Nur selten fallen wichtige religiöse Feste von Juden, Christen und Muslimen so deutlich zusammen wie an diesem Wochenende. Warum?
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Die drei großen monotheistischen Weltreligionen feiern. Nicht gemeinsam, aber zum gleichen Termin. An diesem Freitag gedenken die Christen der Kreuzigung Jesu, in der Nacht zum Sonntag mit dem Osterfest seiner Auferstehung. Die Juden begehen am Mittwoch den Vorabend des Pessachfestes, das an den Auszug der Israeliten aus Ägypten und damit an das Ende der Sklaverei erinnert. Die Muslime haben einen weiteren Freitag, ihren wöchentlichen Feiertag, innerhalb des Fastenmonats Ramadan, der am 23. März begann und am 21. April endet und in seinem Verlauf intensiver wird. Dieses Zusammentreffen ist ungewöhnlich, vor allem was die Nähe des islamischen Ramadan zur christlichen Fastenzeit beziehungsweise zum Pessach- und Oster-Termin betrifft.
Denn anders als der vom Lauf der Sonne bestimmte christliche Kalender, der die westliche Welt prägt, ist der islamische Kalender konsequent am Mond und am Mondjahr ausgerichtet. Zwölf Monate dauern im Sonnen-Jahr gut 365 Tage, im Mondjahr dagegen nur 354 Tage. So "wandern" das Jahr und der Festkreis des Islam im Laufe von gut drei Jahrzehnten durch das westliche Kalenderjahr.
"Geschwister in der Menschlichkeit"
Der kürzere Jahreslauf biete Muslimen "die Chance, sowohl den Ramadan als auch andere Feste in verschiedenen Jahreszeiten und verschiedenen klimatischen Bedingungen zu erleben", erklärt der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, Abdassamad El Yazidi, im DW-Gespräch. Und zugleich sorge es dafür, dass die Feste der Muslime im Laufe der Zeit mit unterschiedlichen Festen von Christen und Juden zusammenträfen. "Das sollte uns jeweils erinnern, dass wir alle Geschwister sind in der Menschlichkeit und wir gemeinschaftlich für das Gute einstehen müssen."
Von Jom Kippur bis Rosch Ha-Schana: Jüdische Feiertage
Am 25. September 2023 feiern Juden auf der ganzen Welt "Jom Kippur". Es ist der höchste jüdische Feiertag. Wie die Juden diesen und andere heilige Tage begehen, verrät unsere Bildergalerie.
Bild: David Silverman/Getty Images
Jom Kippur: der Versöhnungstag
Zehn Tage lang bereuen die Juden ihre Missetaten. Bei der Kaparot-Zeremonie sollen ihre Sünden in ein Huhn fahren (Foto). Am zehnten Tag wird der wichtigste Feiertag, Jom Kippur, als strenger Fastentag begangen. Nicht nur essen und trinken, auch Körperpflege ist untersagt. An diesem Tag fällt Adonai - jüdisch für Gott - sein Urteil über die Menschen. Gläubige beten den ganzen Tag in der Synagoge.
Bild: Menahem Kahana/AFP/Getty Images
Rosch Ha-Schana: das jüdische Neujahrsfest
Bei dem zweitägigen Fest im September sollen sich die Menschen vom Bösen abwenden und Gutes tun, denn an Rosch Ha-Schana (Anfang des Jahres) müssen sie Gott Rechenschaft ablegen. Der Klang des Schofars, eine Posaune aus Widderhorn, mahnt die Gläubigen zur inneren Einkehr - wie vor 2000 Jahren. Im Judentum darf Gottes Name nicht benutzt werden, man spricht ehrfürchtig vom Allmächtigen oder "G'tt".
Bild: Abir Sultan/epa/dpa/picture alliance
Pessach: Fest der ungesäuerten Brote
An Pessach wird des Auszugs der Juden aus Ägypten gedacht. Orthodoxe Gläubige pilgern dann zur Klagemauer in Jerusalem. Beim achttägigen Pessach-Fest wird nichts Gesäuertes gegessen, die Vorfahren hatten auf der Flucht nur ungesäuertes Brot dabei. Die Familie trifft sich zum Festmahl, ein Brauch auch unter säkularen Juden. Orthodoxe reinigen alle Küchengeräte, damit das Essen koscher bleibt.
Bild: Uriel Sinai/Getty Images
Schawuot: Fest der Erstlinge
Laut Überlieferung verkündete Gott dem jüdischen Volk am Berg Sinai die zehn Gebote, und daher gilt Schawuot als Tag der "Tora-Gebung". Außerdem ist er das "Fest der Erstlinge", an dem in Israel das erste Getreide reif ist und auch einige Früchte geerntet werden können. In biblischen Zeiten wurden an diesem Tag im Jerusalemer Tempel zwei Weizenbrote aus dem Mehl der neuen Ernte geopfert.
Die Wochen zwischen Pessach und Schawuot gelten als Trauerzeit. Dann dürfen sich Juden weder die Haare schneiden noch Hochzeiten feiern. Doch am 33. Tag wird die Trauerzeit unterbrochen und das Freudenfest Lag BaOmer gefeiert. Zur Erinnerung an Schim’on Bar Jochai, der zur Zeit der Römer heimlich in einer Höhle versteckt die Tora studierte. Noch heute werden ihm zu Ehren im Mai Feuer entzündet.
Bild: Lior Mizrahi/Getty Images
Sukkot: das Laubhüttenfest
Vor 3000 Jahren führten die Israeliten unter dem ägyptischen Pharao ein Leben in Sklaverei. Moses erhielt von Gott den Auftrag, sie ins gelobte Land Kanaan zu führen. 40 Jahre soll die Wanderung durch die Wüste gedauert haben. Unterwegs lebten sie sie in "Sukkot" (Hütten). Daran erinnert das Laubhüttenfest, das jüdische Erntedankfest. Gläubige ziehen im Herbst nach Obsternte und Weinlese dort ein.
Bild: Annette Riedl/dpa/picture alliance
Simchat Tora: Feier zu Ehren der Tora
Das Sukkot endet mit dem "Schemini Azeret" und dem "Simchat Tora"-Fest: Das erste markiert den Winterbeginn, das zweite ist das Freudenfest der Tora, der jüdischen Bibel. Alle Torarollen der Synagoge werden aus dem Schrein gehoben und in einem fröhlichen Umzug siebenmal durch das Gebetshaus getragen. Dazu tanzt der Rabbi. Anschließend wird ein Segensspruch auf die Tora gesprochen.
Bild: Hanan Isachar/picture alliance
Chanukkah: das Lichterfest
Zwei Jahrhunderte lang duften die Juden unter der Herrschaft der Griechen ihre Religion nicht ausüben, doch im Jahr 164 v. Chr. eroberten sie Jerusalem zurück. Im Tempel fand sich ein Ölkrug, um den Leuchter zu entzünden. Aber das Öl reichte nur für eine Nacht. Am Ende brannte es acht Tage lang: ein Wunder. Deshalb wird an Chanukka acht Tage täglich mit einem Dankesspruch eine Kerze entzündet.
Bild: Ronen Zvulun/REUTERS
Tu Bischwat: das Neujahrsfest der Bäume
Der Feiertag im Januar markiert das Ende der Regenzeit, bis dahin sollen die Pflanzen in Ruhe wachsen dürfen. Traditionsgemäß werden an Tu Bischwat die Früchte gemeinsam verspeist, die Israel zu bieten hat: Weintrauben, Nüsse, Feigen, Datteln, Oliven, Granatäpfel und Getreide. Mittlerweile ist es in Israel auch ein Tag des Umweltschutzes, an dem die Menschen im ganzen Land Setzlinge pflanzen.
Bild: Photoshot/picture-alliance
Purim: Freudenfest und jüdischer Karneval
Einst wollte der persische Minister Haman alle Juden ausrotten, steht in der Tora. Doch Ester, die jüdische Frau des Königs, rettete ihr Volk. Wenn der Rabbi ihre Geschichte vorliest, wird bei der Erwähnung des Judenhassers Haman mit Rasseln Krach gemacht. Außerdem ermuntert der Talmud dazu, sich beim Festmahl danach aus Freude zu betrinken. Auf den Straßen feiern die Menschen bunt verkleidet.
Bild: Omer Messinger/ZUMAPRESS/picture alliance
Sabbat: der wöchentliche Ruhetag
Der Sabbat dauert vom Sonnenuntergang am Freitag bis Samstagabend. Arbeit ist verboten, gläubige Juden besuchen an diesem Tag die Synagoge. Am Sabbat darf kein Feuer entzündet werden, das gilt auch für elektrisches Licht oder den Herd. Die Kerze für das Festmahl im Kreis der Familie wird daher schon am Werktag entzündet. Zur Trennung von Feiertag und Werktag wird ein Segen gesprochen.
Bild: P Deliss/Godong/picture-alliance
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Das jüdische Pessachfest und der Ostertermin der westlichen Kirchen liegen dagegen stets recht nah beieinander im frühen Frühjahr. Aber auf den gleichen Termin fallen sie auch nicht oft. 2023 beginnt Pessach am 6. April, dem christlichen Gründonnerstag. Die "heiligen Tage" der Christen dauern vom Gründonnerstag-Abend am bis zum Sonntagmorgen, von der Erinnerung an das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern bis zur Feier der Auferstehung. Der Unterschied ist darin begründet, dass der christliche Kalender seit dem Jahr 325 das Osterfest auf Sonntag terminiert, auf den ersten Sonntag nach dem Frühlingsvollmond. Im jüdischen Kalender kann das Pessachfest dagegen an jedem Wochentag beginnen.
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Jerusalem feiert
An keinem Ort der Welt kommen die Feiern der monotheistischen Religionen einander so nahe wie in Jerusalem. Dort spüre man in einer derzeit "intensiven Zeit", wie alle drei Religionen auf diese Tage "hinfiebern", sagt der deutsche Benediktiner Nikodemus Schnabel, der seit vielen Jahren am Rande der Jerusalemer Altstadt lebt, der DW. "Die Stadt vibriert förmlich von den verschiedenen Pilgerinnen und Pilgern, als gäbe es nach Corona einen Nachholbedarf, wieder draußen zu feiern und zu den Festen zusammenzukommen."
Letztlich, so der Benediktiner, verbinde die gemeinsame Erfahrung eines Wallfahrtsfestes die Religionen. Mehrere Tage hintereinander ziehen christliche Beter durch die Altstadt. Am Freitagfrüh zieht es Muslime zum Gebet in die Moschee auf dem Tempelberg. Und viele Juden ziehe es in diesen Tagen an die Westmauer des zerstörten Tempels, die so genannte Klagemauer, zum Gebet. Angesichts der politischen Spannungen im Land sind solche Tage auch jeweils eine Herausforderung für alle Sicherheitskräfte in der Stadt.
Frühjahrsputz an der Klagemauer
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Ostern in der Orthodoxie
Nach diesem Wochenende sind die Osterfeiern allerdings längst noch nicht vorbei, auch nicht in Jerusalem. Denn für die Orthodoxie und einige mit der katholischen Kirche verbundenen Kirchen des Ostens steht das Gedenken an Tod und Auferstehung Jesu erst am Wochenende nach Ostern an. Grund dafür ist, dass die Ostchristen eine im Jahr 1582 unter Papst Gregor XIII. erfolgte Präzisierung durch eine Kalenderreform, die Hinwendung zum sogenannten Gregorianischen Kalender, nicht mitmachten und sie dadurch den Frühlingsanfang in den meisten Jahren anders terminieren.
So feiern Griechen, Russen und weitere Ost-Christen Ostern in diesem Jahr eine Woche nach den Westchristen.
Hinweis: Auch im vergangenen Jahr lagen Ostern, Ramadan und das Pessachfest nahe beieinander. Dieser Artikel von 2022 wurde nun aktualisiert.