Plan B: Editorial
18. Januar 2013Was sie bei der Recherche noch erlebt haben - hier ein paar Eindrücke zum DW-Spezial.
Vom Plan B in Griechenland
In Thessaloniki staunten die DW-Reporter Vera Kern und Christoph Ricking nicht schlecht, als sie Nadia Kalogeropoulou zum ersten Mal trafen: perfekt manikürte Fingernägel, die Röhrenjeans in modischen Lederstiefeln passend zur überdimensionierten Vintage-Brille. Eine alternative Lebenskünstlerin ohne Geld hatten sie sich irgendwie anders vorgestellt. Doch Nadia stellt aus altem Olivenöl Seife selbst her, managt eine Lebensmittelkooperative und verwaltet eine Website für lokalen Tauschhandel. Und auch zum silbern glitzernden Nagellack gibt es eine Erklärung. Der ist von Nadias Schwester, die trotz Krise immer noch einen Job hat - in einem Nagelstudio. Denn Schönsein und würdevoll leben wollen die Menschen auch in Zeiten der Krise.
Vom Plan B in Italien
Wer in der Krise als Unternehmer erfolgreich sein will, muss sich mit Haut und Haaren reinhängen - und etwas Glück haben. Das erlebten Philipp Barth und Antje Binder im süditalienischen Monopoli. Im Auto erfährt dort der junge Flugzeugbauer Angelo Petrosillo, dass ein australischer Kunde mitsamt Kindern über Weihnachten nach Italien kommt - und genau dann ein Flugzeug testen will. Eigentlich unverschämt. Doch der 30 -Jährige greift ohne zu zögern zum Hörer. Es dauert ein wenig, bis seine Mutter einlenkt. Sie wird an Heiligabend für drei Personen mehr kochen müssen. "Ich kann meinen Kunden am Fest doch nicht im Restaurant essen lassen!"
Vom Plan B in Spanien
Wenn das eigene Land tief in der Krise steckt, ist Netzwerken alles. Das wurde den DW-Reporterinnen Vera Freitag und Ruth Krause in Madrid schnell klar. Wie einfach das geht, erfahren sie bereits kurz nach der Ankunft. Um einen Fahrradfahrer in Aktion filmen zu können, brauchen sie ein Tandem. Das ist blitzschnell und kostenlos organisiert - über drei Ecken durch ein Netzwerk. Denn das Tandem vermittelt ein Bäcker aus dem Mercado de San Fernando, einem anderen Drehort. Einzige Bedingung: dass die Beiden auf dem Weg zum Fahrradladen Baguettes austragen. Gerne doch. Schließlich erzählt der Plan B aus Spanien vom Gemeinschaftsgedanken.
Vom Plan B in Irland
Nicht überall springt die Krise sofort ins Auge. Das irische Städtchen Clonakilty wirkt auf den ersten Blick sogar recht idyllisch: Aus den Häusern wabert weißer Rauch, die kleinen Geschäfte und die Pubs sind gut besucht. Doch abends beim Guiness erfuhren die DW-Reporter Michael Hartlep und André Leslie, dass die Bilderbuchidylle trügt. Ein junger Ire erzählt, dass in den letzten drei Jahren alle seine Freunde ausgewandert sind. Er selbst fliege in drei Wochen nach Neuseeland - ohne Rückflugticket. Perspektivlosigkeit und Hoffnung - in Clonakilty gibt es beides. Denn die Kleinstadt ist auch bekannt für ihren regen Tauschhandel, den Clonakilty Favour Exchange. Wie der funktioniert, zeigt eine Plan B-Geschichte aus Irland.
Vom Plan B in Portugal
Keine Frage, es sind schwierige Zeiten in den Euro-Krisenländern. Positive Geschichten, die Mut machen, gibt es - aber natürlich sind da auch die anderen. Wie dicht Erfolg und Misserfolg nebeneinander liegen, haben die DW-Reporterinnen Hilke Fischer und Greta Hamann gleich am ersten Abend in Lissabon erlebt. Die beiden sitzen bei Sauerkirschlikör mit ihren Protagonisten zusammen – es sind ehemalige Lehrer, die ein Start-Up gegründet haben und nun Veranstaltungen für Kinder organisieren. Plötzlich winkt ein Lehrer einen Bekannten herbei. Wie sich herausstellt, kennen die beiden sich aus einem Start-Up-Kurs. Der Bekannte ist gescheitert, die ehemaligen Lehrer sind mit ihrem Start-Up glücklich.
Denn ein Unternehmen zu gründen ist ein mutiger Schritt. Erst Recht, wenn das eigene Land tief in der Krise steckt. Und der Plan B gelingt nicht immer.