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Unser Konto und die Klimakrise - was können wir tun?

27. Mai 2025

Ob Renten, Investitionen oder unser Bankkonto: Die Art, wie wir unser Geld anlegen und aufbewahren, nimmt Einfluss auf die weltweiten CO2-Emissionen. Doch wie nachhaltig sind grüne Finanzalternativen und Banken?

Auf einem Tisch umfassen zwei Hände ein rosafarbenes Sparschwein und einen Geldsack, auf dem das Euro-Symbol aufgedruckt ist
Unser Erspartes kann für und gegen das Klima arbeitenBild: Andrii Yalanskyi/Zoonar/picture alliance

Wir versuchen klimaschonend einzukaufen, zu reisen oder uns zu ernähren - aber unsere Finanzen bleiben in Bezug auf ihre Klimawirkung oft ein blinder Fleck.

Eine Analyse der britischen Nachhaltigkeits-Kampagne Make My Money Matter ergab: Der Wechsel zu einem nachhaltigen Rentenanbieter ist in Sachen CO2-Reduktion rund 20 Mal effektiver als der Verzicht auf Flugreisen, die Umstellung auf vegetarische Kost oder der Wechsel des Energieversorgers zusammen.

Die Rolle der Banken bei der Finanzierung der "Fossilen"

Die 60 größten Banken der Welt haben für die Fossilindustrie allein im Jahr 2023 schätzungsweise 705 Milliarden Dollar bereitgestellt. Seit dem Pariser Klimaabkommen im Jahr 2015 beläuft sich die Vergabe von Geldmittel auf insgesamt 6,9 Billionen Dollar. Ein Großteil davon dient der Branche für Investitionen, die den unmissverständlichen Klimawarnungen der Wissenschaft zuwiderlaufen.

"Wir alle haben Geldanlagen, die auf verschiedene Weise dazu beitragen - oft ohne unser Wissen", sagt Adam McGibbon, Kampagnenstratege bei der US-Forschungs- und Interessenvertretungsorganisation Oil Change International. Das könnten etwa Girokonten sein, aber auch Renten oder Versicherungspolicen, über die in die Fossilindustrie investiert werde, erklärt McGibbon.

Wie viel Geld genau aus der privaten Finanzwirtschaft in dieFossilbranche fließt, lässt sich laut Fachleuten aufgrund der komplexen Finanzsysteme nicht exakt quantifizieren.

Einen dieser Gründe erläutert Quentin Aubineau, Policy Analyst bei BankTrack, einer internationalen Nichtregierungsorganisation, die die Finanzaktivitäten von Geschäftsbanken dokumentiert: Banken verliehen ihr Geld oder zeichneten Unternehmensanleihen in der Regel über den Unternehmensbereich und nicht über den Privatkundenbereich - wo das Geld der einzelnen Kunden verwahrt wird.

Laut Adam McGibbon verwenden Banken unser Geld, um ihr Geschäft auszubauen, mehr Einnahmen zu erzielen und Investoren anzuziehen. Unsere Ersparnisse könnten etwa dazu verwendet werden, "die Bilanz einer Bank aufzublähen, was dann ermöglicht, Firmenkunden zu bedienen", die Verbindungen zur Fossilindustrie haben.

Wie unser Geld und die Erderwärmung zusammenhängen

Bei Investitionen wiederum flössen private Gelder über Aktien oder Anleihen direkt in die Fossilbranche, sagt Carmen Nuzzo. Nuzzo ist Geschäftsführerin des Transition Pathway Initiative Centre in Großbritannien, das Fortschritte der Finanz- und Unternehmenswelt auf dem Weg zu einer klimafreundlichen Wirtschaft untersucht.

"Dazu gehören Investitionen in Öl- und Gasunternehmen, die in den letzten Jahren sehr attraktiv und profitabel waren, sowie Investitionen in andere Unternehmen, die bei der Produktion oder der Erbringung von Dienstleistungen stark auf fossile Brennstoffe angewiesen sind, wie etwa die Stahlindustrie oder die Luftfahrt", so Nuzzo.

Viele Menschen finanzieren fossile Brennstoffe auch durch ihre Ersparnisse, die in Pensionsfonds stecken, die in "braune" Unternehmen investieren - also solche Unternehmen, die zu den Branchen mit den höchsten Treibhausgasemissionen gehören. Die Renten werden in der Regel entweder vom Staat, den Arbeitgebern oder privaten Firmen gehalten und kontrolliert.

Der Klimawandel macht Naturkatastrophen wie Dürre und Brände wahrscheinlicher - und damit auch die Zerstörung von Investitionen und VermögenswertenBild: ETIENNE LAURENT/AFP/Getty Images

"Sie zahlen in einen Rententopf ein, das Geld wird in Ihrem Namen angelegt, und ein Teil davon kann dann eben in Unternehmen investiert werden, die dafür sorgen, dass Sie im Ruhestand in einer instabilen, schwierigen Welt leben", kritisiert McGibbon.

Jüngste Studien gehen davon aus, dass ein Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um vier Grad Celsius die Menschen 40 Prozent ärmer macht. Wenn die schlimmsten Klimaprognosen eintreten, könnten die Renditen von US- und kanadischen Pensionsfonds bis zum Jahr 2040 um bis zu 50 Prozent sinken, die Vermögenswerte extremen Klimaereignissen ausgesetzt sind.

Nachhaltig investieren ist schwer

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Pensionsfonds gehören laut Angaben der Desinvestitionskampagne Climate Safe Pensions, die in den USA und Kanada ansässig ist, zu den weltweit größten Investoren in fossile Brennstoffe. Demzufolge haben sie schätzungsweise 46 Billionen Dollar in die Industrie investiert und halten rund ein Drittel der fossilen Aktien. Außerdem gehörten sie zu den führenden Geldgebern für die Expansion der Fossilindustrie in Afrika.

Im Jahr 2023 deckte die deutsche Rechercheplattform Correctiv auf, dass zehn von 16 Pensionsfonds der deutschen Bundesländern in Fossilenergie investieren.

Nachhaltige Alternativen für Geldanlagen

"Grüne Banken haben zwar nicht immer die günstigsten Konditionen, aber unter klimabewussten Menschen gibt es ein wachsendes Interesse an nachhaltigen Finanzalternativen", sagt Katrin Ganswindt, Finanzexpertin bei der deutschen Umweltorganisation Urgewald.

Zu der wachsenden Zahl "grüner", also nachhaltiger Banken gehören solche, die sich verpflichten, keine Kredite mehr für die Fossilindustrie zu vergeben und in klimafreundliche Aktivitäten zu investieren. Auch Online-Tools wie bank.green sind entstanden, die helfen, Nachhaltigkeit und Klimaengagement verschiedener Banken zu vergleichen.

Doch die Überwindung mangelnder Finanzkenntnisse bleibe nach wie vor eine der größten Herausforderungen, meint Nuzzo. "Die meisten Menschen haben keinen Überblick darüber, wo ihre Rentengelder investiert werden - oder sie überprüfen ihre Optionen nicht regelmäßig."

Dabei ließe sich gerade über Renten- und Pensionsfonds eine echte Veränderung herbeizuführen, da sie die langfristige Investitionen anlegten, sagt Ganswindt. Und: "Pensionsfonds haben eine große Wirkung, weil sie große Summen investieren."

Laut Schätzungen von "Make My Money Matter" könnte allein die Rentenbranche des Vereinigten Königreichs bis zum Jahr 2035 rund 1,2 Billionen in erneuerbare Energien und Klimalösungen investieren.

Die grüne Rentenlandschaft entwickelt sich jedoch weiter: In den Niederlanden haben sich Pensionsfonds für Beamte und Lehrer sowie für Beschäftigte im Gesundheitswesen von Unternehmen mit der Fossilindustrie getrennt, und im Vereinigten Königreich müssen große Pensionsfonds jetzt auch über ihre Klimarisiken berichten.

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Welche Geldanlagen sind wirklich nachhaltig?

Doch trotz des wachsenden Bewusstseins und der wachsenden Möglichkeiten für nachhaltige Geldanlagen mangele es dem Bereich immer noch an Standards und Vorschriften, berichtet Franziska Mager, leitende Wissenschaftlerin beim Tax Justice Network, einer britischen Interessengruppe, die sich gegen Steuervermeidung einsetzt.

"Selbst wenn Sie bei einer "grünen" Bank sind, werden Sie vielleicht überrascht sein, wo Ihr Geld investiert ist - wenn Sie es überhaupt herausfinden können. Ganz zu schweigen davon, was die großen Akteure als nachhaltig definieren", sagt Mager.

Erst kürzlich erschien eine von Mager mitverfasste Studie über "Greenwashing" im Bankensektor. Darin heißt es, die Existenz undurchsichtiger Finanzpraktiken – wie der Verweis auf Geheimhaltungspflichten – verschleiere das wahre Ausmaß der Finanzierung fossiler Energieträger.

"Bei börsengehandelten Investmentfonds (ETFs) kann man einfach angeben, sie seien "grün" - aber das muss nicht wirklich etwas bedeuten", sagt auch Ganswindt.

Viele Finanzanbieter werben mittlerweile mit Nachhaltigkeit - doch nicht immer ist da auch etwas dran Bild: Jan Haas/picture alliance

In jüngster Zeit habe es jedoch Fortschritte bei der Transparenz gegeben, fügt sie hinzu und verweist auf neue EU-Richtlinien. Sie regeln, welche Unternehmen in solche Fonds aufgenommen werden dürfen, die als "grün" oder nachhaltig gekennzeichnet sind.

Letztlich machen private Finanzmittel vermutlich nur den kleineren Teil der enormen Summen aus, mit denen fossile Energieträger finanziert werden. Aber darum gehe es bei einem Wechsel zu einem umweltfreundlichen Anbieter auch nicht in erster Linie, erklärt Ganswindt. Es gehe darum, ein Zeichen zu setzen.

"Sicherlich haben wir als Kunden eine gewisse Macht, aber als Bürger haben wir noch viel mehr Macht", meint auch McGibbon. "Es ist großartig, zu einer umweltfreundlicheren Bank zu wechseln, es ist großartig, zu einem umweltfreundlicheren Rentensystem zu wechseln. Aber wir haben als Bürger viel größere Macht, wenn wir unser Wahlverhalten ändern und von der Politik eine Regulierung des Finanzsektors fordern."

Adaption aus dem Englischen: Jeannette Cwienk
 

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