"Augenmerk auf Qualität"
22. Mai 2014 DW: Herr Materna, das Jazzfest Bonn geht in diesem Jahr in die fünfte Runde. Wie schwer war es, neben den Festivals in Leverkusen und Moers 2010 ein weiteres Festival in Nordrhein-Westfalen ins Leben zu rufen?
Peter Materna: Ich hatte das Gefühl, dass Bonn danach lechzt und mich damals weder an Moers noch an Leverkusen orientiert. Ich selbst habe immer vermisst, dass es hier in Bonn kein Jazzfestival gibt. Ich hatte damals einige Gespräche geführt - unter anderem mit dem damaligen Kulturdezernenten der Stadt Bonn. Daraus hat sich ergeben, dass ich ein Konzept entwickeln sollte, das schließlich sieben bis acht Jahre später zum Jazzfest führte.
Wie wichtig sind dabei Förderer und Medienpartner wie die DW?
Äußerst wichtig! Die Förderer tragen das Festival zu ungefähr 70 Prozent, der restliche Etat erwirtschaftet sich aus den Eintrittsgeldern. Wir haben das Glück, dass wir über 20 Förderer und Partner haben. Die DW, beispielsweise, ermöglicht uns, sogar international wahrgenommen zu werden. Mir ist sehr wichtig, dass ein Format, das in der Region schon sehr erfolgreich ist, auch nach außen strahlen kann.
Die Mischung macht's
Das Bundesjazorchester (BuJazzO) und Till Brönner, die deutschen Jazzlegenden Rolf und Joachim Kühn, der Gitarist Andreas Dombert und Weltstar Eliane Elias - das Jazzfest Bonn hat von Beginn an neben deutschen Jazz-Größen auch internationale Stars in die Bundesstadt geholt. In diesem Jahr konnten Sie für das Eröffnungskonzert am 22. Mai Dianne Reeves gewinnen.Was steckt hinter dieser Mischung?
Ich möchte die etablierten, bekannten Stars mit den unbekannteren, kontrastierenden Künstlern an einem Abend durch Doppelkonzerte zusammenführen. Die Idee ist, den Zuhörern etwas Neues, Überaschendes mit auf den Weg zu geben. Sie sollen merken, wie groß die Spannbreite innerhalb des Jazz sein kann - qualitativ ungefähr auf gleicher Höhe aber von Künstlern gemacht, die nicht gleichermaßen bekannt sind. Ich freue mich sehr darüber, wenn ich höre, dass die unbekannten Künstler das Publikum mindestens genau so begeistern und beeindrucken wie die Stars. Dass wir in diesem Jahr sogar drei internationale Superstars zu Gast haben, ist vielleicht auch auf die kontinuierliche Arbeit mit dem Augenmerk auf Qualität zurückzuführen: Wir haben uns immer darum bemüht, qualitativ herausragende Künstler auszusuchen und sie auch zu bekommen.
Und das trägt dann auch dazu bei, dass die Superstars uns wahrnehmen und gerne zu uns kommen. Dianne Reeves, Wayne Shorter oder Nils Petter Molvær sind normalerweise ja nur auf den wirklich großen internationalen Festivals zu sehen. Und jetzt haben wir die auch bei uns!
Das Jazzfest Bonn 2014
Lassen Sie uns einen Blick auf das aktuelle Programm 2014 werfen..
Nun, beim fünften Jazzfest sind einige Künstler dabei, die ich schon längere Zeit im Auge hatte: Die Pianisten Julia Hülsmann und Florian Weber, der Saxophonist Roger Hanschel, dann Rolf und Joachim Kühn. Ich wollte so viele tolle deutsche Jazzer wie möglich dabei haben - deswegen ist das Jazzfest Bonn in diesem Jahr auch drei Tage länger als 2013. Wir haben 21 Gruppen zu Gast und öffnen uns auch den verwandten Genres wie der Klassik mit dem Andromeda Mega Express Orchestra und der elektronischen Musik mit der Matthew Herbert Big Band.
Die stilistische Vielfalt ist enorm...
Die Spanne ist gerade an diesem Abend wirklich sehr groß. Auf der einen Seite haben wir den Star der Elektronischen Musik Matthew Herbert, der allerdings seine Big Band mitbringt und so die Brücke zum Jazz schlägt. Auf der anderen Seite spielt Wayne Shorter, der mit seinen über 80 Jahren jetzt auf dem Höhepunkt seiner Popularität steht, mit seinem Quartett. Er ist eine lebende Legende und füllt riesige Hallen. Er ist vielleicht der bedeutendste noch lebende Jazzsaxophonist, der immer noch sehr innovativ arbeitet und für viele Musiker ein Vorbild ist.
Können Jazzfans, bei denen Sie jetzt Interesse geweckt haben, noch Karten kaufen?
Ich meine, das Konzert von Wayne Shorter ist fast ausverkauft. Aber es gibt noch Karten für Nils Petter Molvær und für Trio Elf und Le Bang Bang am 31. Mai im Telekom Forum.
Das Gespräch führte Conny Paul
Der Jazzsaxophonist Peter Materna ist der Initiator des Jazzfest Bonn. Seit 2010 ist er dessen Künstlerischer Leiter und Geschäftsführer. 1998 begann Materna mit dem Kompositionsauftrag der Internationalen Beethoven-Stiftung eine Brücke zwischen Klassik und Jazz zu schlagen. Mit seinem Trio prägte er damals maßgeblich den Begriff des "kammermusikalischen Jazz". 2006 erschien seine Trio-CD "3" (CMR/ timelock), 2010 die Trio-CD "The Dancer" (Enja). Sein aktuelles Album "Colours of Spring" ist wieder eine Trio-Arbeit mit Florian Weber und Henning Sieverts (Enja).