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Pläne für Radikalumbau der Deutschen Bank

1. Juli 2019

Noch sind alles nur Gerüchte: Die Deutsche Bank will ihr Investmentbanking schrumpfen und bis zu 20.000 Stellen streichen. Ende der Woche könnten Entscheidungen fallen. Branchenkenner bleiben skeptisch.

USA Deutsche Bank
Bild: Imago Images/Ulmer

Es war auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank Ende Mai in Frankfurt. Von "harten Einschnitten", die nötig seien, um Deutschlands größtes Geldhaus wieder auf Kurs zu bringen, sprach Bank-Chef Christian Sewing vor den Aktionären. Konkreter aber wurde er nicht. Zumindest in Andeutungen wurde aber klar, wohin die Reise gehen könnte. Stärkung des Privatkundengeschäfts, Stärkung der Vermögensverwaltung, aber weniger Investmentbanking. Jetzt scheinen die Pläne Gestalt anzunehmen, verschiedenen Berichten zufolge soll der Aufsichtsrat am kommenden Sonntag (7. Juli) darüber entscheiden.

Der Umbau könnte radikal ausfallen, bis zu 20.000 der derzeit noch 91.000 Stellen könnten wegfallen, vor allem im Bereich Investmentbanking. Dort sind derzeit 38.000 Mitarbeiter beschäftigt. Die Sparte schrieb in den letzten beiden Quartalen rote Zahlen. 

Versuchte, die Aktionäre von seinem Kurs zu überzeugen: Deutsche Bank-Chef Christian Sewing bei der Hauptversammlung am 23. MaiBild: Reuters/K. Pfaffenbach

Zurück zu den Wurzeln - zu spät?

Das Geschäft mit Aktien und Anleihen also soll schrumpfen, in Hochzeiten unter dem genialen wie umstrittenen Investmentbanker Anshu Jain die Gelddruckmaschine der Bank. Aber eben auch mit krimineller Energie: Aus den Tricksereien von "Anshus Army", wie die Truppe bankintern genannt wurde, rühren die allermeisten der Straf- und Vergleichszahlungen her, die die Bank in den vergangenen Jahren fast in den Ruin getrieben hätten.

Den Bankenexperten Thomas Hartmann-Wendels von der Universität Köln können die bislang bekannt gewordenen Pläne nicht überzeugen. Zwar sei klar, dass dringender Handlungsbedarf bestünde, sagt er im Gespräch mit der DW: "Mit kosmetischen Eingriffen ist es nicht mehr getan." Insofern habe Bankchef Sewing "jetzt irgendwann mal mit größeren Maßnahmen kommen müssen. Aber die überzeugende Strategie ist noch nicht erkennbar."

Der Markt gerade in Deutschland sei sehr hart umkämpft mit Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die einen hohen Marktanteil hätten und die nah am Kunden seien. Da sei es für alle Banken schwierig, sich in diesem Markt zu behaupten. "Wo da der große Wurf für die Deutsche Bank liegen soll, das ist bislang noch nicht klar geworden."

Die Hüh- und Hott-Strategie

Mit dem Einstieg ins Investmentbanking wollte die Deutsche einst in die Topliga der Bankenbranche aufsteigen. Alles begann vor 30 Jahren mit dem Kauf der Londoner Bank Morgan Grenfell, neun Jahre später - 1998 - folgte die Übernahme von Bankers Trust in New York. Eine Zeit lang liefen die Geschäfte prächtig, Ex-Bank-Chef Josef Ackermann fabulierte gar von einer anzustrebenden Eigenkapitalrendite von sage und schreibe 25 Prozent. Heute wäre die Bank froh, wenn sie vier Prozent schaffen würde: Das ist die momentane Zielvorgabe des amtierenden Chefs Christian Sewing; doch sein Haus ist weit davon entfernt, dieses Ziel zu erreichen. Es wird wohl auch gekappt werden.

Sollten Sewings Pläne die Zustimmung des Kontrollgremiums finden, würde dies vor allem auf eine Stärkung der sogenannten Transaktionsbank hinauslaufen - also den ganz normalen Zahlungsverkehr für Privat- und Geschäftskunden. Bei Zahlungen in Euro sieht sich die Deutsche Bank als Nummer Eins, weltweit wickelt die Bank fünf Prozent des Währungshandels ab. Von einer "Perle des Geschäfts" sprach Sewing jüngst auf der Hauptversammlung. Aber auch hier ist Bankenexperte Hartmann-Wendels skeptisch, "denn auch der Zahlungsverkehr ist ja ein sehr heiß umkämpftes Gebiet, auf dem zunehmend effiziente Fintechs unterwegs sind. Ob nun da die großen Ertragsquellen lauern, ist mehr als fraglich."

Und schließlich eine Bad Bank

Gestärkt werden dürfte auch die Vermögensverwaltung, also das Geschäft mit den Superreichen. Dort wird nicht entlassen, im Gegenteil: Der Leiter der Sparte, Fabrizio Campelli, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, er wolle in den kommenden zwei Jahren 300 neue Manager einstellen. Nicht so gut sieht es für das Privatkundengeschäft aus, die Zahl der Filialen dürfte weiter schrumpfen. Am vergangenen Freitag wurde bekannt, dass bei der Integration der Postbank in die Deutsche Bank wohl weitere 2000 Stellen wegfallen werden. Und nicht mehr benötigte oder zu riskante Finanzinstrumente wie zum Beispiel Derivate (und davon hat die Deutsche Bank reichlich) könnten in eine interne sogenannte Bad Bank verlagert werden, dies war vor kurzem bereits durchgesickert. Insidern zufolge, die die Agentur Reuters zitiert, könnte es sich dabei um ein Volumen von bis zu 50 Milliarden Euro handeln. 

Bleibt als Fazit: Die Deutsche Bank will wieder deutscher werden. Nicht mehr in der Top-Liga der Investmentbanken, in die man es nie wirklich geschafft hatte, sondern Konzentration auf den Heimatmarkt. Das hatte sich zuletzt zumindest in groben Zügen abgezeichnet. Jetzt werden die Konturen schärfer. Aber auch besser? Für Banken-Professor Hartmann-Wendels eine riskante Strategie: "Das wird auch sehr schwierig werden, denn Sparkassen und Volksbanken sind hier sehr gut etabliert und haben auch nie etwas anderes gemacht." Kunden würden diese Häuser als sehr verlässlich empfinden, während man bei der Deutschen Bank "alle paar Jahre eine neue Strategie zu erkennen glaubt und sich die Frage stellt: Wie lange mag das jetzt wieder halten?" 

An der Börse zumindest kommen die Pläne für den Moment gut an. Schon am Freitag konnte die zuletzt so arg gebeutelte Aktie der Deutschen Bank um drei Prozent zulegen, was auch am positiv ausgefallenen zweiten Teil des Stresstests in den USA lag. Am Montag ging es dann für das Paper in der Spitze um weitere zwei Prozent nach oben.

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