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PolitikKanada

Pistorius wirbt in Kanada für deutsche U-Boote

21. Oktober 2025

Der deutsche Verteidigungsminister will den NATO-Partner Kanada in ein gemeinsames Rüstungsprojekt holen. Die Allianz im Nordatlantik soll stärker werden bei der Abwehr Russlands. Auch Island spielt eine Rolle.

Waffensysteme | Die U-Boote U33, U34 und U36 ragen im Hafen von Eckernförde aus dem Wasser
Exportschlager nicht-atomare U-Boote: 120 davon hat Deutschland seit den 1960er Jahren verkauft. Bild: Morris MacMatzen/Getty Images

Im Verteidigungsministerium in der kanadischen Hauptstadt Ottawa wurden an diesem Montag die norwegische und die deutsche Nationalhymne gespielt. Eine Ehrenkompanie der kanadischen Armee ist - wegen des Dauerregens - im Foyer des Ministeriums angetreten.

Der kanadische Verteidigungsminister David McGuinty gewährt seinem norwegischen und deutschen Amtskollegen, Tore Sandvik und  Boris Pistorius militärische Ehren zum Auftakt einer, wenn man es salopp formulieren will, Verkaufspräsentation.

Sandvik und Pistorius wollen den Kanadier überzeugen, in das bereits seit 2023 laufende deutsch-norwegische Beschaffungsprojekt für moderne einheitliche Unterseeboote einzusteigen und bis zu zwölf Exemplare über die nächsten zehn Jahre zu ordern.

Verhandeln in Ottawa: Kanadas Verteidigungsminister David McGuinty (li.) mit seinen Amtskollegen Boris Pistorius (Mitte) und Tore Sandvik aus Deutschland und NorwegenBild: Bernd Riegert/DW

Ein Deal mit Kanada?

Das wäre ein großer Schub für die deutschen und norwegischen Firmen, die das U-Boot bauen. Mit ihm im Boot könnte man die Stückzahlen erheblich steigern und die Produktion pro Schiff billiger machen, gibt der kanadische Minister David McGuinty zu bedenken.

Nach den Hymnen und dem etwas steifen Abschreiten der Ehrenformation geht es lockerer zu. Die drei Minister scherzen auf dem roten Teppich vor ihren Flaggen. Der kanadische Gastgeber verspricht gute Zusammenarbeit und freut sich, dass alle gekommen sind. Er scheint einem Deal nicht abgeneigt.

Der gemeinsame U-Boot-Bau wäre eine deutliche Stärkung der nordatlantischen Zusammenarbeit im Marine-Bereich, heißt es aus der deutschen Delegation. Deutschland, Norwegen und Kanada haben im vergangenen Jahr förmlich eine "Maritime Sicherheitspartnerschaft" gegründet.

Ein neuer Kalter Krieg

Dänemark ist in diesem Jahr beigetreten. Nach dem Ende des Kalten Krieges hatte man nicht mehr auf Unterseeboote im Atlantik gesetzt. Die deutsche Flotte wurde drastisch verkleinert.

Seit Russland in der Ostsee und im Nordatlantik wieder als starke Bedrohung aufgefasst wird, wächst die U-Bootflotte wieder. Und nicht nur sie. Für den Schutz kritischer Infrastruktur wie Seekabel oder Windparks und für das Aufspüren russischer U-Boote im Nordatlantik verstärken die NATO-Staaten im Norden ihr Engagement, sagte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius.

"Russlands Ambitionen werden nicht im Osten der Ukraine oder an der östlichen Flanke aufhören. Die zivilen und militärischen Kommunikationsstränge durch den Nordatlantik sind für unsere Wirtschaft und unsere Verteidigungsallianz mit Kanada und den USA lebenswichtig, so der deutsche Minister.

"Das macht es umso wichtiger, diese lebenswichtigen Verbindungen gegen potenzielle Angreifer, vor allem Russland und seine Nord-Flotte, schützen."

Islands Außenministerin Gunnarsdottir (li.) bietet bei der Pressekonferenz mit Verteidigungsminister Pistorius (r) Unterstützung für befreundete Truppen auf der nordatlantischen Insel anBild: Bernd Riegert/DW

Von Island aus russische U-Boote aufspüren

Die deutsche Marine soll mit mehr Schiffen in den Gewässern entlang des Polarkreises präsent sein. Spezielle Aufklärungsflugzeuge vom Typ P8 Poseidon, die U-Boote in großen Entfernungen aufspüren können, sollen verstärkt von Island aus eingesetzt werden.

Eine entsprechende Absichtserklärung hatte Boris Pistorius am Sonntag mit der isländischen Außenministerin Katrin Gunnarsdóttir bei einem kurzen Besuch in Reykjavik unterzeichnet.

Auf Island betreibt die US-Marine die große Basis Keflavik, von der aus der Nordatlantik überwacht wird. Verschiedene NATO-Staaten schicken rotierend Aufklärungsflugzeuge nach Keflavik. Die USA hatten die Basis 2006 eigentlich geschlossen, sie wegen der wachsenden russischen Bedrohung aber 2016 wieder eröffnet.

Die isländische Außenministerin Katrin Gunnarsdóttir freut sich über die verstärkte deutsche Präsenz. Da Island, obwohl es NATO-Mitglied ist, keine eigenen Streitkräfte hat, sei jede Unterstützung hoch willkommen. Island bietet als Gegenleistung logistische Hilfe in seinen Häfen, Unterkunft und Übungsgelände für deutsche Soldaten an.

Graphit-Mine in der kanadischen Provinz Quebec: Die Erschließung neuer Bergwerke für seltene Metalle könnte zum Deal gehörenBild: Sebastien St-Jean/AFP/Getty Images

Nicht nur Rüstung, auch seltene Erden

Bei den Beratungen in Kanada geht es Verteidigungsminister Pistorius auch um einen Ausbau der strategischen und wirtschaftlichen Partnerschaft. Die wurde erst im August bei einem Besuch des kanadischen Premier Mark Carney in Berlin mit Bundeskanzler Friedrich Merz besiegelt.

Kanada könnte zum Beispiel mehr Flüssiggas nach Europa exportieren. Deutschland will bei der Erschließung und beim Abbau der begehrten Seltenen Erden helfen.

Die Metalle werden vor allem für hochwertige Elektronik und Chips gebraucht. Von kanadischer Seite hieß es dazu in Ottawa, man habe Interesse daran, sich von China und auch von den USA unabhängiger zu machen.

China dominiert Seltene Erden

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US-Präsident Donald Trump hatte auf Importe aus Kanada hohe Zölle verhängt. Bislang waren die USA mit 75 Prozent des Handelsvolumens der weitaus größte Abnehmer kanadischer Waren und Rohstoffe. Das ändere sich jetzt langsam. Kanada werde sich mehr auf Europa konzentrieren, so kanadische Diplomaten.

Überlastung der Bundeswehr?

Auf die Frage eines Journalisten, ob sich die deutsche Bundeswehr mit ihren vielen Engagements im Ausland, unter anderem in Litauen, in der Ostsee, in Kanada und auf Island, nicht verzetteln würde, antwortete Verteidigungsminister Boris Pistorius mit einem Schmunzeln.

"Das ist ja wieder eine typisch deutsche Frage", meinte er und verwies darauf, dass Deutschland schließlich der größte NATO-Staat in Europa sei. "Wir müssen mehr tragen als andere. Das müssen wir zeigen."

Pistorius erklärte, die Bundeswehr könne nicht überall sein, müsse aber Prioritäten setzen. "So wie andere NATO-Staaten eher nach Süden schauen, in den Mittelmeerraum,  in den Mittleren Osten oder nach Nordafrika," so der Minister, "so haben wir unseren Fokus eben auf der Ostsee, dem baltischen Raum, der Ostflanke und den nordischen Ländern."

Er versichert: "Wir werden in der Lage sein, das alles zu machen mit dem Personal, das wir haben, und dem Personal, was wir bekommen werden."

Russische U-Boote sollen im Nordatlantik aufgespürt und beobachtet werden: Greifen sie kritische Infrastruktur an?Bild: SNA/IMAGO

Noch ist nichts entschieden

Ob Kanada tatsächlich ins U-Boot-Geschäft mit den Deutschen und Norwegern einsteigen wird, ist nach den Gesprächen in Ottawa noch nicht entschieden. Denn Premier Mark Carney reist in einigen Tagen noch nach Südkorea.

Dort erwarte ihn eine große Verkaufspräsentation, heißt es aus kanadischen Regierungskreisen. Auch Südkorea hat Kanada ein Angebot für zwölf neue U-Boote gemacht.

"Unsere Partnerschaft ist aktiv, sie entwickelt sich, und sie ist entscheidend, wenn es darum geht, die globalen Herausforderungen zu meistern", sagte Kanadas Verteidigungsminister David McGuinty nach einem langen Verhandlungstag vieldeutig an den deutschen und den norwegischen Kollegen gerichtet. "Tendenz hoffnungsvoll," war der knappe Kommentar des deutschen Ressortchefs Pistorius.   

Bernd Riegert Korrespondent im Hauptstadtstudio Berlin mit Blick auf Menschen und Politik in Deutschland
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