Petition zur Verfassungsänderung eingereicht
15. August 2014Aung San Suu Kyis Partei, die Nationale Liga für Demokratie (NLD), hat dem Parlament eine Petition mit fünf Millionen Unterschriften vorgelegt. In den vergangenen Wochen hatte die NLD gemeinsame mit der Oppositionsgruppe "Generation 88" eine landesweite Unterschriftenkampagne organisiert, Ziel ist eine Änderung der Verfassung.
Konkret geht es um den umstrittenen Artikel 436. Er garantiert dem Militär ein Viertel aller Sitze im Parlament und damit eine Sperrminorität, denn Verfassungsänderungen benötigen die Zustimmung von mehr als drei Vierteln aller Abgeordneten. "Ohne dieses Veto aufzuheben, kann keine Änderung erfolgen, die das Militär nicht will", sagte Ko Ko Gyi von der "Generation 88".
Projekt Verfassungsänderung von mehreren Seiten verfolgt
Die umstrittene Verfassung wird zurzeit auch von der "Gemeinsamen Kommission zur Verfassungsänderung" überprüft. Sie war von der Regierung eingesetzt worden und soll Änderungsvorschläge mit dem Ziel der Demokratisierung des Landes formulieren, die dann vom Parlament abgesegnet werden müssen. Parlamentssprecher und ehemaliger Militär Shwe Mann, der der regierenden Solidaritäts- und Entwicklungspartei (USDP) angehört, erklärte, "dass die Unterschriftenkampagne die Arbeit der Kommission nicht direkt beeinflusse."
Aber zugleich betreffe sie natürlich die Arbeit des Parlaments, dessen Motto laute: "Die Stimme des Volkes ist die Stimme des Parlaments, die Wünsche des Volkes sind die Wünsche des Parlaments, und das Parlament muss die Erwartungen des Volkes erfüllen", erklärte Shwe Mann vor der Presse.
Es geht um die Kandidatur von Suu Kyi
Die Petition und die Diskussion über die Verfassung müssen im Vorfeld der Ende 2015 anstehenden Präsidentschaftswahlen gesehen werden. Für viele Beobachter ist die Wahl die eigentliche Nagelprobe für den Demokratisierungsprozess Myanmars.
Nur wenn Artikel 436 gekippt wird, würde damit auch der Weg frei, um Artikel 59 zu revidieren. Dieser Artikel verbietet eine Kandidatur für das Präsidentenamt, wenn Ehepartner oder die Kinder nicht die Staatsangehörigkeit Myanmars haben. Ein Artikel aus der Zeit des Unabhängigkeitskampfes, der nach Ansicht vieler Kritiker extra für Aung San Suu Kyi wieder eingesetzt wurde, die mit einem Briten verheiratet war und deren beiden Söhne keine Staatsbürger Myanmars sind. Die Frage lautet also: Wird die bekannteste Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi als Spitzenkandidatin der NLD um das Amt des Präsidenten kämpfen können oder nicht?
Auswirkungen der Petition unklar
Die Washingtoner Südostasien-Expertin Lynn Kuok glaubt nicht, dass die Petition einen konkreten politischen Effekt haben wird. "Die Petition erhöht zwar den Druck auf das Parlament, den Einfluss des Militärs zu reduzieren, aber es ist unwahrscheinlich, dass Artikel 436 vor den Präsidentschaftswahlen von 2015 geändert wird." Eine Schlüsselfigur sei dabei der Parlamentssprecher Shwe Mann. Der Ex-Militär habe seinerseits Interesse am höchsten Amt im Staat angemeldet und so sei fraglich, ob er sein politisches Gewicht für eine Verfassungsänderung einsetzen werde. Eine gute Wirkung habe die Petition dennoch, sagt Kuok gegenüber der Deutschen Welle: "Immerhin kann sie dazu beitragen, dass die Bürger des Landes vermehrt politische Forderungen stellen."
US-Außenminister John Kerry, der Myanmar im Rahmen des ASEAN Regional-Forums kürzlich besuchte, lobte zwar die seit der Öffnung von 2010 erzielten Fortschritte Myanmars, sprach aber zugleich von den gewaltigen Herausforderungen, die noch vor dem Land lägen. "Die Wahlen im nächsten Jahr werden der ganzen Welt zeigen, in welche Richtung sich das Land entwickelt." Dazu müsste eine Änderung der Verfassung in die Wege geleitet werden, damit die Wahlen frei und fair sein können. Was konkret geändert werden müsse, ließ Kerry offen. Angehörige der US-Regierung hatten im Umfeld der Pressekonferenz angemahnt, dass es im Vorfeld der Wahlen eine auffällige Verlangsamung bei den Reformen gebe.
Die Petition ist eingereicht, aber ob und wann das Parlament darüber debattieren wird, ist noch offen. "Wir gehen aber davon aus, dass sie sich damit befassen", sagte Ko Ko Gyi von der "Generation 88". Immerhin hätten mehr als acht Prozent der Bevölkerung die Petition unterzeichnet.