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Politik

Phishingaktion gegen Menschenrechtler

Siham Ouchtou
14. Februar 2017

Unter einem Pseudonym nahmen bislang unbekannte Akteure Kontakt zu Menschenrechtlern, Gewerkschaftern und anderen Aktivisten auf. Die verband eines: Sie engagierten sich für Gastarbeiterrechte in Katar und Nepal.

Katar Doha Baustelle Arbeiter
Bild: Getty Images

Es war eine freundliche Mail, die im vergangenen Jahr in den digitalen Postfächern zahlreicher Journalisten, Menschenrechtler, Gewerkschafter und Journalisten eintraf. Die Absenderin nannte sich Safina Malik und stellte sich als begeisterte Streiterin für Menschenrechte vor. Sie wolle, schrieb sie den Adressaten ihrer Mails, mit ihnen in Dialog treten, um über kommende Aktionen zu beraten.

Erst später bemerkten die Angeschrieben, dass sie offenbar Opfer einer so genannten "phishing"-Aktion geworden waren: einer digitalen Kontaktaufnahme unter falscher Identität. Auf diese Weise versuchten die Betreiber des falschen Accounts an die persönlichen Daten der Angeschrieben zu kommen. Sämtliche Adressaten hatten eines gemeinsam: Sie engagierten sich für die Anliegen der Gastarbeiter in Nepal und Katar.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International berichtet in einer frisch veröffentlichten Studie ausführlich über die "Operation Kingphish", wie sie diese in Anspielung auf den Namen der Absenderin, "Malik", auf Deutsch "König", nennt.

Ihr zufolge tritt die angebliche Safina in der digitalen Öffentlichkeit sehr zurückhaltend auf. Ihr einziger Tweet stammt vom Dezember 2014 und besteht aus einem schlichten "Hi". Mehr ist von ihr nicht zu erfahren.

Amnesty schließt nicht aus, dass es sich bei "Safina" um einen gestohlenen Account handeln könnte. Ebenso könnten das dort veröffentlichte Bild einer jungen Frau sowie die ihr zugeschriebene Biographie gestohlen sein. Auch auf anderen Plattformen, etwa Facebook und LinkedIn, ist "Safina" aktiv. Ihr entsprechender LinkedIn-Account hat über 500 Kontakte. Von dort aus standen die Betreiber des Accounts teils über Monate mit ihren Opfern in Kontakt.

Erfundene Person: Eine Seite von "Safina"Bild: Amnesty International

Staatliche Akteure nicht auszuschließen

Amnesty kann nicht sagen, ob hinter der Aktion ein Staat oder eine staatlicher Akteur steht. Allerdings lasse die hohe Präzision und technische Raffinesse der Phishing-Aktion vermuten, dass dies der Fall sein könnte, sagt Sherif Elsayed-Ali, bei Amnesty Leiter der Sektion Technologie und Menschenrechte, im Gespräch mit der DW. Ziel der Aktion sei es, die angeschriebenen Personen auszuspionieren, ihre Arbeit zu sabotieren und Aufschluss über ihre Information und Quellen zu erhalten.

"Es steht fest, dass die Operation in Zusammenhang mit staatlichen Akteuren steht, aber es lässt sich nicht sagen, ob Katar dahinter steht. Es ist bei elektronischen Kampagnen wie dieser schwierig, den Urheber eindeutig nachzuweisen." Auf jeden Fall hätten die Absender die Angeschriebenen ausspionieren wollen.

Es lasse sich aber auch etwas anderes nicht ausschließen: Dass nämlich jemand versuche, den Ruf und das Image Katars zu beschädigen. "Dieser Fall träte ein, wenn das Gerücht die Runde machte, dass Katar Journalisten und Aktivisten ausspioniere."

Katar weist Verantwortung zurück

Amnesty hat die Regierung in Katar um Aufklärung gebeten. Diese erklärte, der Staat hätte mit der Aktion nichts zu tun. Es gehe im Gegenteil darum, den Ruf Katars zu beschädigen. Deshalb werde man versuchen, die Identität der hinter der Aktion stehenden Akteure zu ermitteln.

Es sei ausgeschlossen, dass Katar hinter dieser Aktion stehe, versichert auch Abdallah Bin Hamad El-Adhba, Chefredakteur der katarischen Zeitung Al Shuruq. "Warum sollte Katar so etwas tun", fragt er im Gespräch mit der DW. "Mit solchen Dingen gibt Katar sich nicht ab."

Es gebe für einen solchen Akt keine Rechtfertigung. Katar verzichte auf derartige Aktionen schon deshalb, weil die Türen des Landes Menschenrechtsorganisationen offen stünden. "Sie können auch die Arbeitsplätze der Gastarbeiter unangemeldet besuchen." Katar, ist er sich sicher, werde sich bemühen, die Angelegenheit aufzuklären, sagt El-Adhba.

Anfragen einer Unbekannten: Die Mails von "Safina" an AmnestyBild: Amnesty International

Im vergangenen Dezember hatte Amnesty bereits einen weiteren Untersuchungsbericht veröffentlicht. Dieser befasste sich mit der Aktion einer falschen Menschenrechtsorganisation. Deren Name: "Die schweigenden Opfer". Zwischen dieser und den Phishing-Aktionen bestünden Verbindungen, sagt Amnesty-Mann Sherif Elsayed-Ali. Beide zielten auf internationale Menschenrechtsorganisationen - insbesondere jene, die sich mit den Rechten ausländischer Arbeiter in Katar beschäftigten.

Vorwurf der Ausbeutung

Seit Katar als Ausrichter der Fußballweltmeisterschaft des Jahres 2022 feststeht, befassen sich die internationalen Medien intensiv mit der Lage der in dem Emirat beschäftigten Gastarbeiter. Immer wieder werden Vorwürfe laut, die Arbeiter würden ausgenutzt - insbesondere jene, die auf den Baustellen rund um die Stadien und die sie umgebende Infrastruktur beschäftigt sind.

Amnesty und  andere Menschenrechtsorganisationen beklagen, der Staat überlasse die Arbeiter der Willkür von Arbeitgebern, die die katarischen Gesetze dazu nutzten, die Beschäftigten auszubeuten. Sie missachteten deren Rechte.Selbst vor dem Einsatz von Zwangsarbeit schreckten sie nicht zurück. Ausländische Arbeiter  - die meisten kommen aus Südasien und hier wiederum aus Nepal - stellen über 90 Prozent der Arbeitskräfte von ganz Katar.

Gastarbeiter in Katar schuften unter schwierigen Bedingungen Bild: S. Dalal/Amnesty International

Vorwurf: nur oberflächliche Reformen

Katar hat auf diese Vorwürfe und Kritik reagiert, indem es den privaten Arbeitsmarkt reformierte - insbesondere jenen Teil, der die Belange der Gastarbeiter regelt. Doch Menschenrechtsorganisationen betrachten diese Reformen als "oberflächlich". Aus ihrer Sicht tragen sie nicht dazu bei, die Lage der ausländischen Arbeiter zu verbessern. 

Für Sharif Said Ali von Amnesty International reichen die bisherigen Reformen nicht aus. Diese würden immer noch von den Arbeitgebern kontrolliert. So könnten sie weiterhin darüber entscheiden, ob Gastarbeiter irgendwann ein Ausreisevisum erhalten oder nicht.

So wird die Kritik an Katar nicht abreißen. Nur mit "Safina" wird niemand mehr sprechen.

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