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Polen: Neuer Präsident Karol Nawrocki vereidigt

Jacek Lepiarz (aus Warschau)
6. August 2025

Der neue polnische Präsident Karol Nawrocki hat sein Amt angetreten. In seiner ersten Rede nach der Vereidigung kritisierte er die proeuropäische Regierung von Donald Tusk scharf. Die Zeichen stehen auf Konfrontation.

Ein Mann in dunklem Anzug (Nawrocki) legt sich die rechte Hand aufs Herz und wendet sich mehreren Personen zu, die halb hinter ihm stehen und ihm applaudieren. Neben ihm steht eine Frau in einem blau-violetten Kostüm und lächelt
Karol Nawrocki und Ehefrau Marta bei seiner Amtseinführung vor der NationalversammlungBild: Damian Burzykowski/newspix/IMAGO

Gut zwei Monate nach seinem Wahlsieg hat der rechtskonservative Historiker Karol Nawrocki am Mittwoch (6.08.2025) in Warschau seinen Amtseid als neues Staatsoberhaupt Polens abgelegt.

Seine Wahl sei ein Signal der Nation an die Politiker, dass man so nicht weiter regieren könne und dass Polen anders aussehen sollte als heute, sagte Nawrocki nach der Vereidigung vor der Nationalversammlung, die sich aus den beiden Kammern des Parlaments, Sejm und Senat, zusammensetzt.

Er warf der Regierung von Donald Tusk vor, ihre Versprechen aus dem Wahlkampf nicht eingelöst zu haben. Die Regierung blockiere oder verzögere Großprojekte wie den neuen Großflughafen bei Warschau, der bis 2028 fertiggestellt sein soll. Außerdem verschulde sie das Land. "Polen befindet sich auf einem sehr schlechten Weg der Entwicklung. Etwas muss sich ändern", sagte Nawrocki unter dem Beifall der Parlamentarier der rechts-nationalen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Jaroslaw Kaczynski.

Karol Nawrocki hält nach seiner Vereidigung seine Antrittsrede vor der polnischen NationalversammlungBild: Damian Burzykowski/newspix/IMAGO

Der parteilose Historiker aus Danzig, der zuletzt Direktor des Instituts des Nationalen Gedenkens (IPN) war, war von der PiS als Nachfolger von Andrzej Duda für das höchste Amt im Staat als "Bürgerkandidat" aufgestellt worden. Am 1. Juni hatte er die Stichwahl gegen den Kandidaten des proeuropäischen Regierungslagers, den Warschauer Oberbürgermeister Rafal Trzaskowski, mit 50,9 zu 49,1 Prozent gewonnen. Sein Vorsprung betrug nur knapp 370.000 Stimmen.

Forderung nach Rückkehr zur Rechtsstaatlichkeit 

"Polen muss auf den Weg der Rechtsstaatlichkeit zurückkehren",  forderte Nawrocki. Er beklagte, dass die von der Regierung durchgesetzten Reformen den von der PiS nominierten Generalstaatsanwalt ausgeschaltet hätten und drohte, dass er keine Richter ernennen werde, die die Verfassungsordnung verletzten.

Die Justiz ist das Hauptfeld der Auseinandersetzung zwischen der Mitte-Links-Regierung unter Tusk und der rechtskonservativen Opposition unter Kaczynski. Die PiS hatte nach 2015 die Gerichte samt Verfassungsgericht unter ihre politische Kontrolle gebracht. Die Tusk-Regierung, die im Dezember 2023 an die Macht gekommen war, versucht seither, die Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen, doch der Prozess verläuft sehr langsam.

"Die Worte des Präsidenten über die Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit sind entweder ein Witz oder Hohn", kommentierte Tusk Nawrockis Auftritt. Gefragt nach der Reaktion seiner Regierung auf die Pläne des neuen Präsidenten sagte der Regierungschef: "Wir schaffen das." Und ergänzte: "Laut Verfassung vertritt der Präsident den Staat, und die Regierung regiert."    

Keine neuen Kompetenzen an die EU

Vor der Nationalversammlung versprach Nawrocki, sein Wahlprogramm mit 21 Punkten umzusetzen. "Nein zur illegalen Migration, ja zur polnischen Währung, nein zum Euro", sagte er und fügte hinzu, dass er die Erhöhung des Rentenalters, derzeit 60 Jahre für Frauen und 65 Jahre für Männer, nicht zulassen werde.

Nawrocki, der im Wahlkampf aus seiner EU-Skepsis keinen Hehl gemacht hatte, betonte die Bedeutung der Souveränität Polens. "Ich bin die Stimme derer, die ein souveränes Polen wollen", erklärte er. Polen solle in der Europäischen Union bleiben, aber "ein Polen, das nicht die EU ist, sondern Polen ist und Polen bleibt."

"Ich werde niemals zulassen, dass die EU Polen Kompetenzen wegnimmt, vor allem in den Bereichen, die nicht in den Verträgen festgeschrieben sind", warnte der rechtskonservative Politiker. Er will sich dafür einsetzen, dass bis 2030 eine neue polnische Verfassung beschlossen wird.

Trumps Verbündeter

Nawrocki sprach sich auch für ein enges Bündnis mit den USA aus. US-Präsident Donald Trump hatte ihn als Kandidaten während seines Wahlkampfs empfangen, sowie schon vor ihm seinen Vorgänger Andrzej Duda. "You will win", hatte Trump zu ihm gesagt. Ein gemeinsames Foto der beiden im Weißen Haus hatte nach Einschätzung von Experten zu Nawrockis Sieg beigetragen.

Karol Nawrocki mit US-Präsident Donald Trump am 1.05.2025Bild: White House/ZUMA Press Wire/IMAGO

In seiner Antrittsrede sprach Nawrocki auch von regionalen Projekten wie der Drei-Meere-Initiative, die Anrainer-Länder von Ostsee, Adria und Schwarzem Meer verbinden soll. Deutschland erwähnte er mit keinem Wort. Im Wahlkampf hatte er sich vehement für weitere Bemühungen um Kriegsreparationen aus Deutschland ausgesprochen.

Nawrocki betonte, dass er dank "freier Wahl einer freien Nation" gesiegt habe, "trotz der Wahlpropaganda, der Lügen, des Polit-Theaters und der Verachtung." Als Christ vergebe er die Verachtung, die ihm entgegengeschlagen sei.

Im Wahlkampf hatten die Medien Nawrocki vorgeworfen, sich eine kommunale Wohnung von einem alten, alkoholabhängigen Menschen erschlichen zu haben. Er wurde auch beschuldigt, suspekte Kontakte zur Danziger Unterwelt unterhalten zu haben. Er selbst gab zu, an gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Hooligan-Gruppen aktiv beteiligt gewesen zu sein. Nawrocki hatte jahrelang Boxsport betrieben und gewisse Erfolge erzielt.

Ziel: Rückkehr der PiS an die Macht

In Polen verfügt das Staatsoberhaupt über mehr Kompetenzen als etwa der Bundespräsident in Deutschland. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, hat Mitspracherecht in der Außenpolitik und kann eigene Gesetzentwürfe einbringen. Mit seinem Veto kann er Gesetze der Regierung stoppen. Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre und kann nur einmal verlängert werden.

Der polnische Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski will zurück an die MachtBild: Marcin Banaszkiewicz/Fotonews/Newspix.pl/IMAGO

Nawrocki hatte wiederholt erklärt, dass die Regierung Tusk die schlechteste Regierung seit der demokratischen Wende von 1989 sei. Sein Ziel sei es, zusammen mit der Opposition das Mitte-Links-Bündnis zu Fall zu bringen. Das Präsidialamt, besetzt vorwiegend mit PiS-Politikern, soll zum alternativen Machtzentrum ausgebaut werden und den Rechtskonservativen um Kaczynski die Rückkehr zur Macht ermöglichen.

"Nawrocki geht in die Schlacht gegen Tusk und leitet den Wahlkampf der Rechten vor der Parlamentswahl ein", kommentiert der Chefredakteur der Tageszeitung Rzeczpospolita, Michal Szuldrzynski. Die Antrittsrede des neuen Präsidenten nennt er "konfrontativ".

Jacek Lepiarz Journalist in der polnischen Redaktion mit Schwerpunkt auf deutsch-polnischen Themen.