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Pharaonen, Adler und Löwen: Afrika bei der Fußball-WM

Aarni Kuoppamäki
4. Dezember 2017

Noch nie hat eine afrikanische Mannschaft bei einer Fußball-WM das Halbfinale erreicht. Fünf Teams haben beim Turnier in Russland die Möglichkeit, das zu ändern. Doch einfach wird es auch 2018 nicht.

Russland Moskau Fußball WM Trophäe
Bild: picture-alliance/GES-Sportphoto/A. Golovanov

Ghana war beim Turnier in Südafrika 2010 am nächsten dran, die Sehnsucht Afrikas nach der Teilnahme am Halbfinale einer Fußball-WM zu verwirklichen. Es lief die Nachspielzeit der Verlängerung, als Ghanas Stephen Appiah den Ball aus wenigen Metern auf das Tor Uruguays drosch. Der Schuss wurde auf der Linie geblockt, Dominic Adiyiah köpfte den Abpraller unter die Latte, unhaltbar für den Torwart - doch nicht für Luis Suarez. Der Stürmer Uruguays riss die Arme hoch und hielt den Ball wie ein Torwart. Suarez sah die rote Karte. Ghanas Asamoah Gyan verschoss den fälligen Strafstoß. Im anschließenden Elfmeterschießen siegte Uruguay und zog ins Halbfinale ein. Das Viertelfinale erreichten außerdem Kamerun im Jahr 1990 und Senegal 2002 - doch beide schieden nach der Verlängerung aus.

2018 startet der nächste Versuch. Für das Turnier in Russland haben sich Ägypten, Marokko, Nigeria, Senegal und Tunesien qualifiziert.

Nigeria: "Super Eagles"

Mit ihrer sechsten Teilnahme sind die "Super Eagles" aus Nigeria der afrikanische Dauergast bei der Fußball-WM: Seit 1994 verpassten sie nur ein einziges Turnier. In einer schwierigen Qualifikationsgruppe setzte die Mannschaft um Kapitän John Obi Mikel (30) und Rechtsaußen Victor Moses (26) sich klar gegen Sambia, Kamerun und Algerien durch. Dennoch landete Nigeria wegen schwacher Ergebnisse in den Vorjahren als 50. der FIFA-Weltrangliste im schwächsten Lostopf für die WM - und bekam Argentinien, Island und Kroatien zugelost. Nigeria traf bereits vier Mal bei einer Weltmeisterschaft auf Argentinien - und verlor vier Mal knapp. Als Minimalziel für das Turnier hat der deutsche Trainer Gernot Rohr "eine gute Leistung und eine gute Einstellung" ausgegeben. Doch nach einem  4:2-Testspielsieg gegen Argentinien im November träumen die "Super Eagles" von mehr.

Nigerias Brian Idowu (l.) und Alex Iwobi jubeln beim Testspiel-Sieg gegen ArgentinienBild: picture alliance/dpa /AP/S. Pivovarov

Marokko: "Die Löwen vom Atlas"

Marokko ist bereits zum fünften Mal bei einer WM dabei, aber erstmals seit 1998. In der letzten Qualifikationsrunde spielten die "Löwen vom Atlas" um Kapitän Mehdi Benatia (30) sechs Mal zu null, zum Nachsehen der Elfenbeinküste, Gabuns und Malis. Urheber dieser taktischen Meisterleistung ist der französische Trainer Hervé Renard, der bereits zwei Mal den Africa-Cup gewonnen hat: 2012 mit Sambia und 2015 mit der Elfenbeinküste. Beim Turnier in Russland trifft Marokko auf Spanien, Europameister Portugal und Iran. Marokko sei "kompakt und gut organisiert", sagt der ehemalige Bundesliga-Trainer Volker Finke, der sich als Trainer Kameruns drei Mal mit Renards Ivorern maß, im DW-Interview. Wenn Marokko nicht in Rückstand gerate, könne es "die beiden Großen ärgern", sagt Finke. Dennoch sei er überzeugt, dass Spanien und Portugal weiterkommen: "Am Ende entscheidet doch die Qualität, und die ist übermächtig, egal wie gut man in der Defensive organisiert ist".

Marokko besiegte im entscheidenden Qualifikationsspiel die Elfenbeinküste in AbidjanBild: Getty Images/AFP/I. Sanogo

Ägypten: "Die Pharaonen"

Der Rekord-Afrika-Meister Ägypten ist zum dritten Mal bei einer WM dabei - erstmals seit 1990. In der Qualifikation setzten die "Pharaonen" sich gegen Uganda, Ghana und die Republik Kongo durch - und erzielten dabei in sechs Spielen nur acht Tore. Der argentinische Trainer Héctor Cúper ist für seine defensive Spielweise kritisiert worden, doch der Erfolg gibt ihm Recht: Unter Cúper hat Ägypten 20 von 30 Spielen gewonnen. Mit Gastgeber Russland, Saudi-Arabien und Uruguay hat es im Vergleich mit den anderen afrikanischen Mannschaften "was die Gegner angeht, die beste Ausgangssituation", sagt Volker Finke. Die Ägypter spielten wie typische Nordafrikaner: "technisch gut, körperbetont, selbstbewusst". Der Star der Mannschaft ist Mohamed Salah (25) vom FC Liverpool. Wenn er trifft, könnte das Land erstmals das Achtelfinale erreichen.

Torwart Essam El Hadary feierte die erste WM-Qualifikation seit 28 Jahren wie einen TurniersiegBild: Imago/Xinhua

Tunesien: "Die Adler von Karthago"

Auch Tunesien hat noch nie die Gruppenphase überstanden - trotz fünf WM-Teilnahmen. Zwar qualifizierten sich die "Adler von Karthago" ungeschlagen für das Turnier, doch hatten sie mit der Demokratischen Republik Kongo, Libyen und Guinea nicht die namhaftesten Gegner. Mit Belgien, England und Panama wartet nun eine schwierige Gruppe. "Der Schlüssel zum Erreichen der Ausscheidungsspiele ist das erste Spiel gegen England", sagt Trainer Nabil Maaloul. Er ist Tunesier und hat seine Mannschaft - im Gegensatz zu den anderen afrikanischen Teams - mehrheitlich aus der heimischen Liga rekrutiert. Die Wettbüros sehen Tunesien als einen der größten Außenseiter des Turniers: die Quote für den Gewinn der Weltmeisterschaft liegt zwischen 1:500 und 1:751. Doch das Team sucht weiter nach Verstärkungen. So hat der tunesische Verband Rani Khedira (23), dem jüngeren Bruder des deutschen Nationalspielers Sami Khedira (30), eine WM-Teilnahme für Tunesien angeboten.

Ein Unentschieden gegen Libyen im letzten Qualifikationsspiel reichte den TunesiernBild: Getty Images/AFP/F. Belaid

Senegal: "Die Löwen von Teranga"

Senegal belegt als 23. der FIFA-Weltrangliste den höchsten Platz unter den afrikanischen Mannschaften. Auch die Buchmacher sehen die "Löwen von Teranga" vorn: wer auf einen WM-Triumph Senegals tippt, bekommt eine Wettquote zwischen 1:126 und 1:151. Dabei ist Senegal erst zum zweiten Mal bei einer Weltmeisterschaft dabei. 2002 führte Aliou Cissé die Mannschaft beim Turnier in Japan und Südkorea als Kapitän aufs Feld. Heute ist er der Trainer. In der Qualifikation ließ er Südafrika, Burkina Faso und Kap Verde hinter sich. Mit Polen, Kolumbien und Japan bildet Senegal eine relativ ausgeglichene Gruppe. Es ist also durchaus möglich, dass die Mannschaft um Starspieler Sadio Mané (25) vom FC Liverpool die Ausscheidungsspiele erreicht.

Senegal konnte sich nach dem Sieg über Südafrika über die erfolgreiche Qualifikation freuenBild: Reuters/S. Sibeko

Die alten Probleme des Fußballs in Afrika

Dass eine der afrikanischen Mannschaften 2018 in Russland "ganz weit kommt", glaubt Volker Finke, der Kamerun zur WM 2014 führte, nicht. Das liege jedoch weniger am Sportlichen als an der Organisation, Infrastruktur und mangelnder Transparenz. Nach seiner Erfahrung beginne nach der Qualifikation für ein großes Turnier in den Verbänden der "Kampf um die großen Budgets". Dann seien im Mannschaftshotel plötzlich alle Türen abgeschlossen, weil die Rechnung nicht bezahlt worden sei; der Bus komme nicht, weil es angeblich kein Geld für Treibstoff gebe; oder der Abflug verzögere sich, weil noch über Spielerprämien verhandelt werde.

Volker Finke (r.) hatte als Nationaltrainer mit Kameruns Superstar Samuel Eto'o zu tunBild: picture-alliance/dpa

So erklärt sich Finke auch die Stärke der Mannschaften aus dem Norden: "Ghana, Kamerun und die Elfenbeinküste haben ganz ohne Wenn und Aber das bessere Spielermaterial als die Nordafrikaner. Aber die Nordafrikaner sind organisierter und strukturierter, zum Beispiel bei der Verbandsarbeit oder der Durchführung von Trainingslagern." Weil Verbandsfunktionäre bestimmte Spieler protegierten, sei der Trainerjob in Afrika ein anderer. In Kamerun sei er "50 Prozent Diplomat, 50 Prozent Fußballtrainer" gewesen, sagt Finke. Für den Erfolg sei es "entscheidend, ob man eine Mannschaft zusammen kriegt, die auch wirklich als Mannschaft auftritt. Und man muss auch den Rückhalt haben vom Verband, dass bestimmte Spieler auch mal nicht eingeladen werden."

Aarni Kuoppamäki Program Director Displacement and Crisis Preparedness
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