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Petraeus unter Beschuss

Spencer Kimball /db 14. November 2012

Die Affäre um die außereheliche Beziehung des zurückgetretenen CIA-Chefs David Petraeus zu seiner Biografin weitet sich aus. Inzwischen ist auch ein ranghoher Offizier ins Visier der Ermittler gerückt.

General David Petraeus und Paula Broadwell (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Nur wenige Tage nach dem Rücktritt von David Petraeus als Direktor der Central Intelligence Agency (CIA) ist die Berufung des Oberkommandierenden der Nato-Truppen in Afghanistan, John Allen, zum US-Kommandeur in Europa ausgesetzt worden. Als Grund dafür nannte US-Verteidigungsminister Leon Panetta "unangebrachte" E-Mails von Allen an Jill Kelley, einer Frau im Zentrum des Petraeus-Skandals.

Nach Angaben eines Pentagonbeamten hat die Bundespolizei FBI mehr als 20.000 Seiten Korrespondenz zwischen Allen und Kelley sichergestellt. Kelley, eine Freundin der Familie Petraeus, hatte nach dem Erhalt von Drohmails FBI-Ermittlungen ins Rollen gebracht, in deren Verlauf die außereheliche Beziehung von Petraeus mit seiner Biografin Paula Broadwell (beide im Artikelbild) ans Licht kam.

General John Allen: umfangreicher E-Mail-Verkehr mit Jill KelleyBild: Reuters

Petraeus trat daraufhin am vergangen Freitag (09.11.2012) als CIA-Chef zurück. Im Weißen Haus fürchtet man nun, dass Petraeus nicht nur das Bett mit seiner Geliebten geteilt hat. Denn neben E-Mails mit eindeutig sexuellem Inhalt entdeckten die Ermittler auf dem Computer von Broadwell auch vertrauliche Dokumente.

Gerüchte um Anschlag in Libyen

Broadwell und auch Petraeus bestritten zwar, Staatsgeheimnisse weitergegeben zu haben. Doch eine Rede von Broadwell im Oktober an der Universität von Denver gibt Anlass zu Spekulationen, ob Broadwell nicht doch irgendwie durch Petraeus an geheime Informationen gekommen sein könnte. In der Rede hatte Broadwell behauptet, bei dem Anschlag auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi am 11. September sollten mehrere auf dem Gelände festgehaltene Milizionäre befreit werden. Petraeus habe von den Gefangenen gewusst.

Die CIA widersprach diesen Aussagen umgehend: Seit einer Verfügung von Präsident Barack Obama aus Jahre 2009 sei es dem Nachrichtendienst untersagt, Gefangene festzuhalten. Die Aufdeckung des Skandal kommt just zu dem Zeitpunkt da überprüft wird, wie die CIA, das Verteidigungsministerium und das Weiße Haus auf den Anschlag auf das Konsulat in Bengasi reagiert haben. Petraeus soll dazu an diesem Donnerstag (15.11.2012) vom Geheimdienstausschuss des Senats befragt werden.

Umfangreiche Recherche: Broadwell veröffentlichte viele Details über PetraeusBild: Penguin Press HC

Spekulationen, Petraeus habe eigentlich wegen des Anschlags in Libyen zurücktreten müssen, erteilte Anthony Cordesman vom Zentrum für Internationale und Strategische Studien (CSIS) in Washington eine klare Absage. Es sei der Versuch, eine politische Farce mit einem bedauerlichen Skandal in Verbindung zu bringen, so Cordesman: "Es gibt keine Verbindung." Die Vorwürfe, die CIA sei zurückgehalten worden und habe nicht reagiert, seien entkräftet worden. "Die Chronologie der Ereignisse zeigt deutlich, dass die Agency so früh wie möglich tätig wurde", sagte Cordesman der Deutschen Welle.

Petraeus - Militätstratege und politischer Meinungsmacher

Spekuliert wird auch darüber, warum Petraeus, der sich als Oberbefehlshaber der Truppen im Irak einen Namen machte, überhaupt das Militär verließ, um Chef der amerikanischen Geheimdienstbehörde zu werden. In den Augen vieler Amerikaner gilt der ehemalige Vier-Sterne-General als der Mann, der den US-Einsatz im Irak und das Land selbst vor einer Katastrophe rettete.

Der US-Autor und Journalist Michael Hastings sieht in Petraeus dagegen nicht so sehr den meisterlichen Militärstrategen, sondern vielmehr einen politisch gewieften Meinungsmacher. Petraeus habe genau gewusst, wie er die Wahrnehmung der Bevölkerung auf die US-Kriege im Nahen Osten und Zentralasien beeinflussen kann. "Während seiner letzten Tour im Irak ist ihm der wohl beeindruckendste Betrug der jüngeren amerikanischen Geschichte gelungen", schreibt Hastings im Nachrichtenportal BuzzFeed. "Er hat das gesamte Washingtoner Establishment davon überzeugt, dass wir den Krieg gewonnen haben."

Nicht zuletzt deshalb betraute die Regierung Obama 2010 Petraeus damit, die Mission in Afghanistan vor einem Debakel zu retten. "In Afghanistan war er jedoch nicht so erfolgreich wie im Irak", erklärte Stephen Biddle, Experte für US-Militärstrategie an der Georg Washington Universität, gegenüber der Deutschen Welle. Biddle meint, der General habe danach eigentlich Ambitionen auf den Vorsitz im Vereinigten Militärstab gehabt. Das Angebot des CIA-Chefpostens habe nicht nur seinen Fähigkeiten entsprochen, es sei wahrscheinlich auch seinen politischen Ambitionen entgegengekommen, so der Militärexperte. Doch nach seinem Aufstieg ins Zentrum der Macht geriet Petraeus privat auf Abwege.

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