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Politik

Polens Richter-Zwangspensionierung rechtswidrig

20. Juni 2019

Polen droht im Streit über seine Justizreform eine weitere Niederlage vor dem EuGH. Durch die Regeln zur Zwangsverrentung für Richter würde unter anderem die Unabhängigkeit der Justiz untergraben, so der Generalanwalt.

Europäischer Gerichtshof - Rundfunkgebühren
Bild: picture alliance/dpa/T. Frey

Das neue polnische Pensionsgesetz für Richter verstößt nach Auffassung des Generalanwaltes am Europäischen Gerichtshof (EuGH) - trotz kleinerer Änderungen im vergangenen Jahr - gegen EU-Recht. Der zuständige Generalanwalt Evgeni Tanchev moniert: Zum einen verstoße das unterschiedliche Pensionsalter für Männer und Frauen an ordentlichen Gerichten gegen das Diskriminierungsverbot. Zum anderen werde die Garantie der Unabsetzbarkeit von Richtern verletzt und damit die Unabhängigkeit der Justiz. Im Schlussantrag des Generalanwaltes wird zudem bemängelt, dass einem Mitglied der Exekutive - nämlich dem Justizminister - ein Ermessen über die Verlängerung der Amtszeit gewährt wurde.

Das ist noch kein Urteil, aber die EuGH-Richter folgen ihren Gutachtern meistens dem Generalanwalt. Der EuGH in Luxemburg ist das höchste rechtsprechende Organ der Europäischen Union. Das Urteil wird in einigen Wochen erwartet.

EuGH-Urteil zu Polens Oberstem Gericht kommt am Montag

In einem anderen Verfahren zum Justizstreit mit Polen steht indes bereits am Montag eine Entscheidung an: Dabei geht es ebenfalls um die Absenkung des Pensionsalters, in dem Fall aber am Obersten Gericht Polens. Diese Regelung hat der EuGH voriges Jahr bereits per Eilentscheidung gestoppt; er entscheidet nun in der Hauptsache. Gegen beide Regelungen hatte die EU-Kommission wegen Verstößen gegen die Gewaltenteilung geklagt.

2017 hatte die von der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) geführte Regierung das umstrittene Gesetz vorgelegt. Das Pensionsalter für Richter an ordentlichen Gerichten, Staatsanwälte und Richter am Obersten Gericht wurde von 67 auf 65 Jahre für Männer und auf 60 für Frauen herabgesetzt. Dies wurde genutzt, um etliche Richter in den Ruhestand zu schicken, darunter auch die Präsidentin des Obersten Gerichts, Malgorzata Gersdorf, die sich weigerte, ihren Posten aufzugeben.

PiS-Politik seit 2016 im Visier der EU

Die EU-Kommission geht seit Anfang 2016 wegen mehrerer Justizreformen gegen Polen vor. Sie wirft der Regierung in Warschau vor, die Unabhängigkeit der Justiz zu beschneiden und die Gewaltenteilung zu untergraben. In Polen war es wiederholt zu Massenprotesten gegen die Justizreform gekommen. 

Opposition und Bürgerrechtler im Land werfen der Regierung vor, regierungskritische Juristen aus dem Amt drängen zu wollen. Unter der PiS steuere Polen 30 Jahre nach Ende des Kommunismus' auf autoritäre Verhältnisse zu. Durch Veränderungen bei Personal und Rechtsvorschriften habe die PiS de facto die Kontrolle über weite Teile der Justiz übernommen, darunter die Staatsanwaltschaft und das Verfassungsgericht. Die Regierung argumentierte, die Veränderungen seien nötig, um die Arbeit an den Gerichten effizienter zu gestalten und Hinterlassenschaften des kommunistischen Regimes zu beseitigen. 

qu/sti (rtr, dpa, afp)

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