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Partnerschaft mit Potenzial

Richard A. Fuchs, Berlin 18. April 2016

Indonesiens charismatischer Staatspräsident ist auf Visite in Berlin. Er will deutsche Investoren locken, das kommt gut an. Gemeinsam wollen beide Länder islamistischen Terrorismus bekämpfen - mit Doppelstrategie.

Zwei, die gemeinsame Potentiale sehen: Indonesiens Staatspräsident Widodo bei Kanzlerin Merkel (Foto: Copyright: Reuters/H. Hanschke)
Bild: Reuters/H. Hanschke

Wer welches Thema aus einem Gespräch hervorhebt, das sagt viel über die jeweilige Person aus. So war es auch heute beim Staatsbesuch des indonesischen Staatspräsidenten Joko Widodo in Berlin. Er wurde von Kanzlerin Angela Merkel im Kanzleramt mit militärischen Ehren empfangen. Im Anschluss folgten politische Gespräche.

Während der indonesische Präsident auf den Ausbau der gemeinsamen Handelsbeziehungen mit Deutschland einging, würdigte die deutsche Kanzlerin dagegen die vereinbarte Strategie im Kampf gegen islamistischen Terror. Indonesien ist das größte muslimische Land der Welt, mit 252 Millionen Einwohnern, von denen mehr als 85 Prozent sunnitische Muslime sind. "Auch wenn unsere Länder weit voneinander entfernt liegen", betonte Merkel bei der anschließenden Pressekonferenz, "dass aus unseren beiden Ländern inzwischen Menschen für den IS in Syrien und dem Irak kämpfen, muss Ansporn sein, gemeinsam dagegen vorzugehen".

Mit Doppelstrategie gegen islamistischen Terror

Joko Widodo, der im Volksmund "Jokowi" genannt wird, verwahrte sich sachlich nüchtern dagegen, sein Land auf die Fragen von Journalisten hin als Exportnation islamistischer Terrorkämpfer abstempeln zu lassen. 99 Prozent der Muslime in seinem Land würden einen weltoffenen, friedlichen Islam praktizieren. Gegen die kleine Zahl von Terroristen gelte es, entschieden vorzugehen, sagte Widodo. Und sprach von einer Doppelstrategie, die beide Länder im Kampf gegen den Terror verfolgen wollten. Religiöse Annäherung sei die "Soft Power", um beide Länder zusammenzubringen. Verstärkte Zusammenarbeit von Geheimdiensten und Sicherheitsbehörden sei dagegen die "Hard Power", die den Kämpferzustrom in die Bürgerkriegsgebiete stoppen könne.

Widodo bot sein Land als größte islamische Demokratie der Welt an, bei der Terrorismusbekämpfung eine Führungsrolle einzunehmen. Für Angela Merkel galt festzuhalten: "Das Potential dieser Partnerschaft ist noch nicht ausgeschöpft."

Das sieht der indonesische Staatspräsident vor allen in wirtschaftlichen Belangen genau so. Bislang macht das gemeinsame Handelsvolumen mit Indonesien weniger als ein Prozent des deutschen Außenhandels aus. Geht es nach dem gelernten Forstwirt aus Jakarta, der jahrelang in der Möbel- und Papierbranche seines Landes gearbeitet hat, soll sich das bald ändern.

Der für die Demokratische Partei Indonesiens im Juli 2014 zum Präsidenten gewählte Politiker warb um deutsches Know-how beim Ausbau der praxisnahen Berufsausbildung. Hier verspricht sich Widodo mit einer überwiegend jugendlichen Bevölkerung umfangreiche Chancen, von Deutschland zu profitieren. Noch gibt es großes Entwicklungspotential. Mit einem geschätzten Pro-Kopf-Einkommen von weniger als 6000 US-Dollar im Jahr gehört Indonesien heute noch zu den ärmeren Schwellenländern der Welt.

Indonesiens Präsident Joko Widodo ist zu Gast in Berlin - auch bei Bundespräsident Gauck schaute er vorbei.Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Sohn

Vom Tigerstaat zur indonesischen Wachstumsente?

Viel wird bei den deutsch-indonesischen Beziehungen davon abhängen, wie sich die Wirtschaft der beiden Länder weiterentwickelt. Nach Jahren hoher Wachstumsraten jenseits von fünf Prozent wurde das südostasiatische Land hart von der Asienkrise getroffen. Mit dem Kollaps der Weltwirtschaft zogen auch viele internationale Investoren nach 2008 ihr Geld aus Indonesien ab - investierten stattdessen in neuen Niedriglohndestinationen in Myanmar und Bangladesch. Damit wurde das Land vom Tigerstaat zum Bremsklotz des südostasiatischen Wirtschaftsraums. Dagegen kämpft Widodo seit seinem Amtsantritt an.

Er setzt vor allem auf einen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Ein Manko, warum viele Investoren bislang um das Land der 17.500 Inseln einen Bogen machten. Widodo kündigte an, Indonesien zum "globalen maritimen Knotenpunkt" machen zu wollen. Dazu will er sowohl das Hafennetz ausbauen - als auch die Seestreitkräfte erweitern.

Indonesien auf dem Weg zum Knotenpunkt der Weltmeere? Präsident Widodo plant genau dasBild: AFP/Getty Images/A. Zamroni

Diskriminierung religiöser Minderheiten

Viele Standortfaktoren, wie Rechtsstaatlichkeit und die Einhaltung der Menschenrechte, sind aber noch verbesserungsbedürftig. Die Kanzlerin zollte dem Land dennoch ihre" Hochachtung" für alles, was bereits auf dem Weg zu mehr "guter Regierungsführung" erreicht worden sei. Dass die Todesstrafe in Indonesien weiterhin praktiziert werde, darüber sei nicht direkt gesprochen worden, so die Kanzlerin. "Dass Deutschland die Todesstrafe aber ablehnt, das ist ja bekannt", so Merkel.

Die Diskriminierung religiöser Minderheiten in Indonesien bleibt ein weiterer bilateraler Stolperstein, sagen Menschenrechtler. So zitierte die Online-Zeitung "Jakarta Globe" aus dem Quartalsbericht der Nationalen Menschenrechtskommission, in dem zahlreiche Verstöße gegen den Gleichheitsgrundsatz beim Bau von Gotteshäusern in Indonesien dokumentiert worden seien. Besonders betroffen von der Diskriminierung seien protestantische Kirchen, aber auch Anhänger islamischer Minderheiten wie der Ahmadiyya. Der charismatische Staatspräsident Indonesiens, der vor seinem Amtsantritt Gouverneur der Megacity Jakarta gewesen ist, kommentierte derlei Kritik mit den Worten: "Bei der Arbeit müssen sie optimistisch sein, nicht pessimistisch."

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