Arbeiten unter Beobachtung
29. März 2012Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) muss nun auch ihr Büro in den Vereinigten Arabischen Emiraten verlassen. Ein Schritt, den der Vorsitzende der Stiftung, Hans-Gert Pöttering, als ein Alarmzeichen sieht. Im Gespräch mit der Deutschen Welle sagte Pöttering: "Wenn das in der Arabischen Welt Schule machen sollte, wird es für den Dialog der Kulturen, den die KAS und die anderen Stiftungen führen, sehr schwierig." Es sei eine bedenkliche Entwicklung für Demokratie und Freiheit. Außenminister Guido Westerwelle forderte die Emirate auf, den Beschluss rückgängig zu machen.
Nach Ägypten ist Abu Dhabi das zweite Büro, das die Adenauer-Stiftung innerhalb kurzer Zeit schließen muss. Das Büro in Kairo geriet Ende Dezember 2011 ins Visier der ägyptischen Behörden, die der Stiftung und anderen Nicht-Regierungsorganisationen "illegale Finanzierungen" und "fehlende Genehmigungen" vorwarfen. Dieser Vorfall beeinflusst auch die Arbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), der Friedrich-Naumann-Stiftung (FNS) und der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) in Ägypten. Für die Heinrich-Böll-Stiftung und die Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) bedeutet es einen Rückschlag in ihren Bemühungen, ebenfalls in Kairo Büros zu eröffnen. Man warte nun die Entwicklung ab, und hoffe auf verbesserte Bedingungen nach den Präsidentschaftswahlen im Mai, hieß es in Berlin.
Die Affäre um die Adenauer-Stiftung in Ägypten wirkt auch in anderen Regionen nach, sagt Jürgen Stetten, Leiter des Referats Asien/Pazifik bei der SPD-nahen FES. Grundsätzlich ändere sich am Vorgehen, das auf Transparenz und Vertrauen beruht, zwar kaum etwas, aber "solche Fälle machen deutlich, wie wichtig es ist, sich an solchen Grundsätzen zu orientieren". Hinzu komme, dass dort, wo es Vorbehalte einer Regierung gebe, noch einmal genau geprüft werden müsse, ob man richtig aufgestellt sei.
Intensive Vorbereitung auf den Auslandseinsatz
"Das ist wie mit unterschiedlichen Stromkreisläufen; man braucht für jeden Stromkreislauf einen anderen Adapter und für die Arbeit in Pakistan braucht man die pakistanische Version", sagt Babak Khalatbari, Leiter des Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Islamabad, über die Auslandsarbeit. Was so unkompliziert klingt, erfordert im Alltag der von den sechs deutschen politischen Stiftungen entsandten Mitarbeiter umfangreiche Landeskenntnisse, viel Fingerspitzengefühl, ausgeprägte interkulturelle Kompetenz und Sprachkenntnisse.
In mehr als 300 Büros weltweit arbeiten Vertreter politischer Stiftungen und setzen gemeinsam mit örtlichen Partnern Projekte um, die in aller Regel den politischen Schwerpunkten der Parteien entsprechen, denen die Stiftungen nahe stehen.
Die Vorbereitung auf die Arbeit im Ausland wird von den Stiftungen sehr ernst genommen. Bis zu sechs Monate müssen sich die künftigen Büroleiter auf den Einsatz vorbereiten. Auf dem Stundenplan stehen neben Projektmanagement und Sprachkursen Landeskunde und interkulturelles Training ganz oben. Tim Petschulat, Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung im Jemen, sieht darin eine wichtige Voraussetzung: "Man kann sich inhaltlich und auf rationaler Ebene völlig einig sein, trotzdem kommt kein Projekt zustande, weil man sich auf kultureller Ebene missversteht." Auch Gerhard Wahlers, stellvertretender Generalsekretär der KAS, hält die Vorbereitung für enorm wichtig: "Man ist immer in einer anderen Kultur, darauf muss man sich einstellen, wenn man außerhalb Deutschlands tätig sein möchte." Das gelte auch für Europa und die USA.
Schwierige Arbeitsbedingungen
Die Bedingungen, unter denen die Stiftungen in den einzelnen Ländern arbeiten, sind sehr unterschiedlich. Gemeinsam haben alle die Entfernung von der Zentrale. Man hat, so Stetten von der FES, ein hohes Maß an Selbständigkeit und Eigenverantwortung. Die Stiftungen lebten von der Eigeninitiative und den Gestaltungsmöglichkeiten der Mitarbeiter vor Ort. Das sei ihre Stärke.
In den Projekten arbeiten sie in aller Regel mit nicht-staatlichen Organisationen oder den Parlamenten zusammen. Das wird bei den staatlichen Stellen des Gastlandes gelegentlich mit Argwohn betrachtet und kann auch als Einmischung empfunden werden. Khalatbari, für die KAS in Pakistan, sagt im Gespräch mit der Deutschen Welle, dass die Stiftungen häufig in einem "höchst sensiblen" Bereich arbeiteten. Und fügt hinzu: "Wenn wir uns vorstellen, dass ausländische Stiftungen den Bundestag beraten, würden wir uns auch fragen, was da passiert."
Fingerspitzengefühl gefragt
Es erfordert viel politisches Fingerspitzengefühl, mit den Behörden vor Ort umzugehen, nicht nur weil das politische System wie zum Beispiel in Simbabwe eine Herausforderung ist. Dort ist die Arbeit der Stiftungen besonders schwierig, die Mitarbeiter stehen unter ständiger Beobachtung und riskieren, des Landes verwiesen zu werden. Auch in China oder Vietnam wird genau beobachtet, was die Stiftungen tun. Die Stiftungsvertreter müssen damit leben, dass bestimmte Themen oder Projekte in bestimmten politischen Konstellationen nicht möglich sind. "Grundsätzlich", so der stellvertretende Generalsekretär der KAS Wahlers, "ist es in autoritären Staaten immer schwieriger für die Stiftung, aktiv zu sein."
Wahlers weiß aus eigener Erfahrung, dass es manchmal auch die besonderen bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und dem Gastland sind, die ein hohes Maß an Sensibilität erfordern. Er war Anfang der 1990er Jahre in Israel und "damals war das deutsch-israelische Verhältnis nach wie vor eine Herausforderung."
In vielen Ländern ist es nicht das politische System, das die Arbeit erschwert, sondern die Sicherheitslage. Im Jemen haben sich nach dem Machtwechsel zwar die politischen Rahmenbedingungen erheblich verbessert, sagt der FES-Vertreter Petschulat, und die Unterstützung der Stiftung werde aktiv nachgefragt. Die schwierige Sicherheitslage infolge von Terrorakten und Entführungen schränke jedoch die Aktivitäten ein. Petschulat ist deswegen nur eine Woche im Monat in Sanaa. "Manchmal ist man nur am falschen Ort, und dann kann etwas passieren", ergänzt Khalatbari von der KAS. Er erinnert sich an den Anschlag auf das Mariott-Hotel in Islamabad im September 2008. Das Hotel, das fast völlig zerstört wurde, lag nahe dem KAS-Büro. Zwei Jahre später sollte das Büro selbst Ziel eines Anschlags werden. In einem Drohbrief wurde ihm mitgeteilt, dass es von Selbstmordattentätern in die Luft gesprengt werden solle. Die pakistanische Regierung hat sofort reagiert und Polizei- und Personenschutz angeboten.