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Politik

Polens Ex-Staatschefs boykottieren Wahl

30. April 2020

Die Regierungspartei PiS will unbedingt, dass Polen in eineinhalb Wochen einen neuen Präsidenten wählt. Trotz Corona-Pandemie. Nun gibt es auch Widerstand von ehemals höchsten Repräsentanten des Staats.

Der mögliche polnische Wahlbogen vor einem roten Briefkasten (Foto: picture-alliance/NurPhoto/B. Zawrzel)
So könnte der Briefwahlbogen aussehen - wenn die Präsidentschaftswahl in Polen überhaupt stattfindetBild: picture-alliance/NurPhoto/B. Zawrzel

In einem offenen Brief erklärten mehrere frühere polnische Staats- und Regierungschefs, sie würden an der für den 10. Mai geplanten Abstimmung nicht teilnehmen. Sie riefen auch die Bürger zum Boykott auf.

Bei der Abstimmung, die die nationalkonservative PiS-Regierung wegen der Coronavirus-Epidemie als reine Briefwahl abhalten will, handele es sich um eine "Pseudowahl", heißt es in dem gemeinsamen Schreiben, das der Ex-Ministerpräsident Leszek Miller per Twitter veröffentlichte. Unterzeichnet wurde es von den ehemaligen Staatspräsidenten Lech Walesa, Aleksander Kwasniewski und Bronislaw Komorowski sowie von sechs früheren Regierungschefs, die aus verschiedenen politischen Lagern stammen.

Die Opposition in Polen verlangt wegen der Corona-Epidemie und der Einschränkungen des öffentlichen Lebens eine Verlegung der Wahl. Die PiS ist dagegen. Ihr Kandidat, Amtsinhaber Andrzej Duda, kann nach jüngsten Umfragen mit mehr als 50 Prozent der Stimmen rechnen und im ersten Wahlgang gewinnen. Grund ist unter anderem, dass die Opposition wegen des Versammlungsverbots keinen Wahlkampf machen kann, wovon der Amtsinhaber profitiert - der mit Ansprachen zum Kampf gegen das Coronavirus regelmäßig in den Medien präsent ist.

Kurzfristige Änderung des Wahlrechts

Die PiS will den Wahltermin retten, indem sie die Abstimmung ausschließlich per Post abhält. Doch eine dafür nötige Änderung des Wahlrechts wird voraussichtlich erst am 6. Mai dem Parlament zur endgültigen Abstimmung vorliegen - vier Tage vor der Wahl. Zudem gibt es Zweifel daran, ob die polnische Post die logistische Aufgabe bewältigen kann, mehr als 30 Millionen Wahlunterlagen rechtzeitig zuzustellen.

In Schutzmontur: Die Bürgermeisterwahl konnte in der Stadt Aleksandrow Kujawsk am Sonntag im Wahllokal stattfindenBild: picture-alliance/PAP/T. Zmijewski

In ihrem Brief kritisieren die früheren Staats- und Regierungschefs, diese Wahl sei verfassungswidrig. Sie werde weder allgemein noch gleich sein. Es gebe keine Garantie, dass alle Wähler ihre Wahlunterlagen erhalten würden und dass das Wahlgeheimnis gewährleistet bleibe. Auch bedeute eine Wahl in Zeiten der Corona-Epidemie eine Bedrohung für die Gesundheit und das Leben der Bürger. "Wir werden deshalb nicht teilnehmen. Und wir hoffen, dass sich alle Kandidaten und Wähler ähnlich verhalten werden, wenn sie unsere Sorge um eine demokratische Zukunft Polens teilen."

Die früheren Staats- und Regierungschefs schlagen vor, die Regierung solle wegen der Ausbreitung von COVID-19 den Ausnahmezustand ausrufen. Dies würde nach der Verfassung eine Verschiebung des Wahltermins um mehrere Monate bedeuten.

Zuvor hatte bereits der frühere EU-Ratschef und ehemalige polnische Ministerpräsident Donald Tusk an seine Landsleute appelliert, nicht zu wählen. Die Präsidentschaftskandidatin des größten polnischen Oppositionsbündnisses, Malgorzata Kidawa-Blonska, hatte zudem angekündigt, sie ziehe ihre Kandidatur zurück, wenn die Wahl am 10. Mai oder einem anderen Datum ausschließlich per Post abgehalten werden solle.

ust/kle (dpa, afp)

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