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Politik

Petersburger Dialog: Aneinander oder miteinander?

23. November 2017

Im Vorfeld des Petersburger Dialogs am 23.-24. November betont sein Co-Vorsitzender Ronald Pofalla die Bedeutung des Diskussionsforums als letzter offizieller Kommunikationskanal zwischen Deutschland und Russland.

Russland Eine Tafel weist auf den beginnenden Petersburger Dialog hin
Bild: picture-alliance/dpa/U. Zucchi

Zum ersten Mal tagt der Petersburger Dialog, der als deutsch-russisches Diskussionsforum im Jahr 2001 ins Leben gerufen wurde, in Berlin. Das 16. Dialogforum kommt vom 23.-24. November 2017 zusammen. Das Forum mit dem Ziel, die Verständigung sowie einen offenen Dialog zwischen allen Bereichen der Zivilgesellschaften beider Länder zu fördern, findet "in der schwierigsten Phase über zwei Jahrzehnten im Verhältnis zwischen Russland und Deutschland " statt, so der Co-Vorsitzender des Petersburger Dialogs Ronald Pofalla. Der Grund dafür seien "die völkerrechtswidrige Annexion der Krim und der Krieg in der Ostukraine", die für Deutschland "inakzeptabel" bleiben, so der frühere Kanzleramtsleiter unter Angela Merkel (2009 - 2013). Im DW-Interview erklärt Ronald Pofalla, worin er unter solchen Begleitumständen die Aufgabe des Petersburger Dialogs sieht.

Deutsche Welle: Herr Pofalla, was erwarten Sie vom diesjährigen "Petersburger Dialog"

Ronald Pofalla: Ich habe die Erwartung, dass wir eine breite zivilgesellschaftliche Diskussion führen können, in der wir alle kritischen Themen, die völkerrechtswidrige Annexion der Krim, die kriegerische Auseinandersetzung in der Ostukraine bis hin zur schwierigen Lage der Zivilgesellschaft und der freien Medien in Russland ansprechen können.

Da gibt es durchaus Vertreter, die kritisieren auch mich, weil ich mich dieser Diskussion stelle. Die sind der Auffassung, dass ich es zu häufig mache. Ich gebe zu, ich hätte es auch viel lieber, wenn ich mich da mit den Russen regelmäßiger treffen könnte. Bildlich gesprochen nach dem Motto: wir diskutieren schön - sagen wir über die Abfallwirtschaft in Russland und in Deutschland - und anschließend trinken wir ordentlich Wodka miteinander. Unter menschlichen Gesichtspunkten wäre es der schönere Teil der Veranstaltung, aber dann würde ich meiner Aufgabe nicht gerecht. Es gibt Entwicklungen in Russland, die angesprochen werden müssen. Und so bitter es ist, auch wenn das manchmal Stimmungsbrecher sind, wir müssen immer wieder auf die kritischen Punkte aufmerksam machen.

Ronald Pofalla leitet seit zwei Jahren den deutschen Vorstand des Petersburger DialogesBild: DW/N. Jolkver

Es gibt da jetzt eine neue Entwicklung im Umgang mit "ausländischen Agenten" in Russland. Jetzt sollen nicht nur die Nichtregierungsorganisationen, sondern auchdie Medien als "ausländischer Agent" mit entsprechend negativen Konsequenzen belegt werden. Was halten Sie davon und welche Rolle wird dieses Thema beim Petersburger Dialog spielen?

Der Umgang mit den Medien in Russland und der Umgang mit der Zivilgesellschaft sind für uns nicht akzeptabel. Ich werde es in meiner Rede ansprechen. Zu einer freiheitlichen Gesellschaft gehören Pressefreiheit auf der einen Seite und die Möglichkeit zivilgesellschaftlicher freier Arbeit und diese Bedeutung werde ich deutlich machen.

Reden die Mitglieder des Petersburger Dialogs auf der deutschen Seite und auf der russischen Seite eigentlich noch miteinander oder nur übereinander?

Sie reden miteinander und sie streiten auch miteinander, aber das ist ja auch gewollt. Wir wollen miteinander im Disput bleiben, wir wollen feststellen, wo wir gemeinsame Positionen vielleicht entwickeln können, aber wir machen auch deutlich, wo wir noch weit auseinander sind. Das gegenseitige Vertrauen kann nur entstehen, wenn wir miteinander reden. Ich muss ja auch bestimmte russische Positionen ertragen, die ich nicht teile, beispielsweise die russische Position zur Krim. Weil die Russen ja, vereinfacht ausgedrückt, die Auffassung vertreten, das habe ihnen immer schon gehört und das sei nichts Völkerrechtswidriges. Diese Position teile ich nachhaltig nicht. Aber die Russen müssen dann genauso unsere Argumentation ertragen, weil nach unserem Verständnis es eine völkerrechtswidrige Annexion ist.

Tun sie das?

Ich glaube die Russen hatten am Anfang so die Vorstellung, wir kritisieren das Mal und dann gehen wir zur Normalität über. Nein, das werden wir nicht tun. Wir werden immer wieder das Wort erheben und wir werden immer wieder deutlich machen, welches Verständnis wir haben.

Seit gewisser  Zeit wird der Petersburger Dialog nicht mehr von zwischenstaatlichen Regierungskonsultationen begleitet, dafür aber treffen sich zum ersten Mal seit langem die Wirtschaftsminister. Ist es ein Zeichen, dass es langsam wieder aufwärts geht, zumindest in den ökonomischen Beziehungen?

Es ist ein Zeichen, dass trotz der Aussetzung der offiziellen Regierungskonsultationen wegen der Sanktionen es dennoch im Petersburger Dialog möglich ist, Vertreter der Regierungen in Russland und in Deutschland in diesem Dialog zusammen zu bringen und das werte ich als gutes Zeichen.

Erwarten Sie denn bestimmte Fortschritte, was Sanktionen angeht?

Ich glaube, dass die geltenden Sanktionen so lange verlängert werden, bis nicht an dem einen oder anderen Punkt wirkliche Fortschritte erzielt werden. Ich halte das auch für richtig, weil ich einfach glaube, was wäre das jetzt für ein Signal, jetzt Sanktionen zurück zu nehmen, wenn fast täglich Soldaten in der Ukraine getötet werden. Das könnte ich jetzt mit meiner Vorstellung nicht verbinden und ich glaube, dass es auch in der Regierung so gesehen wird.

Welches Ergebnis des Petersburger Dialogs wäre denkbar, bei dem Sie sagen würden: das war gut?

Wenn auf beiden Seiten das Verständnis für die unterschiedlichen Positionen wachsen würde. Mich würde freuen, wenn unser Werben für eine freiheitliche Gesellschaft, für freie Medien, für die zivilgesellschaftliche Arbeit in Russland positiv aufgenommen würde und sich diese sogenannten Agentengesetze dadurch überholen.

Ronald Pofalla (58) war stellvertretender CDU/CSU-Fraktionschef im Deutschen Bundestag, sowie Generalsekretär seiner Partei. Seit 2015 gehört er dem Vorstand der Deutschen Bahn AG an.

Das Gespräch führte Nikita Jolkver

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