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Polit-Poker in Kirgisien

28. März 2005

"Wir lieben Kirgisien", sagte der Akademiker Burul Usmanalijewa. "Wir wollen eine demokratische Gesellschaft, wir wollen einen anständigen Präsidenten." Bis dahin ist der Weg allerdings noch weit.

Ausschreitungen und Plünderungen blieben nicht ausBild: AP


Der kirgisische Oppositionspolitiker Bolot Aidarow macht es sich im Sessel des gestürzten Präsidenten Askar Akajew bequem. Auf die Frage, wer auf Dauer im Präsidentenbüro sitzen soll, antwortet er ohne zu zögern: "Kurmanbek Bakijew. Er ist nicht zurückgewichen, die anderen waren zu feige." Bakijew wurde am 25. März zum Übergangspräsidenten und Regierungschef ernannt. Seine Legitimität ist nach wie vor unklar, da Akajew in einer Stellungnahme betonte, er sei nicht zurückgetreten.

Parlament in KirgisienBild: AP

Bevor also in Kirgisien ein neuer Präsident gewählt werden kann, muss nach Ansicht von Parlamentspräsident Omurbek Tekebajew zunächst der Rücktritt des gestürzten Staatschefs Askar Akajew geklärt sein. Vertreter der scheidenden Volksvertretung, des neuen Parlaments und der Übergangsregierung müssten einen Ausschuss bilden und mit Akajew reden, um seinen formalen Rücktritt zu erlangen, sagte der Präsident des neu gewählten Parlaments. Dies sei nötig, "um den Zerfall des Staatsapparates zu stoppen". Erst wenn Akajew zurücktrete, könne ein Termin für eine Neuwahl festgelegt werden. Formal sind für den 26. Juni Neuwahlen angesetzt.

Seit Ostersamstag ringen in Bischkek zwei gewählte Parlamente um die Amtsgewalt. Im Parlamentsgebäude trafen sich in einem Raum die Abgeordneten, die schon vor der umstrittenen Wahl im Amt waren, und die neu gewählten in einem anderen. Nach tagelangen Streit um die Rechtmäßigkeit des kirgisischen Parlaments löste sich das Unterhaus in der "alten Besetzung" auf. Man habe sich dazu "im Interesse des Landes und um die Stabilität zu verteidigen" entschlossen, teilte Parlamentspräsident Ischinbai Kadirbekow mit.

Gerangel um Präsidentenposten hat begonnen

Bakijew sowie dem jahrelang inhaftierten Ex- Geheimdienstchef Felix Kulow werden beste Chancen zugerechnet, das Pokerspiel um die Präsidentschaft unter sich auszumachen. Beide Politiker gelten als radikale Nationalisten, die nach westlicher Maßgabe schwerlich als Demokraten zu bezeichnen sind.

Kurmanbek Bakijew, neuer Übergangsstaatschef in KirgisienBild: AP

Kurmanbek Bakijew (55): Der amtierende Regierungschef ist der "starke Mann" des islamisch geprägten Südens Kirgisiens. Er stammt aus der Region Osch, in der die Opposition schon Wochen vor dem Umsturz in der Hauptstadt das Sagen hatte. Wie sein Konkurrent Kulow gehörte auch Bakijew lange Zeit zum Umfeld des bisherigen Präsidenten Askar Akajew. Bakijew war von Dezember 2000 bis Mai 2002 Regierungschef. Später ging er in die Opposition und führte die Partei Volksbewegung Kirgisiens an. Bakijew genießt im russisch geprägten Norden Kirgisiens wenig Rückhalt.

Felix KulowBild: AP

Felix Kulow (56): Der einst populärste Oppositionspolitiker saß auf Anordnung des gestürzten Staatschefs Akajew mehrere Jahre im Gefängnis und wurde unmittelbar nach dem Umsturz freigelassen. Auslöser für Kulows Verhaftung war dessen Kandidatur bei der Präsidentenwahl 2000. In den 1990er Jahren galt Kulow noch als enger Vertrauter Akajews. Von 1991 bis 1999 hatte er das Amt des Vizepräsidenten inne. Der ehemalige Geheimdienstchef Kulow soll bis heute enge Verbindungen zu den Sicherheitsdiensten des Landes haben. Er kann vor allem auf Anhänger in Bischkek sowie dem gesamten Norden des Landes zählen. Nach dem Sturz von Akajew wurde Kulow zum neuen Sicherheitschef berufen. Jüngste Beteuerungen Kulows, kein Interesse am Präsidentenamt zu haben, glaubt man ihm nicht so recht. (arn)

Bild: AP/SO