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PFAS: Helfen Müsli, Obst und Gemüse gegen die Umweltgifte?

16. Mai 2025

In Regenjacken, Pizzakartons, Trinkwasser und in unserem Blut: PFAS sind überall. Die Ewigkeits-Chemikalien können Krebs und Organschäden verursachen. Ballaststoffe könnten unserem Körper helfen, sie loszuwerden.

Eine Schale mit frischem Obst und Haferflocken steht auf einem Tisch
Eine ballaststoffreiche Ernährung könnte gegen PFAS-Umweltgifte helfenBild: picture alliance/Chromorange

Offiziell heißen sie Fluorchemikalien, genauer gesagt: Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, kurz PFAS oder PFC genannt. Sie sind wasser- und fettabweisend und kommen wegen dieser Eigenschaften in vielen Alltagsprodukten vor. Über diese Produkte, über Nahrung und Trinkwasser gelangen sie in unseren Körper. Das Problem: PFAS bauen sich in der Natur nicht ab, aus diesem Grund werden sie auch Ewigkeits-Chemikalien genannt - und sie verursachen viele Gesundheitsprobleme.

PFAS-Substanzen können unter anderem Organe schädigen, Fehlgeburten verursachen und die Krebsgefahr erhöhen. Sie können zu Schilddrüsenerkrankungen und Fruchtbarkeitsstörungen führen und die Wirksamkeit von Impfungen abschwächen. Zur großen Gruppe der PFAS zählen mehrere tausend verschiedene chemische Einzelverbindungen. Deklariert werden müssen sie in Produkten übrigens nicht.

Wie lange bleiben PFAS im menschlichen Körper?

Kurzkettige PFAS-Moleküle scheiden wir in der Regel nach Tagen oder Wochen über den Urin aus. Um langkettige PFAS abzubauen, braucht unser Köper dagegen teils mehrere Jahre. Dies geschieht dann über den Stuhl.

Auch in Lebensmittelverpackungen werden PFAS eingesetzt Bild: Ralph Peters/imago images

Spezielle Medikamente, mit denen wir PFAS schneller aus unserem Körper herausbekommen, gibt es bislang nicht. Lediglich der Wirkstoff Colestyramin scheint die Ausscheidung von PFAS zu beschleunigen.

Colestyramin wirkt gegen zu hohe Cholesterin-Werte, die Gefäßverkalkungen verursachen können. Dies geschieht, indem es Gallsäure im Darm bindet, die dann nicht mehr ins Blut gelangt, sondern über den Stuhl ausgeschieden wird. Die Leber muss dann Gallensäuren nachproduzieren und nutzt dafür Cholesterin aus dem Blut. 

Verschiedene Studien haben gezeigt, dass auch bestimmte Ballaststoffe helfen, den Cholesterinwert im Blut zu senken. Ballaststoffe sind weitgehend unverdauliche Bestandteile in der Nahrung, meist Kohlenhydrate, die vor allem in pflanzlichen Lebensmitteln vorkommen - besonders in Vollkorngetreide und in Hülsenfrüchten, aber auch in Obst, Gemüse, Nüssen und Samen.

Wie Ballaststoffe dem Körper gegen PFAS helfen könnten

Wenn Ballaststoffe ähnlich wirken wie Colestyramin – könnten sie dann auch die Ausscheidung von PFAS-Substanzen beschleunigen? Diese Vermutung besteht schon länger.

Forschende der US-Universitäten von Bosten und Massachusetts gingen dieser Frage nach und untersuchten Blutwerte, die ursprünglich für eine Studie zu Cholesterin und dem Ballaststoff Beta-Glucan durchgeführt wurde.

Beta-Glucan kommt in Hafer und Gerste vor. Zusammen mit Flüssigkeit aus der Nahrung bildet Beta-Glucan eine Art Gel im Magen und Darm. Dieses Gel bindet - wie Colestyramin - ebenfalls Gallsäure und verhindert, dass diese über die Darmwand ins Blut gelangt. Sie wird stattdessen mit dem Stuhl ausgeschieden - und der Cholesterinwert im Blut sinkt.

Das Ergebnis: Die Probandengruppe, die vier Wochen lang Beta-Glucan eingenommen hatte, hatte nicht nur weniger Cholesterin im Blut - sondern auch weniger PFAS. 

Ballaststoff aus Hafer senkt PFAS-Konzentration im Blut von Mäusen

Das Team startete selbst eine Studie, allerdings mit Mäusen. Die Mäuse wurden über das Trinkwasser sechs Wochen lang einer Mischung aus sieben PFAS ausgesetzt und erhielten solche Lebensmittel, die der Querschnitt der US-amerikanischen Bevölkerung zu sich nimmt. Eine Mäusegruppe erhielt zusätzlich Hafer-Beta-Glucan, eine andere den Ballaststoff Inulin, der kein Gel bildet.

Hafer und Haferflocken enthalten den Stoff Beta-Glucan Bild: Adobe Stock

Die Mäuse, die das Beta-Glucan bekamen, tranken deutlich mehr als die andere Gruppe. Sie nahmen also eine deutlich höhere Dosis an PFAS über das Wasser zu sich. Dennoch war die Konzentration mehrerer PFAS-Substanzen in ihrem Blut niedriger als bei den "Inulin-Mäusen".

Ihre Pilotstudie stütze die Hypothese, dass die Einnahme von Hafer-Beta-Glucan die PFAS-Belastung des Körpers reduzieren könne, so die Forschenden.

Wie aussagekräftig die ist die Mäuse-Studie zu PFAS?

Ergebnisse aus Tierversuchen lassen sich nicht eins zu eins auf den Menschen übertragen. Dennoch ist die Mäuse-Studie ein weiteres Indiz für die Wirkung von Ballaststoffen auf PFAS. Denn auch andere Studien zeigen, dass Ballaststoffe PFAS schneller aus dem Körper ausleiten – auch bei Menschen.

So ergab eine groß angelegte US-Studie, an der zwischen 2005 und 2026 mehr als 6400 Menschen teilnahmen: Mehr Ballaststoffe in der Nahrung verringerten die Konzentration von drei PFAS-Substanzen im Blut um knapp zehn Prozent. Eine Schwäche dieser Studie: Die Teilnehmenden gaben selbst an, wie viele Ballaststoffe sie zu sich genommen hatten.

Eine Studie aus den USA und eine aus Dänemark zeigten, dass eine Ernährung mit viel Gemüse verschiedene PFAS-Werte im Blut senkte. Ähnlich Ergebnisse gibt es bei Studien mit Bohnen, Sojaprodukten und Fruchtfasern. Ballaststoffe könnten also tatsächlich gegen PFAS in unserem Körper wirken, aber der Mechanismus muss noch weiter untersucht werden.

Jenseits dessen aber ist klar: Ballaststoffe sind gut für uns. Sie senken den Cholesterinspiegel, fördern das Mikrobiom im Darm und wirken positiv auf den Blutzucker. Also ruhig öfter mal zu Obst, Müsli und Gemüse greifen!

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Jeannette Cwienk Autorin und Redakteurin, Fokus unter anderem: Klima, Umwelt und Wissenschaft