Rousseffs Erzfeind Cunha festgenommen
19. Oktober 2016Einer der schillerndsten Politiker Brasiliens, der frühere Parlamentspräsident Eduardo Cunha, ist wegen des Verdachts auf Geldwäsche und Korruption festgenommen worden. Ihm wird vorgeworfen, mehrere Millionen Dollar Schmiergeld im Zusammenhang mit Auftragsvergaben des halbstaatlichen Ölkonzerns Petrobras kassiert und einen Teil auf Schweizer Konten deponiert zu haben.
Cunha war der wesentliche Strippenzieher hinter dem Amtsenthebungsverfahren gegen die Ende August abgesetzte linksgerichtete Präsidentin Dilma Rousseff. Zwei Wochen später wurde auch Cunha selbst das Mandat entzogen.
Jetzt wurde er in der Hauptstadt Brasilia festgenommen und soll auf zunächst unbestimmte Zeit in Untersuchungshaft kommen. Die Verhaftung sei vom zuständigen Richter Sérgio Moro angeordnet worden, weil bei Cunha die Gefahr einer "Störung der öffentlichen Ordnung" sowie Fluchtgefahr bestehe, teilte das Justizministerium des zuständigen Bundesstaates Parana mit. Richter Sérgio Moro ist für drastische Haftstrafen gefürchtet.
Er führt die landesweiten Ermittlungen im "Lava Jato" genannten Korruptionsskandal. Dabei stehen Dutzende Politiker zahlreicher Parteien und Manager im Zusammenhang mit Schmiergeldzahlungen unter Verdacht. Der langjährige Präsident Luiz Inácio Lula da Silva von der linken Arbeiterpartei (PT) wird als Drahtzieher beschuldigt, ihm soll bald der Prozess gemacht werden. Die Affäre hat die gesamte politische Klasse des Landes diskreditiert.
Cunha will auspacken
Cunha gehört der Partei der demokratischen Bewegung (PMDB) an, genauso wie der neue Präsident Michel Temer. Der 58-jährige Cunha wirft Temer vor, ihn verraten zu haben. Er kündigte an, ein Buch über die Hintergründe und Absprachen des Petrobras-Skandals und über das Amtsenthebungsverfahren gegen seine Erzfeindin Rousseff veröffentlichen zu wollen. Auch seinem Parteifreund und ehemaligen Verbündeten Temer drohte er offen mit neuen Enthüllungen. Man habe ihn nach Rousseffs Impeachment im Stich gelassen. Das könnte politischen Sprengstoff auch für die aktuelle brasiliansiche Regierung bergen.
Der abgesetzten Präsidentin Rousseff war vorgeworfen worden, Haushaltszahlen geschönt zu haben. Eine direkte Verwicklung in den Petrobras-Skandal konnte ihr nicht nachgewiesen werden. Die Politikerin selbst weist sämtliche gegen sie erhobenen Vorwürfe zurück und betrachtet die Entmachtung als "Putsch" von konservativer Seite.
qu/rk (afp, dpa, kna, rtre, APE)