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Politik

Ramstein und die US-Drohnen

Jennifer Wagner
14. März 2019

Die US-Militärbasis Ramstein ist umstritten. Die Bundesregierung fängt sich immer wieder Kritik ein, vor allem wenn es um US-Drohneneinsätze von hier aus geht. Die Drohnen sind jetzt Thema vor Gericht.

Ramstein Air Base bei Nacht
Bild: Getty Images/AFP/J.-C. Verhaegen

Befehl, Klick, Tod? Drohnen, die töten können, sind umstritten. In Nordrhein-Westfalen werden nun am Oberverwaltungsgericht Münster zwei Verfahren verhandelt, bei denen es um tödliche Drohnenangriffe der USA geht. Drei Jemeniten haben geklagt, ebenso wie ein Somalier - und zwar gegen die Bundesrepublik. Die Kläger haben nach eigenen Angaben Angehörige durch US-amerikanische Drohnen in ihren Heimatländern verloren. Die Angriffe sollen über den US-Militärstandort Ramstein erfolgt sein, weshalb die Geschädigten die Bundesregierung mit in der Verantwortung sehen.

Ramstein: Das ist ein Militärstandort, über den nicht sonderlich viel bekannt, der aber äußerst umstritten ist. Die Militärbasis liegt in der Nähe von Kaiserslautern in Rheinland-Pfalz und ist Teil der Kaiserslautern Military Community.

In dieser Gemeinschaft leben laut Angaben der Internetseite der Air Base Ramstein mehr als 54.000 US-Amerikaner: Militärs, Angehörige, Rentner. Damit ist der Standort in Rheinland-Pfalz die größte militärische US-Präsenz außerhalb der USA.

Signale an Drohnen weiterleiten

Ramstein wird vor allem als Drehscheibe für Transporte des US-Militärs genutzt. Aber was sonst noch innerhalb Ramsteins vor sich geht, weiß keiner außer den ausführenden Personen. Wenige Informationen dringen nach außen. So ließen auch die wenigen Details über eine mögliche Koordinierung von Drohneneinsätzen von Ramstein aus lange auf sich warten. 2016 berichtete Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt, im Bundestag dann: Die USA hätten dem Auswärtigen Amt mitgeteilt, dass die Basis in Rheinland-Pfalz als Fernmelde-Relaisstation für den Datenverkehr mit unbemannten Luftfahrzeugen genutzt werde.

Marcel Dickow leitet die Forschungsgruppe Sicherheitspolitik der SWPBild: Stiftung Wissenschaft und Politik

Das bedeutet: Funksignale werden automatisch empfangen und weitergeleitet. Laut Marcel Dickow, sicherheitspolitischer Experte bei der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik, kommen sie "vermutlich per Glasfaser aus den USA" und werden dann per Satellit an die Drohnen weitergegeben. "Weitere operative Funktionen sind unklar", sagt Dickow.

Um Drohneneinsätze in Pakistan, Afghanistan oder auch im Jemen direkt aus den Vereinigten Staaten zu steuern, ist die Distanz zu groß. Deshalb sind die US-Amerikaner auf den Stützpunkt Ramstein angewiesen, um die Daten aus den USA an den Zielort weiterzuleiten. Zudem plane und überwache US-Militärpersonal in Ramstein Luftoperationen und werte diese später aus, berichtete Staatsminister Roth.

"Keine Kenntnisse"

Bis zu Roths Bericht beharrte die Bundesregierung stets darauf, "keine Kenntnisse" von den Operationen der USA von Ramstein aus zu haben. Sowohl Roth als auch später Sprecher der Bundesregierungbetonten zudem immer wieder, dass unbemannte Luftfahrzeuge von Ramstein aus weder gestartet noch gesteuert würden. So heißt es auch heute noch aus dem Auswärtigen Amt auf Nachfrage der DW.

Zudem verwiesen die Sprecher der Bundesregierung in den vergangenen Jahren mehrfach auf die Zusicherung der USA, dass die Aktivitäten in ihren Militärliegenschaften in Deutschland "im Einklang mit geltendem Recht erfolgen". Auch das Auswärtige Amt bestätigte dies erneut: "Wir stehen im regelmäßigen Austausch mit unseren US-Partnern zu politischen, militärischen und rechtlichen Fragen der US-Streitkräfte in Deutschland. Dies schließt das Verständnis ein, dass die USA bei ihren Aktivitäten in Ramstein - wie in Deutschland insgesamt - deutsches Recht achten", heißt es. Das legt zudem Artikel 2 des NATO-Truppenstatutes fest.

Gefahr für transatlantische Beziehungen

Für Marcel Dickow ist jedoch klar: Die Bundesregierung will überhaupt nicht so genau wissen, was in Ramstein vor sich geht. "Die transatlantischen Beziehungen sollen nicht verschlechtert werden", so der Experte. "Der Anti-Terror-Kampf war immer ein strittiges Thema. Das liegt daran, dass Deutschland Teile des US-amerikanischen Anti-Terror-Kampfes nicht mittragen kann und nicht mittragen will." Deshalb habe die Bundesregierung wohl bisher jede Gelegenheit ausgelassen, mehr Licht ins Dunkel zu bringen - zum Beispiel im Snowden-Untersuchungsausschuss. 

Gefahr aus der Luft: eine US-Drohne in Afghanistan (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/N. Shirzada

Eine andere Gelegenheit hätte sich 2015 geboten, als die Jemeniten und der Somalier, die in Münster klagen, erstmals versuchten, die Bundesregierung für den Tod ihrer Angehörigen mitverantwortlich zu machen. Damals hatte das Verwaltungsgericht Köln in erster Instanz entschieden, die Bundesregierung sei nicht verpflichtet, der USA die Nutzung von Ramstein für Drohnenangriffe im Jemen zu verbieten. Denn auch 2015 sagten Vertreter des Bundesverteidigungsministeriums aus, sie hätten keine Kenntnisse darüber, ob die US-Militärbasis für Drohnenangriffe genutzt werde.

Völkerrechtswidrige Beihilfe?

Für Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International ist hingegen klar: Mit dem vorliegenden Wissen über die Koordinierung von Drohnenangriffen von Deutschland aus befördere die Bundesregierung das Handeln der USA. "Diese Unterstützung gewinnt vor dem Hintergrund von US-Präsident Trumps Ankündigung, das Drohnenprogramm weiter auszubauen, zunehmend an Brisanz", heißt es in einer Mitteilung von Amnesty International aus dem vergangenen Jahr. 2018 veröffentlichte die Organisation eine Analyse zur Rolle europäischer Staaten bei US-Drohneneinsätzen. Die Bundesregierung unternehme nicht genug, um sicherzustellen, dass sie keine völkerrechtswidrige Beihilfe zu Drohnenangriffen leiste.

Ob die Verfahren der Jemeniten und des Somaliers neue Erkenntnisse bringen? Selbst Sicherheitsexperte Marcel Dickow kann das nicht einschätzen: "Politisch sehe ich nicht, dass sich etwas an der Haltung der Bundesregierung in den vergangenen Jahren etwas verändert hat." Laut dem Vorsitzenden Richter steht dem Gericht in Münster ein schwieriges Mammutverfahren bevor. Weder das Bundesverfassungsgericht noch das Bundesverwaltungsgericht seien mit einem Fall "vergleichbarer Konstellation" je befasst gewesen.

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