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Politik

Koalitionsstreit um Maaßen schwelt weiter

20. September 2018

Die Ablösung von Hans-Georg Maaßen als Verfassungsschutzchef soll die Koalition retten. Deren Scheitern stand laut CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer konkret im Raum. Und die Gefahr besteht weiter.

Hans-Georg Maaßen
Bild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Denn in der SPD gibt es erheblichen Unmut, dass Maaßen nach seiner Entmachtung als Präsident des Bundesverfassungsschutzes (BfV) von Innenminister Horst Seehofer zum Staatssekretär befördert wird. Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Natascha Kohnen forderte "alle SPD-Mitglieder im Kabinett auf, gegen Maaßens Ernennung zu stimmen." Juso-Chef Kevin Kühnert verlangte von der SPD-Spitze, sich nicht weiter von Seehofer an der Nase herumführen zu lassen. "Seehofer zeigt der Kanzlerin, den Koalitionspartnern und letztendlich der gesamten Öffentlichkeit den Mittelfinger", sagte Kühnert.

Nahles kritisiert Beförderung Maaßens 

Auch SPD-Vorsitzende Andrea Nahles, die den Maaßen-Deal mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Seehofer ausgehandelt hatte, kritisierte die Beförderung des 55-Jährigen. "Ich finde das schwer erträglich. Und ich halte das auch für falsch", sagte Nahles im "heute journal" des ZDF. Maaßen sei "für dieses Amt ungeeignet". Er habe "das Vertrauen verspielt". Sie verstehe, dass die Leute verärgert sind.

Seehofer habe erklärt, er brauche Maaßen. Es sei die Regel, dass sich ein Ressortchef einen beamteten Staatssekretär selbst aussuchen könne. "Das ist natürlich die souveräne Entscheidung von Herrn Seehofer. Und wenn das nicht passt, dann hätte auch Frau Merkel an dieser Stelle ein Veto einlegen können, hat sie auch nicht gemacht", so Nahles weiter.

Parteiintern unter Druck: Die SPD-Vorsitzende Andrea NahlesBild: picture-alliance/dpa/ P. Zinken

Zugleich bekräftigte die SPD-Vorsitzende, dass sie wegen der Personalentscheidung des Innenministers keinen Bruch der Regierung und Neuwahlen habe in Kauf nehmen wollen: "In der Abwägung ist es der Herr Maaßen nicht wert, dass wir nicht mehr handlungsfähig sind und Neuwahlen ausrufen müssen."

Nahles warf Seehofer vor, die Regierung zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate in eine veritable Krise gestürzt zu haben. Er habe eine Personalie zu einer Koalitionsfrage gemacht. Dem CSU-Chef gehe es nur um parteitaktische Manöver und persönliche Fehden und nicht um gutes Regieren. Das zeige auch seine Entscheidung, für Maaßen den bisher für den Bereich Wohnen und Bauen zuständigen Staatssekretär Gunther Adler abzulösen, einen SPD-Mann und ausgewiesenen Experten.

Merkel verteidigt Entscheidung

Auch diese Personalie wird in der SPD scharf kritisiert. Nahles räumte sein, dass sie über die Ablösung Adlers informiert war. Sie habe aber die Zusage der Kanzlerin und von Seehofer, dass Adler eine gute neue Verwendung finde. Merkel hatte schon zuvor am Rande des informellen EU-Gipfels in Salzburg erklärt, alle Seiten hätten sich darauf verständigt, dass Adler schnell eine "angemessene Position" bekommen solle.

Zugleich verteidigte Merkel die Ablösung Maaßens als Behördenchef. Es sei notwendig, "dass alle die Koalition tragenden Parteien auch Vertrauen haben in die Arbeit des Präsidenten des Verfassungsschutzes. Dieses Vertrauen ist in Teilen der Koalition nicht gegeben gewesen." Deshalb hätten die drei Vorsitzenden der Koalitionsparteien entschieden, dass Maaßen in Zukunft für diese Aufgabe nicht mehr zuständig sei, "weder als Präsident des Bundesamtes noch im Bundesinnenministerium. Ich glaube, das war eine richtige und wichtige Entscheidung".

Kramp-Karrenbauer: Koalitionsbruch stand konkret im Raum

Laut Angaben von CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer hätten die Positionen der SPD und der CSU im Maaßen-Streit die große Koalition fast zum Scheitern gebracht. In einem Brief an die CDU-Mitglieder verteidigte die CDU-Politikerin die Entscheidung Maaßen von seinem Posten abzuberufen und ins Bundesinnenministerium zu versetzen. "Die SPD pochte auf die Entlassung von Herrn Maaßen. Der Bundesinnenminister bestand darauf, die Expertise von Herrn Maaßen weiter zu nutzen. Damit stand die Gefahr eines Auseinanderbrechens der Regierung konkret im Raum – mit allen dahinterstehenden Konsequenzen bis hin zu Neuwahlen", schrieb Kramp-Karrenbauer. "Dies erschien aus Verantwortung für unser Land nicht vertretbar."

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer und Parteichefin Angela Merkel (r.)Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Die CDU habe aber eine verantwortungsvolle Entscheidung getroffen, betonte Kramp-Karrenbauer gegenüber den Parteimitgliedern. Denn man habe erstens eine reibungslose Weiterarbeit der Sicherheitsbehörden gewährleisten müssen. Zum anderen müsse die Regierungsarbeit fortgesetzt werden - "nicht als Selbstzweck, sondern um die anstehenden drängenden Anliegen der Bürgerinnen und Bürger umzusetzen." Kramp-Karrenbauer verwies auf eine Reihe von Reformen, die die Regierung wie etwa das Baukindergeld oder die Verbesserung der Kita-Betreuung umsetze.

Nachfolge von Maaßen weiter offen

Die Spitzen der schwarz-roten Koalition hatten am Dienstag beschlossen, dass Maaßen seinen Posten als Verfassungsschutzchef räumen muss. Dafür soll er Staatssekretär im Innenministerium werden und dort zuständig für Bundespolizei, Cybersicherheit und öffentliche Sicherheit sein. Dem muss das Bundeskabinett noch zustimmen. Maaßens Besoldung steigt mit dem Wechsel von 11.577 auf 14.157 Euro im Monat.

Seehofers Mann: Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen (l.)Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Auslöser für die Ablösung Maaßens als Verfassungsschutzpräsident waren dessen umstrittene Äußerungen zu den ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz. In einem Interview hatte der 55-Jährige unter anderem in Frage gestellt, dass es in der sächsischen Stadt zu Hetzjagden auf mutmaßliche Ausländer gekommen ist und sich damit Position gegen Kanzlerin Merkel bezogen.

Wer Nachfolger von  Maaßen im Bundesamt für Verfassungsschutz werden soll, ist lauf Seehofer vorerst offen. Bis diese geklärt sei, solle Maaßen im Amt bleiben. Dies sei wegen der Sicherheitslage in der Bundesrepublik Deutschland unverzichtbar, sagte Seehofer.

ww/nob (dpa, afp, rtr)

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