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Pfizer - Held und Profiteur der Pandemie

17. Februar 2021

Rasend schnell hat die Pharmaindustrie einen Impfstoff gegen das Coronavirus mitentwickelt. Steht die Gesundheit der Menschen bei der Branche jetzt vor dem Profit?

Werbetafel Pfizer COVID Impfstoff
"Science will win" - die Wissenschaft wird siegen, so dieser Werbeslogan von PfizerBild: zz/STRF/STAR MAX/IPx/picture alliance

Albert Bourla hatte vor einem Jahr die Wahl. Und er ging volles Risiko. Dabei hätte es sich der CEO des Pharmariesen Pfizer einfach machen können: die Milliarden US-Dollar der Regierung in Washington einsacken und bei der "Operation Warp Speed" zur raschen Entwicklung eines Impfstoffes mitmachen. Doch der gebürtige Grieche setzte lieber alles auf eine Karte.

Bourla steckt zwei Milliarden US-Dollar in ein kleines Start-Up-Unternehmen in Mainz im fernen Deutschland namens BioNTech. Weil Bourla daran glaubt. Und unabhängig bleiben will. Am Ende hat Biontech die Zauberformel und Pfizer zaubert: 50 Millionen Impfdosen 2020, geplant mehr als eine Milliarde in diesem Jahr. Das Vakzin BNT 162b2 ist der erste COVID-19-Impfstoff, der eine Zulassung in den USA, in der Europäischen Union und vielen anderen Ländern erhält.

Heute gilt Bourla vielen, neben den BioNTech-Gründern Özlem Türeci und Ugur Sahin, als Held im weltweiten Kampf gegen die Corona-Pandemie. Die ungleichen Partner, die sich 2018 bei der Entwicklung von Grippeimpfungen gefunden hatten, könnten mit ihrem neuen mRNA-Impfstoff Hunderttausenden Menschen weltweit das Leben gerettet haben.

Die CEOs von Pfizer und BioNTech: Albert Bourla und Ugur Sahin

Angefangen hat alles vor 170 Jahren mit Santonin, einem einfachen Mittel gegen Parasiten. Karl Pfizer und sein Cousin Charles F. Erhart, aus Ludwigsburg stammend, gründen 1849 die Charles Pfizer & Company in Brooklyn, New York. Heute hat das Pharmaunternehmen fast 100.000 Mitarbeiter über den ganzen Erdball verteilt, mit dem Verkaufsschlager Viagra im Angebot.

Doch wie gehen Pfizer und die Pharmabranche weltweit mit diesem riesigen Erfolg bei der schnellen Entwicklung eines Impfstoffes um? Noch nie zuvor hat die Industrie gezeigt, was sie unter Hochdruck leisten kann, mit parallelen, gemeinsamen und beispielhaften Projekten wie der deutsch-US-amerikanischen Kooperation.

Vielleicht beginnt allerdings erst jetzt die wahre Nagelprobe für eine Branche, die schon 2019 einen weltweiten Umsatz von rund 1,1 Billionen US-Dollar erwirtschaftete. Der Blick in einige Länder lässt aber befürchten, dass das gerade frisch polierte Image der Pharmaindustrie schon wieder einige heftige Kratzer bekommen hat. Weil die Maximierung des Gewinns anscheinend immer noch ganz weit oben auf dem Beipackzettel steht.

Europäische Union: harte Bandagen am Verhandlungstisch mit Pfizer

Impfstoffdebakel. Noch vor einigen Wochen benutzten den Begriff nur wenige Boulevardmedien in Deutschland, heute die ganze Presse, viele Politiker und auch große Teile der Bevölkerung. Das Narrativ ist gesetzt: Impfstoffdebakel. Und es geht so: während Israel, Großbritannien und die USA impfen wie die Weltmeister, hat die Europäische Union, unzureichend vertreten von einem inkompetenten und verschnarchtem Verhandlungsteam, zu langsam den lebensrettenden Impfstoff bestellt. Und zu wenig. Und war dabei auch noch zu knauserig.

Wenn deutsche Talkshows einen Kontrapunkt suchen, der in der aufgeheizten Atmosphäre die Europäische Union verteidigen soll, rufen sie meist bei Peter Liese an. Der Europaabgeordnete der CDU für Nordrhein-Westfalen in der Europäischen Volkspartei gibt gerne den Prellbock. Weil er ein überzeugter Europäer ist. Liese sagt: "Pfizer ist wie ein starkes Medikament. Manchmal braucht man so etwas. Aber man sollte immer auch die Nebenwirkungen beachten und nie blauäugig sein, wenn man mit solchen Unternehmen zu tun hat."

Es sind nicht etwa Mitglieder der EU-Kommission oder auch deutsche Bundestagsabgeordnete, sondern einige Journalisten, die Peter Liese im August ansprechen. Bei den Verhandlungen mit Pfizer, da gebe es ein Problem. Irgendetwas stimme da nicht. Was sei da los? Schließlich hatten sich die USA doch schon im Juli 600 Millionen Impfdosen gesichert. Liese horcht nach: Es knirscht beim Thema Haftung.

"Pfizer hat Druck ausgeübt auf die Europäische Kommission. Das, was in Europa Recht und Gesetz ist, nämlich dass wenn man einen Fehler macht und jemand dadurch zu Schaden kommt, dafür auch eine Haftung zu übernehmen, wollte Pfizer offensichtlich zunächst nicht akzeptieren." Für die EU sei dies etwas gewesen, was man nicht akzeptieren konnte, so Liese. "Das wäre ansonsten schon sehr mutig, wenn nicht fahrlässig gewesen."

"Ein Impfstoff muss so schnell wie möglich kommen, aber die Firmen müssen sich an die EU-Regeln halten" - Peter LieseBild: Dieter Berger

Die Verhandlungen ziehen sich deswegen wie Kaugummi, erst im November kommt es zu einem Abschluss. Wochenlang sitzen weit über 20 Anwälte des US-Pharmariesen mit am Tisch. Die EU hält sich die ganze Zeit bedeckt, im Nachhinein ein Fehler, meint Liese.

"Die Gründe wurden nicht kommuniziert, weil die Kommission immer sehr vornehm ist. Also da gibt es eben Vertraulichkeit und man wollte den Gesprächspartner auch nicht desavouieren. Aber es wäre sicherlich erstens in der Öffentlichkeit ein anderer Eindruck entstanden und der Druck auf Pfizer wäre natürlich noch stärker geworden."

Als der Europapolitiker während der stockenden Verhandlungen mit BioNTech zusammenkommt, kann er förmlich spüren, wie unangenehm den Forschern das Thema ist. "Das konnte man an ihren Augen ablesen, wie peinlich, dass zur Debatte stand, keinen Vertrag mit der EU abzuschließen, wo sie doch in der Europäischen Union produzieren und auch mit EU-Hilfe überhaupt erst zu dem Impfstoff gekommen sind."

Doch das Thema Haftung geht in der Debatte um die schleppende Impfstoffbestellung vollkommen unter. Dabei wäre die Impfbereitschaft in Deutschland in den letzten Wochen auf keinen Fall so angestiegen, wenn sich die EU nicht in diesem Punkt durchgesetzt hätte. Die Lehre für Peter Liese: "Die Verantwortlichen von Pfizer haben nicht ausreichend den Vorwurf entkräftet, dass bei ihnen Profit über Gesundheit steht."

Argentinien – das Land, das den Impfstoff testet, aber keine einzige Dosis bekommt

Ginés González García hat die Schnauze gestrichen voll. Aber so richtig. Bei einer Pressekonferenz Anfang Februar platzt dem argentinischen Gesundheitsminister der Kragen. Auf die Frage, wie er die gescheiterten Verhandlungen Argentiniens mit dem US-Pharmaunternehmen kommentiere, sagt er: "Pfizer hat sich sehr schlecht betragen."

Argentinien fühlt sich gerade wie das Land, in dem die neuen Feuerlöscher ausprobiert wurden. Als klar ist, dass diese sehr gut funktionieren, wird Argentinien bei der Beseitigung des Brandes aber allein gelassen. Und muss hilflos zuschauen, wie hervorragend die Feuerlöscher in anderen Ländern funktionieren.

Über 6.000 Argentinier waren im August 2020 einem Aufruf gefolgt, sich den Impfstoff von BioNTech-Pfizer in der dritten Testphase spritzen zu lassen. Die Hälfte bekam den Impfstoff, die andere ein Placebo. Sie fühlten sich nicht wie Versuchskaninchen, sondern eher wie Vorlagengeber für einen Vertrag, der dann ja nur noch Formsache sein könne.

Doch sie sollten sich täuschen. Bis heute ist ansonsten kein einziger der 44 Millionen Argentinier mit dem Vakzin BNT 162b2 geimpft worden. Das südamerikanische Land setzt bislang allein auf den russischen Impfstoff Sputnik V.

Der argentinische Präsident Alberto Fernández bei seiner Impfung am 21. Januar in Buenos AiresBild: The press service of the President of Argentina/dpa/picture alliance

Als Gründe für die gescheiterten Verhandlungen nennt die argentinische Regierung, dass man sich nicht bei den Haftungsfragen einig werden konnte. Was Präsident Alberto Fernández sagt, kommt einem aus Europa bekannt vor: "Sie sind verantwortlich für den Impfstoff, nicht der Staat. Der Staat kauft und sie verkaufen. Ich verstehe nicht, warum wir ihnen eine Norm verschaffen sollen, die sie von jeglichen zivilen und strafrechtlichen Verantwortlichkeiten freispricht."

Pfizer dagegen sagt, die Verhandlungen seien gar nicht an Haftungsfragen gescheitert, sondern weil Argentinien den Transport für den hoch sensiblen und kühl zu lagernden Impfstoff nicht bezahlen wollte. Wie auch immer, am Ende bleiben nur Verlierer. Argentinien hat kein Vakzin von Pfizer, das US-Unternehmen steht als eiskalt und undankbar da.

"Der Markt bestimmt auf der Welt, so ist es nun einmal. Und viele Länder sind diesen Regeln auch gerne gefolgt. Wie sonst ist es zu erklären, dass Kanada mehr Impfstoff für seine Bevölkerung als notwendig einkauft, statt sich solidarisch zu zeigen", sagt Professor Hugo Pizzi, argentinischer Epidemiologe aus Córdoba.

"Unser Präsident und unser Gesundheitsminister haben recht, sie haben alle Normen erfüllt" - Hugo Pizzi Bild: privat

Pizzi zählt zu den anerkanntesten Ärzten Argentiniens, er hat 23 Bücher über Infektionskrankheiten geschrieben. Der Mediziner schlägt sich auf die Seite der Regierung, die Bedingungen von Pfizer seien nicht akzeptabel gewesen. Dass kein Vertrag zustande kam, macht auch den Epidemiologen sprachlos. "Es ist unglaublich, dass diese Geste Argentiniens bezüglich der dritten Testphase nicht in gleicher Weise erwidert wurde." 

Bei der Frage, was er dem Pfizer-Chef Albert Bourla sagen würde, muss Hugo Pizzi nicht lange überlegen: "Denken Sie an an die Tragödie, welche die Welt durchlebt, an den Beitrag Argentiniens für die Zulassung des Impfstoffes und an das Allerwichtigste: die Solidarität!"

Peru – ein Vertrag mit Pfizer, über den die Freude sich in Grenzen hält

Marta Diez ist ganz aus dem Häuschen. Die Tinte unter dem Vertrag zwischen Peru und dem Pharmariesen über die Lieferung von 20 Millionen Impfdosen ist gerade trocken, da verkündet die Geschäftsführerin von Pfizer für die Andenregion feierlich: "Es ist mir eine große Ehre, mit der peruanischen Regierung zusammenzuarbeiten, mit dem gemeinsamen Ziel, den Peruanern so schnell wie möglich einen Impfstoff gegen COVID-19 zur Verfügung zu stellen".

Knallen in Lima also die Sektkorken? In dem Land, das mit beinahe 44.000 Corona-Toten eine der höchsten Sterblichkeitsraten weltweit aufweist, gemessen an der Bevölkerungszahl von 32 Millionen Menschen? Und das den Impfstoff so nötig hat wie wenige andere Länder auf dem Globus?

Victor Zamora, zu Beginn der Pandemie vor einem Jahr peruanischer Gesundheitsminister, ist trotzdem so gar nicht nach Feiern zumute. Er sei "sehr überrascht nach der Vorgeschichte. Pfizer weiß, zu welchem Preis und zu welchen Bedingungen die einzelnen Länder kaufen. Das Unternehmen weiß, welche Länder welche Klauseln akzeptiert haben."

Krankenhaus in Callao, Peru. Das südamerikanische Land gehört zu den am stärksten betroffenen Ländern durch CoronaBild: Martin Mejia/AP Photo/picture alliance

Auch in Peru liefen die Verhandlungen nach Schema F, ein monatelanges zähes Ringen, wie in der Europäischen Union oder in Argentinien. Während Pfizer auf die Vertraulichkeit bei den Verhandlungen verweist, wirft Zamora Pfizer vor, weitreichende Garantien gefordert zu haben, falls das Land nicht zahlen könne. Das Pharmaunternehmen habe als Sicherheit auch auf Staatseigentum zugreifen wollen.

Für Godofredo Talavera Chávez würde diese Verhandlungsstrategie perfekt ins Bild passen. "Pfizer verfolgt eine merkantilistische Politik. Sie haben ihre Macht beim Verkauf von Viagra ausgenutzt und genauso machen sie es jetzt wieder bei den Impfstoffen", sagt der Chirurg.

Ärzte sterben schutzlos in Peru

03:42

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Talavera Chávez ist gleichzeitig Präsident der peruanischen Ärztegewerkschaft. Über 300 seiner Kollegen sind auf den Intensivstationen bei ihrem Kampf gegen das Coronavirus ums Leben gekommen. Umso wütender ist er über das US-amerikanische Pharmaunternehmen: "Sie respektieren nicht die Gesetze des Landes, das ihre Vakzine kauft. Und wollen die Verantwortung für mögliche Nebenwirkungen auf die Käuferländer abwälzen."

Nigeria – wieso die Menschen sich nicht mit Pfizer impfen lassen wollen

Als Aisha Isa Yusuf von dem BioNTech-Pfizer Impfstoff gegen Covid-19 hört, bekommt sie es mit der Angst zu tun. Dabei ist die nigerianische Menschenrechtsanwältin eigentlich nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen. Aber zu frisch ist auch bei ihr noch die Erinnerung an das, was vor ziemlich genau 25 Jahren im Bundesstaat Kano, der viertgrößten Stadt des Landes, passierte. Dort, wo sie geboren ist.

"Wenn ich Pfizer höre, muss ich immer an den Prozess denken, den die Provinzregierung von Kano gegen das Pharmaunternehmen angestrengt hat", sagt die Juristin, "meine Heimat wollte eine Entschädigung für die Familien haben, die durch Pfizer zu Schaden gekommen sind."

Kano ist die Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates Kano und viertgrößte Stadt des LandesBild: DW

Als 1996 in Kano eine Meningitis-Epidemie ausbricht, ist Pfizer zur Stelle. In einer als humanitäre Hilfe bezeichneten Aktion wird den Kindern das Präparat Trovan verabreicht. Ein Test, denn das Antibiotikum ist noch gar nicht zugelassen. Nach nigerianischen Angaben sterben mindestens elf Kinder an den Folgen des Medikaments, mehr als 200 andere erleiden zum Teil irreparable Gesundheitsschäden wie partielle Lähmungen, Blindheit, Taubheit sowie Gehirnschäden. Pfizer verneint jede Schuld.

Am Ende einigt sich Pfizer mit den Behörden in Kano außergerichtlich auf eine Entschädigung von 75 Millionen Dollar. Laut der Enthüllungsplattform Wikileaks soll Pfizer vorher Privatdetektive engagiert haben, um an belastenden Informationen über den zuständigen Staatsanwalt zu gelangen.

Es sind Geschichten wie diese, warum Peter C. Gøtzsche zu dem wohl radikalsten Gegner der Pharmaindustrie weltweit geworden ist. Der Däne hat selbst für Arzneimittelhersteller gearbeitet und dann die Seiten gewechselt. In seinem Buch "Tödliche Medizin und organisierte Kriminalität – wie die Pharmaindustrie das Gesundheitswesen korrumpiert" teilt er heftig gegen die Branche aus.

"Wenn ich Chef von Pfizer wäre, würde ich mir so schnell wie möglich einen neuen Job suchen" - Peter C. GotzscheBild: Bertel Rudinger

Für den Facharzt für Innere Medizin und früheren Professor für klinische Studien an der Universität Kopenhagen sind die Pharmaunternehmen ein rotes Tuch und auf einer Stufe mit der Mafia: "Sie sind schlimmer als jede andere Branche. Korruption, Bestechung und die Vermarktung nicht zugelassener Mittel gehören zum guten Ton."

Pfizer sei, so Gøtzsche, eines der schlimmsten Pharmaunternehmen der letzten 50 Jahre. Dass die Industrie mit dem Impfstoff Geld macht, kann er nicht verstehen: "Es sollte keine Patente auf Vakzine geben. Impfstoffe sollten keine kapitalistische Ware sein, sondern etwas, das für das Gemeinwohl hergestellt wird."

Entwicklungsländer – Pfizer engagiert sich bei der Covax-Initiative

Vielleicht ist Pfizers Engagement für die Covax-Initiative genau das Richtige, um die dunklen Schatten der Vergangenheit abzustreifen und die Kritiker eines Besseren zu belehren. Auf Anfrage der DW heißt es: 

"Der COVAX-Initiative stellen wir dieses Jahr bis zu 40 Millionen Dosen unseres COVID-19-Impfstoffs zur Verfügung. Unsere Priorität ist es, Behandlungen und Impfstoffe so schnell und sicher wie möglich zu denjenigen zu bringen, die sie benötigen."

Die Idee hinter der Initiative der Weltgesundheitsorganisation und den privat-öffentlichen Initiativen Gavi und CEPI: Vor allem reiche Länder zahlen ein, ärmere erhalten den Impfstoff. Bis 2021 sollen zwei Milliarden Impfdosen bereitstehen, um die akute Phase der Pandemie zu beenden.

Fragt man Elisabeth Massute, was sie von Pfizers Unterstützung für Covax hält, sagt die Mitarbeiterin von Ärzte ohne Grenzen: "Das sind nur zwei Prozent der Impfstoffe, die produziert werden können in diesem und im nächsten Jahr. Und wenn wir sehen, wie viele Länder eigentlich durch Covax versorgt werden sollen, ist das eindeutig zu wenig."

"Auch Johnson & Johnson haben ihren Impfstoff in Südafrika abgefüllt, aber es gab keinen Vertrag" - Elisabeth MassuteBild: Jannette Kneisel

Massutte sieht sich nicht als Gegnerin der Pharmaindustrie, es sei wichtig, dass bestimmte Medikamente, Arzneimittel und Impfstoffe hergestellt werden. Aber Ärzte ohne Grenzen stören sich gleichzeitig daran, dass Regierungen gegenüber Pharmakonzernen keine stärkere Verhandlungsposition einnehmen.

"Warum sagt die deutsche Regierung zum Beispiel nicht, wir haben so viel Geld über unser Forschungsministerium ausgegeben und knüpfen deshalb bestimmte Bedingungen an diese Gelder?" BioNTech hatte 375 Millionen Euro an Fördergeldern für die schnelle Impfstoffentwicklung bekommen.

Entscheidend für den Ruf der Pharmaindustrie wird sein, ob sie sich auf Dauer querstellt, ihre Patente aufzuheben. Indien und Südafrika haben die Aufhebung bereits gefordert, damit jede Firma auf der Welt Impfstoff produzieren kann. Pfizer dagegen pocht auf das internationale System für den Schutz des geistigen Eigentums, kurz IP:

"Der Schutz ist aus mehreren Gründen relevant: Zum einen trägt er dazu bei, PatientInnen vor potenziell gefährlichen gefälschten und nicht zugelassenen Produkten zu schützen. Zum anderen schützt er Unternehmen vor unsachgemäßer Anwendung. Der Patentschutz ermöglicht die freiwillige Lizenzierung, wodurch wir unsere Produkte weltweit zur Bekämpfung der Pandemie zur Verfügung stellen können."

Elisabath Massute will das so nicht stehen lassen. "Wenn man sich die Erforscher des Insulins zum Beispiel anschaut, da wurde das Patent symbolisch für einen Dollar verkauft. Oder der Erforscher des Polio-Impfstoffes, der gefragt hat, ob man die Sonne patentieren kann?", so die Mitarbeiterin von Ärzte ohne Grenzen, "Gesundheit kann nicht nach den herkömmlichen Regeln des Systems funktionieren, weil Menschenleben kein Preisschild haben."

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