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Politik

Parteienfinanzierung auf Albanisch

Lindita Arapi
4. April 2018

In Albanien, dem ärmsten Land Europas, geben Parteien riesige Summen für Lobbyisten aus. Verdeckte und illegale Parteienfinanzierung ist dort besonders verbreitet. Das liegt nicht nur an der Korruption.

Albanien Parlamentswahlen 2017
Ein Wahllokal in Tirana bei der Parlamentswahl von 2017 Bild: DW/A. Ruci

Ein Bericht des US-Magazins "Mother Jones" hat in Albanien ein politisches Erdbeben ausgelöst: Dort steht, dass im Rahmen einer Werbeaktion der amerikanischen Lobby-Organisation Nick Muzin Company für die Demokratische Partei Albaniens (DPA) Hunderttausende US-Dollar aus einer Briefkastenfirma namens Biniatta Trade in die USA flossen. Das US-Magazin schreibt, hinter dieser Briefkastenfirma stecke eine russische Finanzierung. Die DPA bestätigt den regulären Vertrag mit der Nick Muzin Company, betont aber, dass sie dieser nicht mehr als 25.000 Dollar für die Werbeaktion in den USA bezahlt habe. Woher das restliche Geld kam, das die Lobby-Organisation für ihre Arbeit für die DPA angegeben hat, bleibt bis heute ungeklärt.     

Ein Skandal mit Sprengkraft: vor allem, weil Russland in diesem Kontext erwähnt wird, ein Land, das die Albaner nicht gerade als Freund betrachten. Die Demokratische Partei verteidigt sich vehement gegen die Vorwürfe und wirft dem politischen Gegner, der Sozialistischen Partei (PS), eine Schmutzkampagne vor. Der Generalsekretär der Sozialisten, Taulant Balla, fordert im Gespräch mit der DW eine umfassende Aufklärung des Falls: "Das ist eine Frage der nationalen Sicherheit Albaniens, wenn wir uns an die alte Tendenz Russlands erinnern, seinen Einfluss zu erweitern. Albanien schien bis jetzt dagegen immun - als einziges Land." Inzwischen ermitteln auch die albanischen Behörden in diesem Fall. 

Die Geldflüsse sind nicht transparent 

Der Wirbel um die Geldflüsse bringt ein altes Problem an die Oberfläche: Wie finanzieren sich die wichtigsten Parteien in Albanien und woher kommen die Gelder? Seit Jahren bezahlen die albanischen Parteien riesige Summen für Lobbyismus im Ausland. Dazu kommen Ausgaben für glanzvolle Wahlkampfveranstaltungen, die in einem armen Land wie Albanien für Kopfschütteln sorgen.

Der Direktor des Instituts für Politische Studien, Afrim Krasniqi, spricht von einem klientelistischen System in seinem Land: "Formell geben die Parteien ihre Ausgaben und ihre Finanzierungen an - doch ohne Details. Und die Zahlen außerhalb des Systems, die nicht bei der Zentralen Wahlkommission gemeldet sind, sind um ein Vielfaches höher." Diese Geldflüsse seien nicht transparent. 

Johanna Deimel: "Illegale Parteienfinanzierung gehört zu den Kernproblemen der Region" Bild: Privat

Das betrifft nicht nur Albanien, sagt Johanna Deimel, Balkan-Expertin der Südosteuropa-Gesellschaft: "Das Problem verdeckter und illegaler Parteienfinanzierungen, die Intransparenz insgesamt gehört leider zu den Kernproblemen in der Region. Die Gelder fließen entweder direkt an Politiker und Parteien, oder werden über andere Kanäle, wie die Finanzierung von genehmen Medien und treuen Schlüsselunternehmen, indirekt eingeschleust." 

"Wir haben sehr viel Arbeit vor uns" 

In Albanien gibt es aber Auswüchse besonderer Art: Der Politologe Afrim Krasniqi hat sich mit dem Fall von drei albanischen Abgeordneten beschäftigt, die in den Medien offen zugaben, im letzten Wahlkampf bis zu einer Million Euro an die jeweilige Partei bezahlt zu haben. Krasniqi fand heraus, dass diese Zahlen in den offiziellen Dokumenten der Parteien bei der Zentralen Wahlkommission nicht vorkamen. Er forderte öffentlich, dass die Staatsanwaltschaft diese Fälle untersucht. Dennoch sah die Behörde keinen Grund, die öffentlichen Erklärungen der Abgeordneten zu untersuchen. Sie wies auf das albanische Meldeinspektorat, das den Abgeordneten weiße Westen bescheinigte. Die Begründung: In den schriftlichen Erklärungen der Abgeordneten sind keine öffentlichen Zusagen über Geldeinzahlungen zu finden.

Ist die albanische Politik ein Spielball krimineller Gruppen? Diese Zweifel werden oft in albanischen Medien geäußert. Es ist bekannt, dass in den letzten Jahren mehrere Personen mit einer kriminellen Vergangenheit in politischen Ämtern zu finden waren. Nur auf Druck der EU und der albanischen Opposition wurde im Jahr 2015 ein 'Dekriminalisierungsgesetz' verabschiedet: Unter anderem sieht es vor, dass vorbestrafte Personen nicht Abgeordnete werden dürfen. Das hat auch einige bekannte Politiker zu Fall gebracht.

Dass die Parteien oft ihre Finanzierungsquellen verschleiern wollen, bestätigte vor einigen Tagen auch Klement Zguri, Leiter der Zentralen Wahlkommission, vor dem Parlamentarischen Ausschuss für Gesetzgebung in Tirana. Seine Institution fordert Transparenz: "Wir haben sehr viel Arbeit vor uns." 

Ein hoffnungsloser Kampf? 

Doch gerade diese wichtigste Kontrollinstanz ist im Grunde genommen ein Papiertiger. Die Parteien sind nach einem Proporzsystem in der Zentralen Wahlkommission vertreten, die die Parteienprüfer ernennt. Am Ende werden die Entscheidungen wieder in dieser Kommission getroffen, in der die wichtigsten Parteien de facto ihr Veto einlegen können. Bessere Bedingungen für das ewige Versteckspiel der Finanzierungen könnten die albanischen Parteien kaum finden. Die Folge: Transparenz wird in Albanien als vergebliche Mühe in einem hoffnungslosen Kampf gesehen. Der Politologe Krasniqi nennt es "einen stillschweigenden Pakt der Parteien, um keinen Einblick in diesen oft rechtswidrigen Handelsplatz zu erlauben."

Die OSZE fordert deshalb Gesetzesänderungen für mehr Transparenz. In einer Erklärung für die Deutsche Welle bestätigt die OSZE, dass die aktuelle Gesetzgebung über die Parteienfinanzierung in Albanien Lücken aufweist - besonders in den Wahlkämpfen. "Das Gesetz garantiert nicht die ausreichende Transparenz der Mitteilungen über die Wahlkampffinanzierungen, weil es diese Mitteilung nicht vor dem Wahltag einfordert." Zudem verlangt die OSZE, dass die Prüfer und die Zentrale Wahlkommission vollen Zugang zu den Informationen über die Finanzierung der Parteien bekommen. Ob die albanischen Parteien das zulassen, ist aber fraglich. 

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