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Modeschöpfer Pierre Cardin ist tot

29. Dezember 2020

Die internationale Modewelt hat eine ihrer Legenden verloren. Ein Platz im Olymp der Pariser Modeschöpfer ist Pierre Cardin sicher. Mit 98 ist er gestorben.

Pierre Cardin ist tot
Bild: MARCOBERTORELLO/AFP/Getty Images

Als Modeschöpfer war der Franzose Pierre Cardin eine Legende - kreativ und äußerst elegant bis ins hohe Alter. Noch an seinem 95. Geburtstag konnte der berühmte Couturier zufrieden auf sein Lebenswerk zurückblicken. Nicht nur für seine futuristischen Entwürfe und zahllosen Modetrends war er berühmt, sondern auch für seinen ausgeprägten Geschäftssinn. Beides hatte er immer selbstbewusst und innovativ für sich eingesetzt. 

Das Geschäftsimperium der Marke "Pierre Cardin" erstreckt sich rund um den Erdball, auch in Russland, China und ganz Asien gibt es Flagstores und Lizenzproduktionen. Mehr als 800 Fabriken und Lizenzen weltweit waren am Schluss die stolze Bilanz nach fast 75 Jahren kreativer Schaffenszeit als Modemacher. Jetzt starb Pierre Cardin im Alter von 98 Jahren in Paris.

Angepasst an die internationale Modekultur: Ein Pierre Cardin-Modell für China aus dem Jahr 2019Bild: picture-alliance/dpa/C. Jianli

Unter seinem Label gibt es mittlerweile nicht nur exquisite Haute Couture, sondern auch bezahlbare Mode von der Stange, Sonnenbrillen, Bademode, Schokolade, Champagnermarken, edles Porzellan und Cardin-Uhren – die in ihrem Retro-Chic weltweit sehr angesagt sind. Es gibt sogar eine Kette von Nobel-Restaurants. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) nannte Cardin einmal den "Weltmeister des Imagetransfers".

Kreatives Ausnahmetalent

Geboren wurde Cardin als Pietro Cardini am 2. Juli 1922 im norditalienischen San Biagio di Callata, ganz in der Nähe von Venedig. Die Familie wanderte aus geschäftlichen Gründen nach Frankreich aus. Der Vater war Weinhändler und sah dort bessere Verdienstmöglichkeiten. Den Geschäftssinn hatte Pierre, als Jüngster von sieben Geschwistern, offenbar geerbt.

Seine ersten Schritte in der Modebranche machte der junge Pietro in seiner Lehre als Herrenschneider in Vichy, das damals noch von den Nazis besetzt war. Nach der Befreiung durch die Alliierten ging der talentierte junge Mann 1945 voller Pläne und Ideen nach Paris - in die Modemetropole, die ihm ganz andere Inspiration versprach. Im bekannten Modehaus Paquin und später bei Schiaparelli heuerte er als Modezeichner an. Dort lernte er auch die knallharte Geschäftswelt der Modebranche kennen.

Coole Sonnenbrillen der Marke Cardin - aus den 1970er JahrenBild: Archives Pierre Cardin

Leben in Pariser Künstlerkreisen

Schnell fand Pierre Cardin, wie er sich jetzt nannte, Anschluss an die Pariser Künstler- und Intellektuellen-Szene. Er entwarf avantgardistische Bühnenkostüme, stattete zusammen mit Regisseur Jean Cocteau Filme und Schauspieler aus und machte sich schnell einen Namen als kreatives Ausnahmetalent. Dort lernte er auch den Modeschöpfer Christian Dior kennen. Er wurde dessen engster Mitarbeiter. 

Im Hause Dior entwarf Pierre Cardin 1947 den berühmten "New Look": ausgeprägte schmale Taille und runde Schulterpartie. Beides unterstrich die Weiblichkeit und wurde zum stilprägenden Modetrend dieser Zeit. Zahllose Modemacher kopierten den Cardin-Style.

1950 konnte sich Pierre Cardin bereits mit einem eigenen Modehaus selbstständig machen - an einer der feinsten Pariser Adressen natürlich. Das blieb zeit seines Lebens sein Stammhaus und immer sowas wie ein Heimathafen für den umtriebigen Cardin. Von dort aus hat er die Modebranche revolutioniert. Neben Paco Rabanne und André Courrèges galt er als Erfinder der futuristischen Mode.

Er ging auch mit der Zeit und war der erste, der elegante Haute Couture als bezahlbare Mode von der Stange in einem Kaufhaus verkaufte. Und er hatte den Ruf, die besten und elegantesten Herrenanzüge und Schneiderkostüme für die Damenwelt anzufertigen.

Typische Cardin-Modelle im Stil der 1970er Jahre (Foto: aus der Ausstellung im Kunstpalast Düsseldorf 2020)Bild: Archives Pierre Cardin

Revolutionäre Entwürfe

Kurz nachdem er 1953 seine ersten beiden Modeboutiquen in Paris eröffnete, wurde das Label "Pierre Cardin" zum lukrativen Anziehungspunkt für gut betuchte Modetouristen aus aller Welt. Hollywoodstars, Vertreter des europäischen Hochadels, bekannte Künstler und Schriftsteller, der gesamte Jet Set seiner Zeit, gab sich die Klinke in die Hand. Ein Cardin-Modell bei der Oscarverleihung war Gold wert für den Geschäftsmann Pierre Cardin.

Aber das Angebot, kreativer Nachfolger für den berühmten Couturier Christian Dior zu werden, schlug der erfolgreiche Modeschöpfer aus. Er hatte eigene Pläne. Für seine sprudelnde Kreativität war die Welt der Laufstege und steifen Haute-Couture-Präsentationen viel zu eng.

Er begann visionäre Möbel zu entwerfen, künstlerisches Interieur und sogar Architekturmodelle. Sein Pariser "Ideen-Laboratorium" schien unerschöpflich: vom Plattenspieler bis zum exklusiven Auto-Interieur war dort alles sehen und zu haben, was gut und teuer war.

Geschäftsimperium ohne Erben

Einen Nachfolger hatte der kinderlose Cardin lange nicht gefunden, die Sorge um seine Nachfolge ließ dem Veteran der Pariser Modebranche bis zuletzt keine Ruhe. Pierre Cardin war einer der reichsten Männer Frankreichs, besaß privat mehrere Villen, ein Schloss und ein halbes Dorf. Jetzt ist der Künstler und berühmte Modeschöpfer im Alter von 98 Jahren in Neuilly bei Paris gestorben.

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