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Politik entdeckt junge Flüchtlinge

Volker Wagener6. Februar 2015

Die Politik entdeckt die jungen Flüchtlinge und Asylbewerber. Die 16- bis 35-Jährigen sollen länger bleiben und sogar eine Ausbildung ablegen dürfen. Ein humanitärer Vorstoß, aber nicht nur.

Symbolbild minderjährige Flüchtlinge
Bild: picture-alliance/dpa/B. Roessler

Politischer Konsens zwischen Länder-Ministerpräsidenten unterschiedlicher Parteien ist ein eher selten zu beobachtendes Phänomen. Umso mehr lässt aufhorchen, dass sich der grüne Winfried Kretschmann (Baden-Württemberg), die sozialdemokratische Malu Dreyer (Rheinland-Pfalz) und der konservative Volker Bouffier (Hessen) ab sofort für junge Flüchtlinge stark machen wollen. Ein erster Schritt ist getan, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat einen Brief erhalten. Alle drei fordern von der Regierungschefin eine deutliche Verlängerung des Bleiberechts für die rund 55.000 jüngeren der insgesamt etwa 130.000 Flüchtlinge, die allein in 2013 nach Deutschland gekommen sind.

Was wirtschaftlich von Vorteil ist, ist auch humanitär

Initiator des parteiübergreifenden Vorstoßes ist ausgerechnet Winfried Kretschmann, der noch im vergangenen Jahr zum Ärger seiner grünen Parteibasis, einer Verschärfung des Asylrechts zugestimmt hatte. Nun soll nachjustiert werden. Führende Wirtschaftsvertreter drängen seit langem darauf, das Potential junger Flüchtlinge und Asylbewerber für Industrie und Handwerk zu nutzen.

Der Brief der Ministerpräsidenten an die KanzlerinBild: DW/P. Henriksen

In dem gemeinsamen Brief der drei Länderchefs werden der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Erik Schweitzer und Hans Peter Wollseifer, der Handwerkspräsident als Kronzeugen genannt. Beide wollen erreichen, dass junge Flüchtlinge mindestens fünf Jahre Perspektive in Deutschland haben sollen. Voraussetzung dafür sei eine dreijährige Lehre an die sich dann ein mindestens zweijähriger weiterer Aufenthalt anschließen soll.

Ausbildung „wichtige Voraussetzung für erfolgreiche Integration“

Verwiesen wird in dem dreiseitigen Brief auf die Probleme der Betriebe, die in den letzten Jahren nicht immer alle Ausbildungsplätze besetzen konnten. Selbst wenn Lehrlinge gefunden wurden, war dies nach gemachter Erfahrung nicht immer die Garantie dafür, dass die begonnene Ausbildung auch bis zum Ende durchgehalten wurde. Unter den rund 55.000 jüngeren Flüchtlingen seien viele, die von Industrie und Handwerk dringend benötigt würden, schreiben Kretschmann, Dreyer und Bouffier.

Und die Zahl derer, die nach Deutschland flüchten, steigt weiter. Allein für das laufende Jahr wird mit mehr als 200.000 Menschen gerechnet, die einen Erstantrag auf Asyl stellen werden. Darunter wieder eine hohe Zahl unter 35 Jahren mit ausbaufähigen Kompetenzen. Kritisiert wird in dem Ministerpräsidentenbrief die aktuelle Rechtslage für junge Asylbewerber und Geduldete. Die derzeitige Gesetzeslage verschafft den Betroffenen keinerlei Sicherheit, dass sie während einer begonnenen Ausbildung nicht abgeschoben werden. Die Bundeskanzlerin möge sich, so fordern es die drei Unterzeichner, für ein befristetes Bleiberecht einsetzen. Die Initiative steht auch vor dem Hintergrund einer kontroversen Diskussion innerhalb der Großen Koalition über ein eigenes Gesetz, das die Zuwanderung nach Deutschland regeln soll. Insofern könnte der parteiübergreifende Vorstoß von Kretschmann, Dreyer und Bouffier die Konsenssuche beschleunigen.

Winfried Kretschmann macht sich für Flüchtlinge starkBild: picture-alliance/dpa/Jens Büttner
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