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Pinochet ist tot

Jan-Uwe Ronneburger, dpa10. Dezember 2006

Der chilenische Ex-Diktator General Augusto Pinochet ist im Alter von 91 Jahren gestorben. Er sei am Sonntag im Kreise seiner Familie gestorben, teilte ein Arzt des Militärkrankenhauses in Santiago mit.

Pinochet
Nutzte Krankheit auch, um Prozessen zu entkommenBild: dpa - Report

Vor einer Woche hatte Pinochet einen Herzinfarkt erlitten und war ins Krankenhaus eingeliefert worden. Pinochet hat sich in die kollektive Erinnerung Chiles als gnadenloser Militärdiktator und zugleich als Modernisierer eingebrannt. Auch angesichts seines Todes ist das Land gespalten. Die einen weinen vor Zorn über den Tod ihrer Angehörigen, der nun für immer ungesühnt bleibt, die anderen weinen um den "Retter des Vaterlandes" vor dem Kommunismus. In seinen letzten Lebensjahren verblasste Pinochets Stern jedoch immer mehr. Selbst seine ehemaligen Bewunderer waren durch die Winkelzüge zur Umgehung der Justiz, immer neue Einzelheiten über sein Terrorregime und vor allem über die Affäre um Dollarmillionen auf US-Konten und den Vorwurf der Unterschlagung ernüchtert.

Nachdem Pinochet 2002 wegen Altersdemenz zunächst für verhandlungsunfähig erklärt worden war, verhöhnte er die Opfer seiner Diktatur in Interviews. Die sollten sich mal lieber bei ihm entschuldigen, meinte er einmal. Privat soll Pinochet charmant geplaudert und seine Gäste humorvoll unterhalten haben. Chile aber hielt der General, der sich früher gern hinter einer dunklen Sonnenbrille verbarg, 17 Jahre im eisernen Griff.

3200 Opfer

Der sozialistische Präsident Salvador Allende nahm sich während des Militärputsches am 13. September 1973 das Leben. Bis zum Ende der Diktatur 1990 wurden etwa 3200 Menschen getötet, mindestens 28 000 Menschen hinter Gitter gebracht und gefoltert sowie Hunderttausende ins Exil getrieben. Die Täter wussten, dass sie Verbrechen begingen, denn sie ließen ihre Opfer im Meer, in Vulkankratern oder in anonymen Gräbern verschwinden. Und dass diese Verbrechen von ganz oben angeordnet und nicht Exzesse einiger weniger Untergebener waren, räumen inzwischen sogar Militärs ein.

Neoliberale Politik unter Pinochet

Der Terror ging jedoch Hand in Hand mit der Umwandlung des Landes. Gleich nach dem Putsch begannen junge, in den USA ausgebildete Wirtschaftsexperten, neoliberale Wirtschaftsreformen in die Tat umzusetzen, die ohne die Bajonette der Militärs kaum möglich gewesen wären. Die Wirtschaft Chiles wurde nach einigen Krisen und Kurskorrekturen zur fortschrittlichsten des Subkontinents. Aber auch die Schere zwischen Arm und Reich öffnete sich unter Pinochet immer weiter.

Augusto Pinochet kam am 25. November 1915 in Valparaiso zur Welt. Nach der Schule schlug er die Militärlaufbahn ein. Mit 21 wurde er zum Leutnant befördert und dozierte an der Kriegsakademie Geopolitik und Militärgeographie. 1973 machte ihn dann ausgerechnet Allende kurz vor dem Umsturz im September 1973 zum Heereschef. Nur Tage später putschte Pinochet.

Altersschwachsinn als "Hintertür"

Nach einer verlorenen Volksabstimmung machte Pinochet 1990 dem Christdemokraten Patricio Aylwin Platz auf dem Präsidentensessel. An eine strafrechtliche Verfolgung Pinochets und anderer Militärs war aber zunächst nicht zu denken. Das änderte sich erst, als der greise General im Oktober 1998 in London auf Betreiben der spanischen Justiz festgesetzt wurde, die ihm Völkermord, Terrorismus und Folter vorwarf. Erst nach eineinhalb Jahren Hausarrest konnte Pinochet in die Heimat zurückkehren.

Aber auch dort rückte ihm die Justiz nun zu Leibe. Nur durch die "Hintertür" des Altersschwachsinns konnte er zwei Mal, als ein Prozess vermutlich noch möglich gewesen wäre, einem Strafprozess entgehen. Als bekannt wurde, dass er danach noch Dollar-Millionen dubiosen Ursprungs auf Konten hin- und hergeschoben hatte, wurde er doch wieder für verhandlungsfähig erklärt und stand zuletzt in vier verschiedenen Strafverfahren unter Anklage und Hausarrest. Nach seinem Tod werden die Strafakten Pinochets nun für immer geschlossen. Ob er seinem Volk langfristig als Albtraum oder als Modernisierer in Erinnerung bleiben wird, ist offen. Aber für eine Entschuldigung bei den Opfern ist es jetzt für immer zu spät.

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