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Politik

Polens Abtreibungsrecht "bedeutet Krieg"

27. Januar 2021

Im EU-Land Polen gilt künftig ein nahezu vollständiges Abtreibungsverbot. Die Verschärfung des Gesetzes trat nun in Kraft. Das treibt viele Menschen wieder auf die Straße.

Polen I Proteste gegen Abtreibungsgesetz
Bild: Omar Marques/Getty Images

In Polens Hauptstadt Warschau zogen Demonstrantinnen und Demonstranten mit brennenden Fackeln und Regenbogenflaggen durchs Zentrum. Dabei hielten sie Plakate mit Aufschriften wie "Das bedeutet Krieg" in die Höhe. Auf anderen standen Slogans wie "Ich denke, ich fühle, ich entscheide" und "Hölle der Frauen".

Auch in anderen Großstädten wie Lodz und Stettin (Szczecin) gab es Proteste - ungeachtet des wegen der Corona-Pandemie geltenden Versammlungsverbots. Zu den Demonstrationen aufgerufen hatte die Frauenrechtsaktivistin Marta Lempart. "Macht eurem Ärger heute Luft, wie ihr es könnt", sagte sie.

Polens Oberstes Gericht hatte die Abtreibung schwer fehlgebildeter Föten im Oktober als "unvereinbar" mit der polnischen Verfassung bezeichnet. Damit gaben die Richter grünes Licht für die von der nationalkonservativen Regierung geforderten Verschärfungen. Diese wurden am Mittwoch mit der Publikation im Gesetzesblatt wirksam. Abtreibungen sind somit nur noch legal, wenn die Gesundheit der Schwangeren in Gefahr ist oder die Schwangerschaft das Ergebnis einer Straftat ist.

Ein "Pseudourteil"

Der liberale Warschauer Bürgermeister Rafal Trzaskowski warf der Regierung vor, mit der Veröffentlichung des "Pseudourteils des Pseudogerichts gegen die Mehrheit der Polinnen und Polen" dem Staat bewusst zu schaden. "Es gehen nicht nur Frauen auf die Straße, es ist die ganze Nation, die genug davon hat", so der ehemalige Präsidentschaftskandidat.

Nicht nur wie hier in Warschau folgten viele dem Aufruf der Bewegung "Frauenstreik"Bild: Omar Marques/Getty Images

Gegen die Gerichtsentscheidung hatten schon im Herbst in ganz Polen Zehntausende Menschen demonstriert. Die Proteste richteten sich auch gegen die katholische Kirche, die für den Richterspruch mitverantwortlich gemacht wird.  Bischöfe hatten ein totales Abtreibungsverbot gefordert und das Urteil gelobt.

In Polen gab es zuletzt kaum mehr als 1000 legal vorgenommene Schwangerschaftsabbrüche jährlich. 2019 waren es laut offizieller Statistik exakt 1110, davon waren 1074 mit der schweren Fehlbildung oder Krankheit des ungeborenen Kindes begründet worden. Frauenrechtsorganisationen schätzen, dass pro Jahr etwa 200.000 Polinnen illegal abtreiben oder dafür ins Ausland gehen. Nun wird befürchtet, dass diese Zahl noch steigen wird.

wa/AR (kna, afp, dpa)

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