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Poker um Assad

Gero Schließ29. September 2015

US-Präsident Obama und der russische Präsident Putin schenkten sich nichts in ihren Reden vor der UN-Vollversammlung. Doch hinter den Kulissen wird gemeinsam an einer Lösung des Syrien-Konfliktes gearbeitet.

Obama und Putin nach ihrem Treffen im vertrauten Gespräch (Foto: picture alliance)
Bild: picture-alliance/dpa

Bleibt Baschar al-Assad oder muss er gehen? Auch bei ihrem abendlichen Treffen am Rande der UN-Vollversammlung, dem ersten seit fast zwei Jahren, können sich Barack Obama und Wladimir Putin erwartungsgemäß nicht auf eine künftige Rolle des syrischen Diktators einigen.

Vorrang der Diplomatie

Doch immerhin scheinen die Präsidenten darin übereinzustimmen, dass nicht Militär und Gewalt, sondern nur Diplomatie den vierjährigen blutigen Konflikt lösen kann. Und beide Seiten sprechen hinterher von einem geschäftsmäßigen, konstruktiven Treffen.

Nach dem konfrontativ verlaufenden Schlagabtausch der beiden vor der UN-Vollversammlung war das nicht unbedingt zu erwarten. Schon am frühen Morgen, als US-Präsident Obama und kurz darauf der russische Präsident Putin ans Rednerpult traten, hatte sich alles auf die eine Frage zugespitzt: mit Assad oder ohne Assad?

Das Lächeln für die Fotografen fiel schwer: Putin und Obama beim Händedruck vor ihrem TreffenBild: picture-alliance/AP Photo

Konfrontation statt Kooperation

Wie ausgebuffte Pokerspieler sandten beide Präsidenten Signale der Stärke und der Entschlossenheit aus und schenkten sich gegenseitig nichts. Die New York Times wird später schreiben, beide hätten sich "ziemlich unverblümt" die Meinung gesagt. Die Tür zu einer diplomatische Lösung für den Syrienkonflikt ist dennoch nicht vollends zugeschlagen, denn so ganz haben sie sich nicht in ihre Karten gucken lassen. "Obama hat definitiv seine Ansicht bekräftigt, den syrischen Diktator aus dem Amt zu entfernen", sagt Paul Schwartz vom Center for Strategic Studies der Deutschen Welle.

Nach den massiven Menschenrechtsverletzungen des "Tyrannen" Assad sei es unmöglich, zum Status quo vor dem Krieg zurückzukehren, hatte Obama argumentiert. Doch der US-Präsident könnte jetzt zumindest bereit sein, den Verbleib Assads für eine gewisse Übergangsperiode zu tolerieren. Das kann man jedenfalls aus jenem Satz des Präsidenten lesen, der überall zitiert wird: "Realismus diktiert manchmal schmerzhafte Kompromisse, aber Realismus diktiert auch einen gestalteten Übergang weg von Assad". Das hatte in den letzten Tagen auch US-Außenminister John Kerry angedeutet und damit einen möglichen Schwenk in der US-Position kommunikativ vorbereitet. "Die Amerikaner sagen, Assad könnte Teil eines Verhandlungsprozesses sein", ist auch die Einschätzung von Malvin Kalb. "Aber an einem bestimmten Punkt muss er sein Amt aufgeben", ist sich der Russlandexperte der Brookings Institution sicher.

Putins Frontalangriff

Der russische Präsident hat in seiner Rede erwartungsgemäß an Assad festgehalten und es als einen "enormen Fehler" bezeichnet, beim Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" nicht mit dem syrischen Machthaber und seinen Militärkräften zusammen zu arbeiten. Und dann zieht Putin vom Leder: Die aus seiner Sicht völkerrechtswidrigen Interventionen des Westens in Libyen und Irak macht er für das gegenwärtige Chaos in beiden Ländern verantwortlich. Das dürfe in Syrien nicht nochmal passieren, sagt er am Ende seiner Syrien-Passage und fordert deswegen eine "umfassende Unterstützung der syrischen Regierung".

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Den Namen Assad erwähnt Putin an dieser Stelle nicht mehr. "Von außen betrachtet mag es einen gewissen Spielraum für Kompromisse geben", sagt Paul Schwartz. Doch mache es Putins Fundamentalkritik an der amerikanischen Nahostpolitik schwer für Obama, dem Russen allzu weit entgegen zu kommen.

Ein "konstruktiver Zug" Putins sei es zumindest gewesen, zur Bildung einer internationalen Koalition im Kampf gegen den "Islamischen Staat" aufzurufen, in denen auch die USA ihren Part spielen könnten, so Schwartz.

Vereint gegen den "Islamischen Staat"?

Beide Präsidenten haben in ihren Reden den Islamischen Staat fast schon dämonisiert, Obama sprach von einer "apokalyptischen" Bedrohung, Putin wies auf die mehreren tausend russischen Kämpfer hin, die bei ihrer Heimkehr ein hohes Sicherheitsrisiko darstellten. "Ich glaube, dass die beiden vermutlich beim Kampf gegen den Islamischen Staat zusammenfinden", meint Paul Schwartz und verweist auf Obamas ausdrückliches Gesprächsangebot an Russland und Iran.

Doch blieb ihm wohl kaum eine Wahl, sagen die meisten Experten: "Putin hat das aus diplomatischer Sicht sehr schlau und sehr effektiv gespielt", erklärt Malvin Kalb. "Es ist sehr schwierig für jeden westlichen Führer, auch für Obama, nicht in irgendeiner Weise mit Putin mitzuziehen". An dem russischen Präsidenten komme mittlerweile keiner mehr im Nahostkonflikt vorbei, sagt Kalb und verweist auf die "erstaunliche Zurschaustellung von militärischem Gerät, das frisch nach Syrien eingeflogen wurde".

Kein Tauschgeschäft bei der Ukraine

US-Präsident Obama hat in seiner Rede nicht durchblicken lassen, ob er russische Kooperationsbereitschaft bei der Befriedung der Syrien-Krise mit Wohlverhalten bei den Ukraine Sanktionen zu honorieren gedenkt. Russland-Experte Matthew Rojanski vom Washingtoner Wilson Center glaubt, "weder Putin noch irgendein anderer hat die Illusion, dass dies zu einer Aufhebung der Sanktionen führt". Auch Schwartz sagt, es werde sich wegen Syrien nichts an den Sanktionen ändern, denn "die USA können nicht einfach zusehen, wenn Russland gegen internationales Recht verstößt".

Doch für viele Beobachter ist es kein Zufall, dass Putins New Yorker Syrien-Initiative just auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise kommt. "Ein Teil der russischen Strategie ist es, die Unterstützung für EU-Sanktionen gegen Russland zu schwächen, indem er sagt, er habe eine Lösung für die Flüchtlingskrise", sagt Paul Schwartz: "Für die EU ist nicht mehr die russische Intervention gegen Ukraine die wichtigste Sicherheitsbedrohung, sondern die Flüchtlingskrise."

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