Pistolen nach Kolumbien - Manager verurteilt
3. April 2019Das Kieler Landgericht hat drei Manager wegen illegaler Waffengeschäfte zu Bewährungsstrafen verurteilt. Alle drei sind oder waren zeitweise Geschäftsführer des schleswig-holsteinischen Waffenherstellers Sig Sauer aus Eckernförde - und damit verantwortlich für eine rechtswidrige Lieferung nach Kolumbien. Zwei von ihnen erhielten eine Freiheitsstrafe von 18 beziehungsweise zehn Monaten auf Bewährung und müssen ein Bußgeld von je 600.000 Euro zahlen. Der Dritte wurde ebenfalls zu zehn Monaten auf Bewährung und einer Zahlung von 60.000 Euro verurteilt.
Eigentlich war das Urteil erst im Juni erwartet worden. Allerdings hatten Gericht, Verteidiger und Staatsanwaltschaft einen Deal gemacht: Angesichts drohender Verjährung ließ das Gericht sich darauf ein, nur Bewährungsstrafen zu verhängen, wenn die Angeklagten ein Geständnis ablegten und zur Aufklärung beitrugen. Die Staatsanwaltschaft zeigte sich zufrieden und kündigte bereits an, auf Rechtsmittel zu verzichten. Der Rechtsanwalt des Unternehmens will prüfen, ob er Revision einlegt. Die Ermittlungen hatten 2014 begonnen.
38.000 Pistolen für ein Bürgerkriegsland
In der Sache ging es um eine Lieferung von mehr als 47.000 Pistolen vom Typ SP 2022 zwischen 2009 und 2011. Die Waffen sollten an eine Schwesterfirma in den USA gehen und waren dort angeblich für das Privatkundengeschäft bestimmt. So lautete zumindest die Meldung an die deutschen Behörden, die nach Überzeugung des Gerichts "wahrheitswidrig" war. Tatsächlich gingen nämlich mindestens 38.000 dieser Pistolen an die kolumbianische Bundespolizei. Eine Ausfuhr nach Kolumbien schlossen Genehmigungen des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) jedoch aus. Von dem Unternehmen werden nun im Rahmen der sogenannten Gewinnabschöpfung insgesamt gut 11 Millionen Euro abgezogen. Davon betreffen 7,4 Millionen den Standort Eckernförde. Im Bericht über das Geschäftsjahr 2017 verbuchte Sig Sauer den Prozess unter "sonstige Risiken".
"Die Unternehmensgruppe hatte die Möglichkeit, die Waffen günstiger in den USA zu produzieren", sagte Richter Markus Richter in seiner Urteilsbegründung. Allerdings habe Sig Sauer den Standort in Schleswig-Holstein stärken wollen. "Die Kammer ist überzeugt: Die Waffen wären so oder so nach Kolumbien gelangt", sagte Richter.
Kartelle, Guerillas, Waffen
Kolumbien ist Schauplatz mehrerer kleinerer und größerer gewaltsamer Konflikte. In dem Land liefern sich Drogenkartelle, Milizen und Regierungstruppen immer wieder Scharmützel mit insgesamt mindestens 250.000 Toten seit 1990. Nach Angaben der Vereinten Nationen hatten die Konflikte 2016 insgesamt 7,4 Millionen Menschen zu Binnenflüchtlingen gemacht - so viele wie in keinem anderen Land der Welt.
Im gleichen Jahr schloss die damalige Regierung unter Präsident Juan Manuel Santos ein Friedensabkommen mit der Farc-Guerilla. 6500 Kämpfer gaben daraufhin ihre Waffen ab. Die aktuelle Regierung unter Iván Duque ist jedoch mit dem Versprechen angetreten, das Abkommen in wesentlichen Punkten zu ändern. Auch die Sicherheitslage im Land ist von stabilem Frieden noch weit entfernt.
ehl/kle (dpa, afp, Munzinger)