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Parlamentarische Versammlung des Europarates empfiehlt Aufnahme Bosnien-Herzegowinas

23. Januar 2002

– Pressesprecher im DW-Interview: "Die größte Hürde haben wir genommen, es liegt aber noch sehr viel Arbeit vor uns"

Köln, 22.1.2002, DW-radio/Bosnisch

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hat heute (22.1.) in Straßburg über den Aufnahmeantrag Bosnien-Herzegowinas debattiert (...) Wir haben den Pressesprecher des Außenministeriums Bosnien-Herzegowinas, Amer Kapetanovic, der sich in Straßburg befindet, in der Leitung. (...)

Frage: Ist nun Bosnien-Herzegowina seit heute Mitglied des Europarates - nachdem es vor fast neun Jahren den Beitrittsantrag stellte und nachdem es seit acht Jahren als "Sondergast" vertreten ist – oder muss es noch auf das letzte Wort des Ministerkomitees warten?

Antwort: Aus formal-rechtlicher Sicht noch nicht, allerdings haben die bisherigen Erfahrungen und die Praxis gezeigt, dass jede Empfehlung der Parlamentarischen Versammlung – und dies heute war jedenfalls eine fast einstimmige Empfehlung an das Ministerkomitee, Bosnien-Herzegowina bereits auf seiner kommenden Sitzung als Vollmitglied in den Europarat aufzunehmen. Dies ist an sich bereits ein Indikator dafür. Die Sache ist noch nicht formal-rechtlich abgeschlossen, da nach dem Entscheidungsverfahren beim Europarat das Ministerkomitee das letzte Wort hat, und aufgrund der Empfehlung der Parlamentarischen Versammlung wird ein Land, ein Kandidat als Vollmitglied aufgenommen.

Ich würde sagen, bei der heutigen Abstimmung kam jedoch sehr deutlich das positive Klima, das gegenüber Bosnien-Herzegowina und seiner Aufnahme als Vollmitglied beim Europarat herrscht, zum Ausdruck. Denn von etwas mehr als 200 anwesenden Parlamentariern aus allen Mitgliedsländern des Europarates war lediglich einer gegen die Aufnahme Bosnien-Herzegowinas beziehungsweise dagegen, die Empfehlung an das Ministerkomitee für die Aufnahme Bosnien-Herzegowinas als Vollmitglied im Europarat auszusprechen. Dies ist für uns ein positives Zeichen dafür, dass sich Bosnien auf gutem Wege befindet, bereits im Frühjahr in diese älteste, europäische, paneuropäische Organisation aufgenommen zu werden.

Frage: Herr Kapetanovic, werden denn durch das heutige Ereignis auch die Türen und Tore für den EU-Beitritt geöffnet? Es ist schließlich bekannt, dass Bosnien-Herzegowina noch zahlreiche Voraussetzungen erfüllen muss. Wie weit ist es denn bei der Erfüllung dieser Voraussetzungen gelangt?

Antwort: Nun, wir müssen vollkommen ehrlich sein, wenn wir über die EU sprechen. (...) Die Kriterien für den EU-Beitritt sind viel ausgeprägter, und da wird Bosnien-Herzegowina noch eine zeitlang warten müssen. Allerdings muss ich auch Ihren Hörern sagen, dass Bosnien-Herzegowina, auch wenn es, wie wir hoffen, bis zum Frühjahr Vollmitglied des Europarates wird, noch zahlreiche Voraussetzungen nach seiner Aufnahme erfüllen muss. Es wird auch eine Langzeitbeobachtermission des Europarates eingerichtet, und Bosnien-Herzegowina wird auch durch Expertenberichte unterstützt. Beispielsweise müssen wir der Europäischen Menschenrechtskonvention beitreten und sie dann ratifizieren, mit all den Zusatzprotokollen. Da ist noch die Europäische Konvention zur Bekämpfung des Terrorismus, die Bosnien unterzeichnen muss, um als gleichberechtigtes Mitglied dieser europäischen Familie zu gelten. Daraus ist zu ersehen, dass wir sehr wohl die größte Hürde genommen haben, worauf wir seit Jahren gewartet haben. Vor uns liegt jedoch noch sehr viel Arbeit. Und für den EU-Beitritt werden wir sicherlich noch sehr viele Jahre brauchen. (...) (md)