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Petros Markaris: Nachtfalter

Ingrid Backes3. April 2002

Der Kommissar ist jenseits der Fünfzig und die Jagd nach dem Verbrechen findet hauptsächlich im Stau statt: Der Kommissar ist Grieche und arbeitet im Herzen Athens.

Petros Markaris überlässt in seinem Roman "Nachtfalter" einem Kommissar das Wort, der kein Held ist, sondern ein gründlicher Beamter mit Herzproblemen. Der spekuliert solange über Motive und Verdächtige, bis ihm der Zufall mal wieder das ganze schöne Puzzle kaputt macht. Mit Ehefrau Adriáni legt sich Kóstas Cháritos schon lange nicht mehr an, genauso wenig wie mit den Vorgesetzten. Nur wenn ihn sein Gerechtigkeitssinn zu sehr plagt, begibt er sich auf verbotene Pfade.

Der erste Tote taucht auf einer malerischen Insel auf, wo der Kommissar bei der Verwandtschaft Urlaub macht. Erdstöße rütteln eine männliche Leiche frei. In Athen wartet schon der zweite Tote: Ein Restaurantbesitzer, der auf offener Straße erschossen wurde. Beide Fälle scheinen unlösbar, und der Kommissar kommt lange Zeit so wenig vom Fleck wie auf den Straßen Athens.

Akropolis mit Schattenseiten

Doch während er noch geistesabwesend auf die schönen Beine der Witwe von Numero Zwei starrt, entsteht ein Szenario, das wenig mit dem Charme der Akropolis zu tun hat. Das moderne Athen als Sammelbecken von Vertriebenen und Verbrechern. Ein undurchdringliches Völkergemisch, in dem dubiose Geschäfte und Gewalt blühen. Schiebereien beim Fußball, Bestechungsgelder für Ärzte - nicht mal die geliebten "gefüllten Tomaten" können den Kommissar mit der neuen Unübersichtlichkeit versöhnen. Was ist los in einem Land, in dem eine gewöhnliche Souflaki-Bude über Nacht "Souflaquerie" heißt?

Dauerthema: Luftverschmutzung in AthenBild: Imago

Der herzkranke Polizist ist das Geschöpf des 1937 in Istanbul geborenen Schriftstellers Petros Markaris. Und der hat es faustdick hinter den Ohren: Der Kosmopolit hat Goethe und Brecht ins Griechische übertragen und weiß sehr wohl, wie zungenbrechend griechische Eigennamen daherkommen. Während die berühmten skandinavischen Kommissare Martin Beck oder Kurt Wallander heißen, müssen wir uns an die Athener Kollegen noch gewöhnen: Cháritos und Vlassópoulos, Dermitzákis oder Antonópoulos. Wer sich hier verstrickt, der kann im Personenverzeichnis nachschlagen - freundlicher Service eines einfühlsamen Verlages.

Die kleine Mühe lohnt sich: "Nachtfalter" von Petros Markaris ist eine hinreißende Lektüre. Und schließlich können nicht alle griechischen Romanfiguren Alexis Sorbas heißen ...


Petros Markaris
Nachtfalter
Diogenes, 2001
ISBN 3257062877
EUR 23,98

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