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Phantombild der Dunklen Materie

2. November 2016

85 Prozent unseres Universums bestehen aus dunkler Materie. Nur was das genau ist, wissen wir nicht. Jetzt haben Forscher mithilfe eines Supercomputers einen Steckbrief der geheimnisvollen Teilchen erstellt.

Dunkle Materie im All
Diese Aufnahme des Hubble-Teleskops macht die dunkle Materie in Ringform sichtbar.Bild: picture-alliance/dpa

Was ist Dunkle Materie?

04:43

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Der größte Teil unseres Universums besteht aus unsichtbarer Dunkler Materie. Das wissen die Forscher durch zahlreiche Beobachtungen und Messungen.

Nur etwa 15 Prozent des Universums sind für uns sichtbar. Dazu gehören unter anderem die Planeten, Sterne, Asteroiden, Kometen, natürlich auch unsere Erde.

Was Forscher über die Dunkle Materie wissen: Sie hat eine enorm große Masse und ist stark genug, um Licht durch ihre Gravitation abzulenken. Aber woraus die Dunkle Materie besteht, welche Art von Materieteilchen hinter der mysteriösen Anziehungskraft stecken, ist den Astronomen bis heute ein Rätsel.

Das Problem dabei ist: die Dunkle Materie-Teilchen senden weder irgendwelche Wellen aus, noch reflektieren sie Strahlung. Zwar lässt sich ihr Einfluss im heutigen Universum über ihre Schwerkraft messen. Aber kein Mensch hat sie jemals direkt zu Gesicht bekommen.

Daher versuchen Forscher seit Jahren, diese Phantomteilchen zumindest theoretisch zu erklären. Dieses Vorgehen ist in der Teilchenphysik kein Einzelfall. Auch das Higgs-Teilchen existierte seit den 1960er Jahren zunächst ausschließlich auf dem Papier. Erst 2012 konnten es Physiker am Europäischen Teilchenforschungszentrum CERN bei Genf in ihren riesigen Beschleunigern nachweisen.

Am Supercomputer JUQUEEN in Jülich hat das internationale Forscherteam den Steckbrief für das Axion errechnen lassen. Bild: picture alliance/dpa/O. Berg

Der Verdacht fällt auf die Axionen

Zumindest einen Namen haben die Forscher dem Dunklen Materie-Teilchen schon gegeben, sie tauften es Axion. "Das Axion war schon lange als wahrscheinlicher Kandidat für dunkle Materie angesehen worden", sagt Andreas Ringwald vom Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) im Gespräch mit der Deutschen Welle. In einem der Teilchenbeschleuniger am DESY-Institut in Hamburg versuchten er und seine Kollegen, das Axion aufzuspüren - ohne Erfolg. "Für einen Nachweis ist es sehr hilfreich zu wissen, bei welcher Masse man suchen muss", erklärt Ringwald. "Sonst dauert die Fahndung Jahrzehnte, weil man einen viel zu großen Bereich absuchen muss."

Steckbrief mit Phantombild aus dem Supercomputer

Jetzt scheint einem internationalen Fahndungsteam genau das gelungen zu sein. Unter Leitung von Zoltán Fodor, von der Bergischen Universität Wuppertal, betrieben Andreas Ringwald, Physiker der Eötvös-Loránd-Universität Budapest, der Universität Saragossa in Spanien und des Forschungszentrums Jülich so etwas wie ein physikalisch-kriminalistisches Profiling, um die Masse eines Axions zu bestimmen.

Dafür nutzten sie den Jülicher Supercomputer JUQUEEN. Heraus kam eine Art Steckbrief mit einem Phantombild des gesuchten Teilchens. Ihre Ergebnisse haben sie in der Fachzeitschrift "Nature" am 2. November 2016 veröffentlicht.

So sieht eine Kollision am CERN aus. Wird dort bald auch nach Axionen gesucht? Bild: CMS

So sieht der Gesuchte aus

Ein Axion, sagen die Forscher, bringt laut JUQUEEN eine Masse von 50 bis 1500 Mikroelektronenvolt auf die Waage. Damit wäre es bis zu zehn Milliarden Mal leichter als ein Elektron

Dafür gibt im Universum etwa zehn Millionen Axione pro Kubikzentimeter: "Sie sind überall um uns herum", versichert Physiker Ringwald. "Wir sind sozusagen in ein Bad dieser Teilchen getaucht, aber sie interagieren mit uns so wenig, dass alles transparent zu sein scheint." 

Supercomputer JUQUEEN hat darüber hinaus herausgefunden, dass die Axione nicht überall im Universum gleich verteilt sind. Sie bilden Klumpen und Äste in einer netzartigen Struktur. In unserer Galaxie - der Milchstraße - gibt es deutlich mehr davon als im Universums-Durchschnitt: etwa eine Billion pro Kubikzentimeter.

Als Kopfgeld gibt es mindestens den Nobelpreis

Mit diesen Berechnungen hat Supercomputer JUQUEEN den Physikern nun einen sehr konkreten Bereich geliefert, in dem sie mit Hilfe eines Teilchenbeschleunigers gezielt nach Axionen suchen können. 

Jetzt kann die Fahndung losgehen, freut sich Zoltán Fodor, der davon überzeugt ist, "dass die vorgelegten Ergebnisse zu einem Wettlauf um die Entdeckung des Teilchens führen werden". 

Sollte das ultraleichte Phantomteilchen dann irgendwann tatsächlich nachgewiesen werden, wäre es eine ähnliche Sensation wie beim Higgs-Teilchen. Und eine Garantie auf den Nobelpreis. Über den durfte sich auch Sir Peter Higgs 2013 freuen - fast ein halbes Jahrhundert nachdem er das Teilchen vorausgesagt hat.

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