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Pfund auf Stand von 1985

6. Juli 2016

Knapp eine Woche nach der Brexit-Entscheidung der Briten schlagen die Folgen voll auf die Währung des Landes durch. Das britische Pfund verliert und verliert und landet auf dem tiefsten Stand seit dreißig Jahren.

Symbolbild Illustration Wechselkurs Euro britisches Pfund
Bild: Reuters/P. Noble

Das Pfund hat seit dem Votum für einen Ausstieg Großbritanniens aus der EU rund 15 Prozent gegenüber dem Dollar verloren. Zeitweise kostete ein Pfund am Mittwochfrüh nur noch 1,2798 US-Dollar. In den ersten Tagen unmittelbar nach der Entscheidung war das Pfund zunächst bis auf 1,31 Dollar abgesackt, konnte sich dann aber zwischenzeitlich wieder etwas erholen.

Nervös reagierte am Mittwoch auch der japanische Aktienmarkt. Der Nikkei verzeichnete kräftige Verluste. Der 225 Werte umfassende Index notierte zum Handelsende 1,85 Prozent niedriger bei 15.378 Punkten. Auch andere asiatischen Märkte verzeichneten Verluste. Händler machten Sorgen über die wirtschaftliche Entwicklung in Europa nach dem Brexit-Votum verantwortlich.

Sorgen um die Weltwirtschaft hatten am Dienstag auch der Wall Street zugesetzt. Auf die Stimmung drückte nicht nur die Furcht vor den Folgen des Brexit, sondern auch sinkende Ölpreise. Bei der Rückkehr der US-Investoren aus einem verlängerten Wochenende fiel der Dow-Jones-Index um 0,6 Prozent auf 17.841 Punkte. "Die Anleger sind vorsichtig", sagte John Callany, Chef-Volkswirt bei LPL Financial. Sie hätten das Brexit-Votum und seine Folgen im Blick und wollten sich offensichtlich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.

"Phase der Unsicherheit"

Bestätigt sahen sich die Konjunkturpessimisten von Aussagen des britischen Notenbankchefs Mark Carney. Er warnte vor gravierenden Folgen des Brexit für die Wirtschaft auf der Insel. "Das Vereinigte Königreich ist in einer Phase der Unsicherheit und bedeutender konjunktureller Anpassungen", sagte Carney in London. Die Währungshüter stünden bereit, für funktionierende Märkte zu sorgen. Als Reaktion auf die Schockwellen des Brexit-Votums in der Wirtschaft und Finanzwelt schaltet die britische Notenbank auf Krisenmodus um.

In London: die Bank von EnglandBild: Reuters

Um die Finanzwelt vor Schlimmerem zu bewahren, lockerte die Bank von England mit sofortiger Wirkung die Kapitalregeln für Banken. Sie müssen vorerst nicht mehr Geld für schlechtere Zeiten beiseitelegen. Dass der bereits beschlossene spezielle Kapitalpuffer bis mindestens Juni 2017 ausgesetzt bleibe, heiße aber nicht, dass die Geldinstitute mehr Spielraum für höhere Dividenden erhielten, so Carney. Vielmehr solle die Kreditvergabe an Firmen und Haushalte angekurbelt werden. "Im Notfall können wir ausreichend Liquidität zur Verfügung stellen", betonte Carney.

Sorge und Kontrolle

Aus Furcht vor einem Wiederaufflackern der globalen Finanzkrise haben die EZB und andere Zentralbanken nach dem Brexit-Votum die Handelsräume großer Geldhäuser mit Kontrollanfragen bombardiert. Wie Reuters von Insidern aus der Finanzbranche erfuhr, verschafften sich die britische und die US-Notenbank sowie die EZB zeitnah ein umfassendes Bild von den Aktivitäten am Markt, um frühzeitig drohende Turbulenzen erkennen zu können. Ein Banker sagte, nie zuvor habe es solche Kontrollanrufe so häufig und so durchgehend gegeben. Offenbar habe es die Sorge gegeben, das überraschende Anti-EU-Votum könne an den Finanzmärkten zu solch gravierenden Problemen führen wie der Kollaps der US-Investmentbank Lehman im Herbst 2008.

Die Stimmung unter den Unternehmern auf der Insel hat sich nach dem Brexit-Votum bereits massiv verschlechtert. Bei der jüngsten Umfrage der Forschungsinstitute YouGov und Centre for Economics and Business Research gaben 49 Prozent der Firmen an, den allgemeinen wirtschaftlichen Ausblick für die nächsten zwölf Monate pessimistisch zu bewerten. Vor dem Referendum waren nur 25 Prozent dieser Ansicht. Und die britische Kaufhauskette John Lewis bekommt die Zurückhaltung der Konsumenten schon zu spüren: In der Woche nach dem Referendum legten die Einnahmen nur um 2,1 Prozent zu. In der Woche zuvor, dem Beginn des Sommerschlussverkaufs, lag das Plus noch bei 7,3 Prozent.

ar/hb (rtr, dpa, afp)

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