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Politik

Polens PiS feiert mit den Nationalisten

12. November 2018

200.000 Menschen erinnerten in Warschau an das Ende der Fremdherrschaft vor 100 Jahren. Den Unabhängigkeitstag feierte die Regierung zum ersten Mal zusammen mit Nationalisten und Rechtsradikalen. Die EU-Flagge brannte.

Polen Demo zum Unabhängigkeitstag | Präsident Duda
Präsident Andrzej Duda: "Genug Platz für alle unter der polnischen Nationalfahne"Bild: picture-alliance/dpa/C. Sokolowski

Mit dem Ende des ersten Weltkriegs erschien auch Polen wieder auf der europäischen Landkarte. 123 Jahre fremder Herrschaft waren zu Ende. Den traditionellen Unabhängigkeitsmarsch der polnischen Nationalisten an diesem Gedenktag nutzte die nationalkonservative Regierungspartei PiS zu einer großen symbolträchtigen Demo: Noch nie waren Regierende und Rechtsextreme zusammen aufmarschiert. Frühere Regierungen hatten sich stets geweigert, die radikalen Gruppen zu legitimieren.

Die traditionellen Feindbilder

Und auch in diesem Jahr waren im radikaleren Teil des Marsches hasserfüllte Parolen zu hören. Zu den Feindbildern gehören traditionell "die Roten", die wenigen ehemaligen kommunistischen Apparatschiks im polnischen Beamtentum, ebenso wie die europäischen Linksliberalen, die als Gefahr für die traditionellen Werte gesehen werden.

Rechtsradikale beim Unabhängigkeitsmarsch in WarschauBild: picture-alliance/dpa/C. Sokolowski

"Wir wollen ein großes katholisches Polen", riefen die Demonstranten. Andere wollten "die rote Bande mit Sichel und Hammer" vernichten. Vergangenes Jahr waren noch aggressivere Transparente zu sehen und Hetzparolen zu hören gewesen, ohne dass es rechtliche Folgen gehabt hätte. Die PiS-Regierung musste sich eine zu große Toleranz für die Nationalisten vorwerfen lassen.

Ohne Krawalle geht es nicht

Obwohl sie dieses Jahr gemeinsam mit der Regierung marschierten, setzten die Nationalisten dennoch ihre eigenen Themen. Ihr Motto hieß diesmal "Gott, Ehre, Vaterland". Mitglieder der radikalen "Allpolnischen Jugend" verbrannten die europäische Flagge. "Weg mit der EU" skandierten sie. Gegen Polizisten und linke Gegendemonstranten flogen Feuerwerke und Flaschen.

Es sollen auch Fahnen der italienischen Forza Nuova gesehen worden sein. Deren Chef Roberto Fiore, der sich selbst als Faschist definiert, hatte voriges Jahr in Warschau gesprochen. Die Mitglieder des polnischen National-Radikalen Lagers (ONR) sind wie immer mit eigenen Fahnen aufgetaucht, obwohl dieses Jahr die Regierungsseite dazu aufgerufen hat, nur weiß-rote Nationalflaggen mitzubringen.

Bild: picture-alliance/dpa/A. Keplicz

Der Tag, der die Nation einen sollte

So sind die PiS-Politiker mit ihrem Versuch gescheitert, aus dem Marsch eine friedliche Demonstration zu machen. "Feiern wir die Freiheit gemeinsam mit der Familie, mit den Nachbarn. Auch mit den Leuten, mit denen wir im Alltag nicht in allem einig sind", hatte Premierminister Morawiecki appelliert, und Familien in die Regierungskanzlei zum gemeinsamen Feiern eingeladen.

Auch Familie Kozak war dabei. Seit 13 Jahren leben die 40-jährigen mit ihrem Sohn in Schottland und gehören damit den 2 Millionen Polen, die nach Polens EU-Beitritt 2004 das Land für eine besser bezahlte Arbeit im Westen verlassen haben. "So etwas erlebt man einmal im Leben, das wiederholt sich nicht mehr. Wir sind extra nach Warschau zum Unabhängigkeitsmarsch eingeflogen", sagte Bartosz Kozera, der als Bauarbeiter sein Geld verdient.

"Ich habe ständig Sehnsucht nach der Heimat, zu Hause in Schottland bewahre ich ein Säckchen mit Erde aus Polen auf", erzählte seine Frau Kamila. Die politischen Kontroversen rund um den Gedenktag bereiteten ihnen zwar Sorgen, dennoch hatten sie keine Bedenken, gemeinsam mit den Nationalisten zu marschieren. Sie wollten sich nicht "provozieren lassen", sie würden es friedlich tun.

Die politischen Spaltungen

Das hören PiS-Politiker gerne. Polen war noch nie so polarisiert wie unter der derzeitigen Regierung, die nun die Gesellschaft einigen will. "Ich bin fest davon überzeugt, dass es unter der polnischen Nationalfahne genug Platz für alle gibt, unabhängig von den Ansichten", sagte Präsident Andrzej Duda während der Feierlichkeiten am Grab des Unbekannten Soldaten in Warschau. Dabei hatte er bei der Aufzählung der Gäste den in der dritten Reihe stehenden EU-Ratspräsidenten Donald Tusk glatt ausgelassen.

Das konnte man als Revanche für die harten Worte auffassen, die Tusk zuvor auf einer Veranstaltung in Lodz fallen ließ. Dort hatte er die euroskeptischen Populisten als "Bolschewiki von heute" bezeichnet, die eine Bedrohung für die Unabhängigkeit des Landes darstellten, aber zu besiegen seien. Eine klare Kampfansage an die PiS.

Gleichzeitig kündigte seine Partei Bürgerplattform einen eigenen Unabhängigkeitsmarsch für 2019 an. Die Zahl der Veranstaltungen könnte also wachsen. Auch wenn die Politiker von links bis rechts den einigenden Charakter des Unabhängigkeitstages betonen: Der 11. November bleibt wohl noch lange ein Feiertag, der die Polen eher spaltet als versöhnt.

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