Quarterback Tom Brady und Trainerlegende Bill Belichick bilden bei den New England Patriots ein Erfolgsduo. Nun wollen sie ihren sechsten Super Bowl gewinnen. Doch der junge Coach des Finalgegners hat etwas dagegen.
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Mit Daumen und Zeigefinger formt Tom Brady eine Null. Dann muss der Footballstar loslachen, denn er weiß, nicht jeder kann die Zahl verstehen. Sie steht für die Chance, dass der Quarterback der New England Patriots nach dem Super Bowl in der Nacht zum Montag (0.30 Uhr MEZ, ab 0:15 im DW-Liveticker) tatsächlich aufhört und seine erfolgreiche Karriere beendet. "Ich sage das seit langer Zeit, ich wiederhole immer die gleiche Antwort. Aber niemand will mir glauben", so Brady. Sie lautet: Es geht weiter.
Denn auch mit 41 Jahren hat Brady noch lange nicht genug. "Ich habe mir selbst ein Ziel gesetzt, die 45", sagt der erfolgreichste Quarterback der Geschichte im Interview mit ESPN. Es klingt fast wie eine Drohung, und die Konkurrenz in der Profiliga NFL stöhnt bei der Vorstellung, dass Brady vielleicht auch beim Super Bowl LVII noch aufläuft. Der findet am 5. Februar 2023 in Glendale/Arizona statt.
Bis dahin kann viel passieren, doch Brady ist entschlossen, dem Alter ein Schnippchen zu schlagen. Nach dem diesjährigen Finale in Atlanta/Georgia gegen die Los Angeles Rams könnte er auf dem Höhepunkt abtreten. Schon wieder. Brady denkt aber gar nicht dran. Zum dritten Mal nacheinander und zum neunten Mal insgesamt steht der Spielmacher im Super Bowl, ihm winkt der sechste Meisterring. Er ist schon jetzt erfolgreicher als Joe Montana und Terry Bradshaw (beide vier Titel) oder Troy Aikman (3), schlicht erfolgreicher als jeder andere.
Ganz anders ist dass bei den Rams, die keinen "alten Recken" als Quarterback haben, sondern mit Jared Goff auf einen Spielmacher setzen, der erst seit 2016 in der NFL spielt. Damals hatte Brady schon vier Meisterringe an den Fingern.
Keinerlei Anzeichen für Abschied
Bei Bradys Triumphen stand stets Bill Belichick an der Seitenlinie. Und auch der Cheftrainer denkt nicht ans Aufhören. Belichick ist 66, das Rentenalter hat der kauzige Stratege damit erreicht. Doch der Erfolgscoach ist vom Spiel mindestens genauso besessen wie Brady - für einen bevorstehenden Abschied von den Patriots und vom Sport gibt es keinerlei Anzeichen.
Belichick trainiert New England seit 2000 und gewann fünfmal den Super Bowl. 2015 und 2017 gehörte auch der Deutsche Sebastian Vollmer zum siegreichen Team der Patriots. Belichik ist mit fünf Siegen im Super Bowl der erfolgreichste Coach der NFL-Geschichte. In Interviews zeigt er sich häufig wortkarg und schlecht gelaunt, soll aber im Umgang mit seinen Spielern anders sein: "Er schreit nicht dauernd rum oder gibt jedem Spieler nur eine einsilbige Antwort", sagte Vollmer im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. Und vor den wichtigen Playoff-Spielen oder dem Super Bowl werde er sogar ein wenig lockerer. "Er ist kein Spaßvogel, aber man spürt schon, dass zwei Wochen lang die Anspannung beim Team sehr hoch ist. Das Adrenalin, die Stresshormone gehen da schon einmal mit einem durch - und da ist es gut, es so locker wie möglich zu halten."
Rams-Coach McVay sorgt für Internet-Hit
Sean McVay, der Coach von Finalgegner Los Angeles Rams, ist gerade einmal halb so alt wie Legende Belichick. Der 33-Jährige ist sogar der jüngste Cheftrainer der jemals einen Super Bowl erreicht hat. Mit 13 Siegen bei nur drei Niederlagen marschierten McVay und die Rams durch die NFL-Saison und erzielten dabei die zweitmeisten Punkte der gesamten Liga. Nur die Kansas City Chiefs waren offensiv noch erfolgreicher. Ebenfalls auf 13 Siege kamen außer den Rams nur die New Orleans Saints.
Eine außergewöhnliche Bilanz - und außergewöhnlich ist auch das Schauspiel, dass McVay an der Seitenlinie aufführt. Zusammen mit seinem Assistenten Ted Rath sorgte der 33-Jährige vor dem Duell mit den New England Patriots auch für einen Internet-Hit. Im Video ist zu sehen, wie Rath den wie in Trance am Spielfeldrand hin und her laufenden McVay immer wieder schiebt, zieht und zerrt, damit dieser nicht blindlings in einen Schiedsrichter rumpelt und so eine Strafe kassiert. "Es ist eine Kunst, wie ein Tanz", beschreibt "Geh-zurück"-Coach Rath seinen Aufpasser-Job. "Vielleicht Tango?"
Doch nicht nur dank seiner "Tanz-Szenen" ist McVay ein Phänomen. Bereits in seiner zweiten NFL-Saison schaffte er es ins Finale in Atlanta und trifft dort auf Trainer-Legende Belichick. "Ich habe jede Menge Respekt für Sean", lobte der Patriots-Coach seinen Kontrahenten. "Ich denke, er hat einen großartigen Job mit den Rams in den vergangenen zwei Jahren gemacht. Seine Teams spielen auf einem extrem hohen Niveau, sind sehr konstant und gut gecoacht."
Größter Erfolg der Klubgeschichte
Und diese Qualitäten haben McVay auf die größtmögliche aller Football-Bühnen gebracht. Beeindruckt betrachtete er schon zum Auftakt der Super-Bowl-Woche die Kulisse des ersten Medientags vom hell erleuchteten Podium in der State Farm Arena von Atlanta. "Surreal", beschrieb McVay seine Eindrücke.
Surreal könnte es für McVay auch werden, wenn er den Titel tatsächlich holt. Brady, Belichick und die Patriots dominieren die NFL seit Jahren. Für die Rams wäre es dagegen erst der zweite Super-Bowl-Titel. Der letzte datiert von 1999, allerdings waren die Rams damals nicht in Los Angeles, sondern vorübergehend in St. Louis beheimatet. Erst seit 2016 spielen sie wieder in Kalifornien. Ein weiterer Titel wäre wohl der größte Erfolg der Klub-Geschichte. Gewinnen die Rams und McVay tatsächlich den Titel, wird der Coach wahrscheinlich wieder tanzen. Dann aber über das ganze Feld und möglicherweise ohne dass ihm Assistent ted Rath an den Hüften hängt.
American Football - ein simples Spiel?
Die Sportart ist eigentlich einfach: zwei Teams, 100 Yards, zwei Endzonen, zwei Tore. Jedoch steckt mehr als nur ein bisschen Passen, Laufen und Kicken dahinter. Hier die wichtigsten Begriffe.
Bild: Getty Images/R. Foldy
Spielidee
Das Spielfeld ist 100 Yards lang. Das angreifende Team hat jeweils vier Versuche, um zehn Yards weiter zu kommen. (First, Second, Third and Fourth Down). Gelingt das, gibt es wieder vier Versuche für die nächsten zehn Yards. Der Ball kann getragen oder gepasst werden. Ziel ist die Endzone an der Kopfseite des Spielfelds. Dahinter stehen die Torstangen, durch die Field Goals erzielt werden können.
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Elf gegen Elf
Jede Mannschaft hat elf Spieler auf dem Feld, die sich an der "Line of Scrimmage" (Gedrängelinie) gegenüberstehen. Eine Mannschaft besteht aus mehreren Teams, dem angreifenden Team (Offense), dem verteidigenden Team (Defense) und Special Teams für besondere Spielsituationen, wie Field Goal oder Kickoff. Im Schnitt bestehen die Profikader der National Football League (NFL) aus 35 bis 40 Spielern.
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Kickoff
Durch Münzwurf wird entschieden, welche Mannschaft zunächst verteidigt - sie führt auch den Kickoff aus. Der Ball wird aus einem kleinen Plastikständer, dem "Tee", weit in die gegnerische Hälfte gekickt. Das angreifende Team fängt ihn und läuft damit so weit wie möglich nach vorne. Dort wo der Kickoff Return gestoppt wird, geht es anschließend mit dem ersten First Down des Spiels weiter.
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Touchdown
Wird der Ball erfolgreich in die gegnerische Endzone getragen oder gepasst, ist das ein Touchdown, der sechs Punkte bringt. Anschließend gibt es die Möglichkeit, weitere Punkte zu erzielen. Entweder durch den Extra-Point-Kick, bei dem der Ball von der 15-Yard-Linie durch die Torstangen gekickt wird (ein weiterer Punkt), oder indem er erneut in die Endzone getragen oder gepasst wird (zwei Punkte).
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Field Goal
Neben dem Touchdown ist das Field Goal die gängigste Variante Punkte zu erzielen. Wenn die Offense im vierten Versuch nah genug am gegnerischen Tor ist, das sich hinter der Endzone befindet, versucht sie ein Field Goal. Der Ball muss dabei über die Quer- und zwischen den Vertikalstangen hinduch geschossen werden. Die Defense darf versuchen zu blocken. Ein Field Goal gibt drei Punkte.
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Punt
Muss das angreifende Team in den vierten Versuch und ist dabei noch nicht auf Field-Goal-Distanz an das gegnerische Tor herangerückt, wird der Ball meist gepuntet. Das bedeutet, er wird aus dem Lauf im hohen Bogen über die Defensive hinweg in die gegnerische Hälfte gekickt. Damit wechselt das Angriffsrecht, allerdings möglichst weit weg von der eigenen Endzone.
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Quarterback
Der Quarterback ist der Regisseur des Spiels. Er sagt die Spielzüge an und verteilt die Bälle an seine Mitspieler. Zum Beispiel an den Running Back, einen Läufer, der versucht, den Ball möglichst weit durch die Verteidungsreihe des Gegners zu tragen - oder mit einem langen Pass auf Spieler, die sich weiter vorne freigelaufen haben. Der Quarterback darf aber auch selbst mit dem Ball laufen.
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Wide Receiver
Die Wide Receiver sind normalerweise die schnellsten Spieler des Teams. Sie sprinten an den Außenseiten nach vorne, laufen sich frei und warten auf einen langen Pass. Haben sie den Ball gefangen, versuchen sie, ihn bis in die Endzone zu tragen. Mit einem erfolgreichen Pass auf den Wide Receiver kann das angreifende Team oft mehr als 20, 30 oder mehr Yards mit nur einem Spielzug überbrücken.
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Tackle
Während die Offense versucht, den Ball möglichst weit nach vorne zu tragen, ist es das Ziel der Defense dies zu unterbinden. Allerdings darf nur der ballführende Spieler getackelt und zu Fall gebracht werden. Auch beim Tacklen gibt es Regeln: Verboten sind zum Beispiel der Griff ins Helmgitter, das Behindern des Passempfängers beim Fangen oder ein Stoß mit dem Helm gegen den Helm des Gegners.
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Sack
Führt die Defense ein erfolgreiches Tackling gegen den Quarterback aus, nennt man das einen Sack. Meist kommt es dazu, wenn die Defensive gut steht, der Quarterback keine passende Anspielstation findet und den Ball daher zu lange hält. Gesackt zu werden, ist für den Quarterback immer peinlich, möglicherweise schmerzhaft und wird von der Defense entsprechend gefeiert.
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Fumble
Lässt ein Spieler den Ball unfreiwillig aus den Fingern gleiten, kann das schlimme Folgen haben. Durch solch ein Fumble wird der Ball frei, das bedeutet die verteidigende Mannschaft kann sich beeilen, ihn aufzunehmen und sich dadurch das Angriffsrecht sichern. Insbesondere gegen Ende von knappen Spielen und in der Nähe der eigenen Endzone können Fumbles daher schmerzhaft sein.
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Interception
Laut wird es auf den Rängen immer dann, wenn es der Defense gelingt, einen Pass abzufangen. Der Verteidiger, der den Ball fängt, wird damit sofort zum Angreifer und kann versuchen, durch die gegnerischen Reihen soweit es geht nach vorne zu sprinten. Für den Quarterback ist eine Interception eine Peinlichkeit. Sie passiert in der Regel aber nicht öfter als maximal ein- bis zweimal pro Partie.
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Coaches
Neben dem Cheftrainer (Head Coach) hat jedes NFL-Team etwa 15 Assistenztrainer. Es gibt eigene Koordinatoren für die Offense und die Defense, einen Trainer für den Quarterback, einen für die Special Teams und weitere für einige andere Positionen. Während des Spiels sind die wichtigsten Trainer per Headset miteinander und mit den Schlüsselspielern auf dem Feld verbunden und geben Kommandos.
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Schiedsrichter
Da American Football ein sehr schnelles Spiel mit hohem Körpereinsatz ist, braucht es eine ganze Crew von Schiedsrichtern, um alles mitzubekommen. Mindestens sind vier, in der Profiliga NFL sogar sieben Unparteiische pro Partie auf dem Feld. Jeder von ihnen überwacht einen anderen Bereich des Spiels. Der Ober-Schiedsrichter heißt Referee, oder wegen seiner weißen Kappe auch "Whitecap".
Bild: picture-alliance/AP Photo/J. Dempsey
Cheerleader
Für gute Stimmung im Publikum sorgen - neben gelungenen Aktionen auf dem Feld - die Cheerleader. Für viele US-amerikanische Mädchen und junge Frauen ist es ein Traum, ein NFL-Cheergirl zu werden. Allerdings sind die Auswahlverfahren und die Arbeitsbedingungen hart - bei geringer Bezahlung.