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Politdrama und Liebesfilm: "Heiße Erde"

Jochen Kürten
1. April 2017

US-Regisseur Robert Rossen zeichnete in seinem Film "Heiße Erde", mit Harry Belafonte in der Hauptrolle, ein komplexes Bild über Rassismus. Damit traute er sich was, denn 1957 war das in den USA noch ein Tabuthema.

Filmstill Heiße Erde von Robert Rossen
Bild: PIDAX

Es ist ein guter Zeitpunkt Robert Rossens Film "Heiße Erde" (Originaltitel: "Island in the Sun") aus dem Jahre 1957 wieder zu sehen. Das Thema Rassismus im Kino ist gerade in aller Munde. Nach den Protesten vieler Schauspieler und Regisseure im vergangenen Jahr, die sich gegen die Missachtung schwarzer Filmschaffender bei der Oscarverleihung richteten, leistete die Oscar Academy in Hollywood in diesem Jahr Abbitte. Sie verlieh dem Film "Moonlight" den Oscar für den besten Film. Das herausragende Werk von Regisseur Barry Jenkins wurde ausschließlich mit afroamerikanischen Darstellern besetzt.

In den Kinos laufen zudem gerade zwei Filme, die zum großen Kino-Thema dieser Tage passen: Raoul Pecks packende Dokumentation "I Am Not Your Negro" über Rassismus in den USA sowie "A United Kingdom", der die historisch verbürgte Liaison eines afrikanischen Prinzen aus Botswana und einer weißen Büroangestellten aus London schildert.

Robert Rossen bricht mit "Heiße Erde" ein Tabu

Fast 60 Jahre zuvor hatte sich der amerikanische Drehbuchautor und Regisseur Robert Rossen an ein damaliges Tabuthema gewagt. Mitte der 1950er Jahre galt in Hollywood das ungeschriebene Gesetz, gemischtrassige Paare auf der Leinwand zu meiden. "Heiße Erde" spielt auf der fiktiven Karibikinsel Sankt Marta zur Zeit der britischen Kolonialherrschaft.

Rossen fächert eine breite Palette an politischen und gesellschaftlichen Konflikten sowie privaten Affären und Liebesbeziehungen auf, als da wären: Der weiße, von krankhafter Eifersucht besessene Plantagenbesitzer Maxwell Fleury (James Mason), wird von einem Journalisten mit seiner Abstammung konfrontiert. Fleury muss anerkennen, dass die eigene Großmutter von Schwarzen abstammt. Der charismatische, schwarze Politiker David Boyeur (Harry Belafonte) will das Bewusstsein der Inselbevölkerung für die Rassenproblematik schärfen und stellt sich zur Wahl.

Erinnert an den jungen Barack Obama: Belafonte als aufstrebender PolitikerBild: PIDAX

Gleichzeitig bahnt sich ein Verhältnis zwischen ihm und Mavis Norman (Joan Fontaine) an, einer zur weißen Oberschicht gehörenden Frau. Dazu bändelt Davids frühere schwarze Freundin Margot Seaton (Dorothy Dandridge) mit einem Vertreter der britischen Kolonialherrschaft an. Dies sind nur die wichtigsten Protagonisten in dem Ensemblefilm mit einer Vielzahl an weiteren Charakteren und komplexen Handlungskonstellationen.

"Heiße Erde" löst Proteste in den Südstaaten aus

"Der reich mit Stars beladene Film nach Alec Waughs Roman 'Island in the Sun' steuert das Farbigen-Problem nur scheinbar an", urteilte das Magazin "Der Spiegel" nach der deutschen Premiere im September 1957 streng. "Nie lässt der Produzent es zu einer schwarz-weißen Umarmung oder gar zu einem Kuß kommen." Dass das "bunte Breitwandepos in den amerikanischen Südstaaten Drohbriefe und Proteste ausgelöst haben soll", sei "mit hiesigen Begriffen nicht zu fassen." Leider, so muss man heute konstatieren, galten in manchen Regionen der USA in den 1950er Jahren andere Moral- und Wertevorstellungen, als es sich "Der Spiegel" in West-Deutschland damals offenbar vorstellen konnte.

Friedlich vereint - aber nur zum ScheinBild: PIDAX

Schaut man sich den weiteren Verlauf der Geschichte des Rassismus in den USA an und weitet den Blick auf das heutige Amerika unter einem Präsidenten Donald Trump, so lässt sich auch feststellen: Zwar hat sich die Gesetzeslage in den allermeisten Bereichen zum Guten verändert, doch Vorurteile in den Köpfen vieler Menschen wurden damit nicht ausgemerzt. Insofern war "Heiße Erde" tatsächlich ein mutiges filmisches Unterfangen.

Karriereknick für den Regisseur

Für seinen Regisseur Robert Rossen war "Heiße Erde" damals ein weiterer Versuch, im Filmgeschäft wieder Fuß zu fassen. Rossen war in den 1940er Jahren einer der bestbezahlten Drehbuchautoren Hollywoods. Auch als Regisseur hatte er Erfolg. 1950 erhielt er den Oscar für den Film "All the King's Men" ("Der Mann, der herrschen wollte") in der Königskategorie "Bester Film". Doch Rossen war 1937 in die Kommunistische Partei der USA eingetreten und war dort zehn Jahre Mitglied. Das wurde ihm in der aufgeheizten Nachkriegsära zum Verhängnis. 1951 wurde Rossen vor das "Komitee für unamerikanische Umtriebe" geladen, weigerte sich dort aber zunächst, Namen zu nennen.

"Heiße Erde" mit heißer Affäre Bild: PIDAX

Doch es führte dazu, dass Rossen als Kommunist denunziert wurde. Seine Produktionsfirma kündigte die Zusammenarbeit auf. Der Regisseur wurde zunehmend in Hollywood isoliert. Er hielt dem Druck nicht stand.

1953 erschien er abermals vor dem Ausschuss und gab nun Namen preis. Das wurde ihm dann ebenfalls zum Verhängnis. Viele ehemalige Mitstreiter distanzierten sich aufgrund dieses Auftritts von ihm.

Rossen sucht sein Glück in Europa

Daraufhin ging Rossen nach Europa und suchte sich dort Produktionsfirmen, drehte zunächst in Italien und Spanien. Sein dritter Film nach der verhängnisvollen Aussage war dann "Heiße Erde", der in gewisser Weise heute auch als eine Verarbeitung von Rossens persönlicher Geschichte erscheint.

Sehenswert ist der Film darüber hinaus aus zweierlei Gründen. Es war einer der besten Auftritte des kürzlich 90 Jahre alt gewordenen Sängers Harry Belafonte als Schauspieler. Und: Der von Belafonte gesungene Titelsong des Films ist auch heute noch ein Ohrwurm.

Robert Rossen: Heiße Erde (Island in the Sun), mit Harry Belafonte. James Mason, Dorothy Dandridge, Joan Fontaine, Joan Collins, Stephen Boyd u.a., USA 1957, 114 Minuten, auf DVD bei Pidax erschienen.

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