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Politik

Parlamentswahl in Thailand kurz erklärt

23. März 2019

Die seit dem Militärputsch von 2014 lang erwarteten und insgesamt sechs Mal verschobenen thailändischen Wahlen finden nun am 24. März 2019 statt. Die DW beantwortet die wichtigsten Fragen.

Bangok: Wahlen in Thailand
Bild: Reuters/J. Silva

Mehr als 51 Millionen Thais sind am 24. März 2019 dazu aufgerufen, ein neues Repräsentantenhaus zu wählen. Es sind die ersten Wahlen, seit das Militär im Mai 2014 nach einem Putsch die Macht im Land übernommen hatte. Die letzten regulären Wahlen hat es 2011 gegeben. Damals gewann die Pheu-Thai-Partei.

Regierungschef und Ex-Armeechef Prayut rechnet sich gute Chancen für Bestätigung bei der Wahl aus Bild: picture-alliance/AP Photo/S. Lalit

Wer tritt bei den Wahlen an?

Insgesamt haben sich 49 Parteien für die Wahlen registriert. Es gibt vier einflussreiche Lager:

1.         Das Lager der Militärregierung, vertreten durch die Palang-Pracharath-Partei (PPRP). Es unterstützt eine konservativ nationalistische Politik und den aktuellen Premierminister und Juntaführer Prayut Chan-o-cha.

2.         Die Demokratische Partei (DP), die ursprünglich konservativ-royalistisch war und heute neoliberal ist. Sie hat den Rückbau der Demokratie in Thailand in den letzten 15 Jahren maßgeblich vorangetrieben. Kurz vor den Wahlen setzte sich der langjährige Parteichef Abhisit Vejjajiva in einer Abstimmung gegen einen pro-militärischen Kandidaten durch. Abhisit kündigte an, weder die Militärpartei noch Prayut zu unterstützen. Traditionell steht sie allerdings Eliten nahe, die den Putsch 2014 befürwortet haben.

3.         Das Lager der Shinawatra-Anhänger. Ihre wichtigste Partei ist die Pheu-Thai-Partei (PTP). Sie stellte bis zu ihrer Entmachtung durch den Militärputsch vom Mai 2014 die Regierung. Sie wird flankiert von drei kleineren Parteien. Die Raksa-Chart-Partei, die wegen der Nominierung der ältesten Schwester des Königs als Kandidatin für das Amt des Premierministers kurz vor den Wahlen vom Verfassungsgericht verboten wurde, gehörte ebenfalls zu diesem Lager.

4.         Neu gegründet hat sich die Future-Forward-Partei (FFP). Sie wird vor allem von jungen Menschen favorisiert und fordert mehr Transparenz und Teilhabe in der Politik. Sie eine gewisse politische Nähe zur Pheu-Thai-Partei. 

Der Politologe und Thailandkenner Wolfram Schaffar urteilt im Gespräch mit der DW: "Es treten sehr unterschiedliche Parteien an. Die Lage ist sehr zugespitzt und es gibt einen programmatischen Wahlkampf." Die Bruchlinien sind deutlich: Es stehen sich Demokratiebefürworter (PTP, FFP) und Demokratieverächter (PPRP, DP) gegenüber.

Tritt nach Verbot nicht an: Parteichef Preechaphol von der oppositionellen Thai-Raksa-Partei. Bild: Getty Images/AFP/L. Suwanrumpha

Was sagen die Prognosen?

Zwei Wochen vor den Wahlen gaben fast zwei Drittel der Wahlberechtigten in einer Umfrage des thailändischen Umfrageinstituts Super Poll an, noch unentschieden zu sein. Ähnliche Zahlen lieferte eine Umfrage der "Bangkok Post" von Anfang Februar. Doch solche Wahlumfragen sind mit großer Vorsicht zu genießen, wie Kathrin Bannach, die für die Friedrich-Naumann-Stiftung vor Ort ist, schreibt: "Die Mischung aus neuen Akteuren, einer neuen Wahlgesetzgebung und einer großen Zahl an Erstwählern macht eine seriöse Wahlprognose unmöglich. Dass ein Lager die absolute Mehrheit im Parlament und genügend Stimmen bei der Premierminister-Wahl von Parlament und Senat erhält, ist unwahrscheinlich."

Bei der vorzeitigen Stimmabgabe, die bereits am Sonntag (17.03.2019) eine Woche vor dem eigentlichen Wahltermin begann, deutete sich an, dass die Wahlbeteiligung hoch sein wird. Vor den Wahllokalen bildeten sich lange Schlangen.

Vorsprung des Militärs bei der Wahl der neuen Regierung

Wie frei und fair sind die Wahlen?

"Die Wahlen sind weder frei noch fair", sagt Schaffar. "Die Wahlen sind nicht frei, weil jede Form des Wahlkampfs eingeschränkt ist. Die Wahlkommission selbst hat erklärt, dass die Wähler ohne 'Beeinflussung' ihre Stimme abgeben sollen." Bei Verstoß kann die Wahlkommission einen Prozess einleiten, was in mehreren Fällen bereits geschehen ist. Auch konnten sich die Parteien erst im Dezember 2018 registrieren und mit dem Wahlkampf beginnen. Es blieb also wenig Zeit, um sich politisch zu organisieren und die eigene Wählerschaft zu mobilisieren.

Auch faire Wahlen kann es unter der neuen Verfassung von 2016  nicht geben. So hat die Militärregierung einen Vorsprung in der Nationalversammlung, die den Premier und die Regierung wählen wird. Die Nationalversammlung besteht aus zwei Kammern, dem Senat und dem Repräsentantenhaus. Der Senat hat 250 Sitze, die allein von der Militärregierung besetzt wurden. Im Repräsentantenhaus sitzen  500 vom Volk gewählte Vertreter. "Der Senat wird erheblichen Einfluss auf zukünftige Entscheidungsfindungen haben, da er an verschiedenen Stellen sein Veto einlegen kann", sagt Schaffar. Außerdem hat die Junta das Wahlsystem so verändert das große Parteien, wie etwa die Pheu-Thai-Partei, geschwächt werden.

Nicht zuletzt besteht die Gefahr von Wahlmanipulationen. Viele Thais halten sie sogar für wahrscheinlich. Schaffer verweist in diesem Zusammenhang auf die fehlende Neutralität der Wahlkommission: "Wenn man sich die Einlassungen der Wahlkommission anhört, dann ist klar, dass sie die Militärpartei an der Spitze haben will. Wie unter diesen Umständen Wahlbetrug ausgeschlossen werden sollen, weiß ich nicht." Die Militärregierung lehnt ausländische Wahlbeobachter kategorisch ab.

Thailänder wollen wieder Demokratie

03:22

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Armee hat ihren Einfluss zementiert

"Klar ist, dass die Militärregierung den Urnengang gerne nochmals verschoben hätte", sagt Schaffar. "Aber der internationale Druck und die Kritik im Land waren jetzt so groß, dass eine weitere Verschiebung nicht möglich war." Die Thais wollen eine Rückkehr zur Demokratie.

Offen ist, wie weit das Militär dies gestattet. Im neu geordneten politischen System hat es, selbst bei einer Wahlniederlage, viele Möglichkeiten, die demokratische Willensbildung zu verhindern. In den vergangenen fünf Jahren hat die Armee dafür gesorgt, dass nicht nur der Senat in ihrem Sinne besetzt wird, sondern auch andere einflussreiche Institutionen des Landes, wie zum Beispiel das Nationale Strategiekomitee und die Anti-Korruptionskommission.

Das Nationale Strategiekomitee hat einen Entwicklungsplan vorgelegt, der die politische und wirtschaftliche Entwicklung des Landes für die nächsten 20 Jahre festlegt. Sollten zukünftige Politiker gegen den Plan verstoßen, dann können das Strategiekomitee oder die Anti-Korruptionsbehörde diese mit mehrjährigen Haftstrafen belegen.

Wo steht der König?

Da in Thailand die Berichterstattung über den König wegen der rigiden Gesetzes gegen Majestätsbeleidigung stark eingeschränkt ist, bleibt vieles, was König Vajiralongkorn betrifft, spekulativ. Wolfram Schaffar zufolge gibt es Anzeichen dafür, dass der König einen Machtzuwachs der Monarchie anstrebt. So änderte er nach Verabschiedung der Verfassung eigenmächtig einige Artikel und er brachte das königliche Schatzamt, das erheblichen wirtschaftlichen Einfluss im Land hat, unter seine direkte Kontrolle.

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