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Pfarrer Kneipp und der Storchengang im Wasser

Gaby Reucher15. Oktober 2005

Eigentlich war Sebastian Kneipp als Pfarrer nach Wörishofen gekommen, im Jahr 1855. Aber dann entdeckte er Wasser als Heilmittel - und erfand die berühmte "Kneipp-Kur". Dafür reisen Gäste sogar aus Japan oder Israel an.

Kalt und nass in Bad Wörishofen: Die Kneipp-Kur wird 150 Jahre altBild: dpa

Wer durch Bad Wörishofen schlendert, der hört es überall rauschen und plätschern, denn fast an jeder Ecke steht ein Brunnen. Wasserspeiende Köpfe, Mühlräder oder Fontänen beleben das Stadtbild. Hier hat Sebastian Kneipp die heilende Kraft des Wassers entdeckt. Am bekanntesten ist seine Empfehlung des Wassertretens. Dabei geht man im Storchen-Schritt durch ein eiskaltes Wasserbecken. Der Reiz, der durch das kalte Wasser entsteht, soll die körpereigenen Abwehrkräfte stärken. "Und wer es mal kalt erlebt hat und es genossen hat, der nimmt's immer weiter, weil 'kalt' angenehm ist", erklärt Joachim Bohmhammel, der Leiter der Physiotherapeutischen Abteilung im Sebastianeum, einer Klinik für Naturheilkunde. Das Sebastianeum ist eines der ältesten Kurhäuser in Bad Wörishofen. Es wurde 1891 noch zu Kneipps Lebzeiten errichtet.

Kneipp-Zeltplatz in Börgerende (Mecklenburg-Vorpommern)Bild: dpa

Wasser, Essen und Musik

Kneippkur, das bedeutet aber mehr als kalte und warme Wassergüsse und Bäder. Die Philosophie Sebastian Kneipps basiert auf fünf Säulen der Gesundheit. Wer nach Kneipp lebt, der muss auch auf Ernährung und Bewegung achten, muss sich mit Heilkräutern befassen und die Ordnungstherapie berücksichtigen. "Er hat versucht, den Menschen zu vermitteln, dass eine gesunde Seele in einem gesunden Körper wohnt und umgekehrt", erklärt Stadtführerin Karin Bendlin. "Heute zählt zur Ordnungstherapie das ganze kulturelle und das musische Angebot - dies alles soll dann das seelische Gleichgewicht herbeiführen."

Nasse Therapie gegen Tuberkulose

Zeitgenössisches Portrait von Pfarrer Sebastian Kneipp (1821-1897)Bild: dpa

Am 17. Mai 1821 wurde Sebastian Kneipp bei Ottobeuren in Bayerisch Schwaben geboren. Sein Vater betrieb Landwirtschaft und eine Weberei. Schon als Junge musste er bei der Arbeit helfen, fühlte sich aber zu Höherem berufen. Nach vielen vergeblichen Versuchen fand er in Kaplan Matthias Merkle einen Lehrer und Gönner. Noch in seiner Jugend erkrankte Kneipp an Tuberkulose. Mit kalten Wasserbädern konnte er sich aber selbst heilen. Als Pfarrer in Bad Wörishofen schrieb er Bücher, damit die Leute seine Wasserkuren zu Hause selbst anwenden konnten. Bis zu seinem Tod am 17. Juni 1897 nahm der Strom der Ratsuchenden kein Ende.

Patienten aus Japan, Israel und Kanada

Allein das Buch "Meine Wasserkur" wurde schon zu Kneipps Lebzeiten in 15 Sprachen übersetzt. Im Kneipp-Museum des Domenikanerinnenklosters sind seine Schriften im Original zu sehen. Fotos an den Wänden zeigen spanische und italienische Reisegruppen und Gäste von Rang und Namen: Valerie, die jüngste Tochter der österreichischen Kaiserin "Sissi", oder den Maharadscha von Baroda zum Beispiel.

Auch heute noch kommen Kurgäste aus dem europäischen Ausland und aus Übersee nach Bad Wörishofen. Es sind vor allen Dingen deutschsprachige und deutschstämmige Gäste etwa aus Israel und Kanada. Auch Japaner interessieren sich für die Kneipp'sche Lehre. Und so hofft Bürgermeister Klaus Holetschek, dass Bad Wörishofen vielleicht doch noch mal so bekannt wird wie zu Kneipps Zeiten vor 150 Jahren: "Vor kurzem gab es in der 'Times' eine Veröffentlichung, da wurden wir als heimliche Hauptstadt der Gesundheit bezeichnet. Und das ist natürlich schon das Ziel, dass Bad Wörishofen auch im Ausland als Gesundheitsstandort noch mehr wahrgenommen wird und noch mehr Gäste kommen."

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