17.500 Anträgen auf Rüstungsexporte gerade einmal 105 abgelehnt worden, beklagte Gregor Gysi von der Linkspartei, der eine völlige Einstellung der Rüstungsexporte forderte. Sozialdemokraten und Grüne verwehren sich dieser Forderung, kritisierten allerdings, dass immer mehr Rüstungsexportgeschäfte an unsichere Drittstaaten wie die Vereinigten Arabischen Emirate, Irak, Algerien oder Saudi-Arabien gingen. „Transparenz ist kein Selbstzweck, sondern ein erster Schritt zu einer restriktiveren Genehmigungspraxis“, forderte die Grünen-Abgeordnete Katja Keul. „Genau so wichtig ist es deswegen, den Endverbleib der Waffen tatsächlich zu überprüfen und sich nicht mit einer schriftlichen Endverbleibserklärung zu begnügen.“

Zustimmung für diese Forderung kam von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International Deutschland. Die viel zu laxe Genehmigungspraxis der deutschen Regierung trage vielfach zu einer Verschärfung regionaler Konflikte bei. „Besonders die umfangreichen Rüstungsexportgenehmigungen für Staaten im Nahen Osten und Nordafrika wie Saudi Arabien, Ägypten oder Algerien sind fragwürdig“, sagte Mathias John, Rüstungsexperte von Amnesty International.

Gregor Gysi, LinksparteiBild: picture-alliance/dpa

Mehr Transparenz der Weg zu weniger Waffenexporten?

Auch wenn die jetzt vorgelegten Anträge der Oppositionsparteien keine Zustimmung fanden, so gibt es doch auch in den Reihen der Regierungsfraktionen von Union und FDP bei der Ausdehnung der Informationspflicht Bewegung. Der außenpolitische Experte der FDP, Rainer Stinner, kündigte an, sich für eine zügigere Information des Parlaments einzusetzen. Offen blieb allerdings, wann von der Regierungskoalition dazu konkrete Schritte unternommen werden sollen. „Ich möchte schneller wissen, was die Regierung an Waffenexporten genehmigt“, bekräftigte Jan van Aken von der Linkspartei den Wunsch vieler Parlamentarier.