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Politik

Hauen und Stechen beim Fernduell

14. Februar 2018

Eine qualvolle Regierungsbildung und Personengerangel: Das sind die Themen beim Aschermittwoch der Parteien. Trotz GroKo-Bestrebungen drischt die CSU auf den Koalitionspartner ein - im Gegensatz zu CDU-Chefin Merkel.

Bildergalerie Politischer Aschermittwoch - CSU - Söder (Foto: picture alliance / Sven Hoppe/dpa)
Mit Heimatliebe und einer ordentlichen Maß: Markus Söder (l.) und Andreas ScheuerBild: picture alliance / Sven Hoppe/dpa

Bei den traditionellen Fernduellen der Parteien in Festzelten am Aschermittwoch wird wie immer kein Blatt vor den Mund genommen. Obwohl die CSU mit der SPD in Berlin eine neue große Koalition bilden will, gab es heftige Angriffe der Christsozialen auf den Wunsch-Koalitionspartner SPD und die früheren Sondierungspartner FDP und Grüne. Für seine Attacke gegen den potenziellen GroKo-Partner SPD erntete CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer Jubel und Applaus von rund 4000 CSU-Anhängern in Passau. 

"Es hat sich ausgeschulzt"

Scheuer erinnerte an die Hauptredner der SPD vor einem Jahr: den damaligen SPD-Kanzlerkandidaten und am Dienstag zurückgetretenen SPD-Chef Schulz und den damaligen sozialdemokratischen österreichischen Bundeskanzler Christian Kern von der SPÖ. Scheuers Fazit: "Klar ist nach nur einem Jahr: Es hat sich ausgeschulzt und weggekernt." Dafür gratulierte er dem österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz von der konservativen ÖVP zum Wahlsieg im vergangenen Herbst. Über Schulz' vorläufiges Karriereende, der noch vor wenigen Tagen als Außenminister im Gespräch war, sagte Scheuer: "Der neue Draußenminister ist: Martin Schulz."

Dem kommissarischen SPD-Chef Olaf Scholz wünschte Scheuer ironisch "alles Gute": "Wenn er solche Parteifreunde hat, dann ist mir um seine Zukunft nicht bange." Gleichzeitig hofft er aber auf eine Zustimmung der SPD-Mitglieder zum Koalitionsvertrag mit der Union.

Scheuer betrachtet seine CSU als das "Abwehrbollwerk gegen linke Fantasten" und ein Anker von Stabilität und Sicherheit. Dafür werde auch CSU-Chef Horst Seehofer als designierter Bundesinnenminister sorgen. Im Rückblick auf die Koalitionsverhandlungen sagte er, die CSU habe sich in der Migrationspolitik im Wesentlichen durchgesetzt. In den Gesprächen sei seine Partei "das SEK Vernunft" gewesen.

"Tofu predigen, aber dann an die Fleischtöpfe"

Die FDP sei mit ihrem Abbruch der Sondierung mit Union und Grünen über eine Jamaika-Koalition zur "fahnenflüchtigen Partei Deutschlands" geworden. "Wer so unverantwortlich handelt, der braucht bei der Landtagswahl gar nicht erst anzutreten", rief Scheuer mit Blick auf im Oktober geplante Abstimmung. Die Grünen hätten in den letztlich gescheiterten Sondierungen wesentliche Wahlversprechen unter dem Druck der Union aufgegeben. "Die drehen sich schneller als jedes Windrad Deutschlands", sagte Scheuer. "Tofu predigen, aber dann schnell an die Futter- und Fleischtöpfe kommen: Das sind die Grünen."

Robert Habeck von den Grünen: Seehofer wurde nach Berlin abgeschobenBild: picture-alliance/dpa/A. Gebert

Scheuers Parteikollege, der designierte bayerische Ministerpräsident Markus Söder, verteidigte die Heimatpolitik seiner Partei gegen Kritik und nannte sie "Exportschlager". Heimat sei "das wichtigste emotionale Gefühl unserer Bürger", das manche zu Unrecht lächerlich machen wollten, sagte Söder in Passau. Heimat sei nicht nur Gefühlsduselei, sondern ein "seelischer Anker", den jeder brauche. Die CSU habe mit ihrer Heimatpolitik in Bayern den ländlichen Raum gestärkt. "Die Union darf sich nicht nur in der Mitte drängeln und nach links schielen", sagte Söder. Die Union sei für die "bürgerliche Mitte" da, "wir wollen auch die demokratische Rechte wieder bei uns vereinen". Viel Applaus erntete Söder für seine Forderung nach konsequenteren Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber. "Nach wie vor sind wir das einzige Land der Welt, in das man ohne Pass hinein- aber nicht mehr hinauskommt", sagt der CSU-Politiker ironisch. "Nehmen wir den Rechtsstaat ernst, dann darf er auf Dauer nicht kapitulieren."

Grünen Empfehlung: "Betreutes Regieren"

Der Grünen-Bundesvorsitzende Robert Habeck konterte im Festzelt vor 400 Besuchern in Landshut: "Jetzt haben sie vielleicht ihr Ziel erreicht: ein Heimatministerium in Berlin. Und Horst Seehofer wird dahin abgeschoben. So fühlt es sich an, wenn man abgeschoben wird!" Mit Kritik an den Regierenden in Berlin und München und viel Häme schworen die Grünen ihre Anhänger auf den bayerischen Landtagswahlkampf ein. 

Werben für Koalitionsvertrag

Bundeskanzlerin Angela Merkel vermied verbale Attacken auf die politische Konkurrenz. "Noch nie gab es nach einem Wahljahr zum Aschermittwoch keine neue Regierung", sagte die CDU-Chefin in Demmin in Mecklenburg-Vorpommern. Deswegen seien deutliche Worte mehr angebracht als in anderen Jahren. Es gehe aber nicht darum, "permanent zu fragen, was macht der andere falsch", fügte sie hinzu. "Sondern es geht für jeden und in jeder Partei darum zu fragen, was kann ich für dieses Land tun, denn das ist die Aufgabe von Politik: zu dienen und nicht rumzumosern", sagte Merkel. "Es ist nicht die Zeit für 'Mit dem Kopf durch die Wand', sondern es ist die Zeit für Vernunft und Verstand." Es gehe nicht um "Verleumdungen und Unterstellungen", sondern "es geht darum, dass wir wieder lernen, uns gegenseitig zu achten, uns zuzuhören und auch das Gute beim anderen zu sehen und nicht nur das Schlechte", verlangte Merkel. Ihre rund 20-minütige Rede nutzte die Kanzlerin vor allem dazu, für den Koalitionsvertrag mit der SPD zu werben.

Auch Olaf Scholz verzichtete in seiner ersten Rede als kommissarischer SPD-Chef zunächst auf Attacken gegen andere Parteien. Er konzentriert sich in Vilshofen darauf, die Erfolge der SPD in den Koalitionsverhandlungen herauszustellen. "Man muss sich nur die Diskussion in der CDU anschauen, um zu wissen, dass wir es wohl irgendwie richtig hingekriegt haben müssen. Nicht nur ein bayerischer Politiker hat wohl den Zenit seiner politischen Karriere überschritten, sondern wohl auch eine Frau aus dem Norden", fügt Scholz in Anspielung auf CSU-Chef Horst Seehofer sowie Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel hinzu. Scholz mahnte, auch die vereinbarte Reform in der Europapolitik sei ein Grund, dem Koalitionsvertrag mit der Union zuzustimmen. "Denn jetzt ist das Zeitfenster, und nicht in fünf Jahren und in zehn Jahren. Vielleicht gibt es dann keines mehr. Und jetzt müssen wir handeln, liebe Genossinnen und Genossen."

Prost, Genossinnen und Genossen: Olaf Scholz stimmt bei einem Weizen seine Sozis auf den Koalitionsvertrag einBild: picture-alliance/dpa/K.-J. Hildenbrand

"Methode Merkel am Ende"

Am Koalitionsvertrag übte FDP-Chef Christian Lindner in Dingolfing scharfe Kritik. Auf 152 von 177 Seiten finde sich das Wort "weiter". "In diesen Zeiten gibt es nichts Gefährlicheres als ein 'Weiter so'", sagte er. 16 Kommissionen würden eingesetzt, weil sich Union und SPD nicht entscheiden wollten. Politische Widersprüche und Unterschiede würden "mit Milliarden und Abermilliarden zugeschüttet". Nach zwölf Jahren sei die "Methode Merkel" an ein Ende gekommen. Lindner rief die "staatstragenden, seriösen Kräfte" auf, sich angesichts von "Systemgegnern" im Parlament mit Polemik zurückzuhalten. Ausgerechnet die CSU spreche davon, dass sich andere Parteien selbst zerfleischten, sagt Lindner. Alle hätten jedoch noch die jahrelange Auseinandersetzung zwischen Horst Seehofer und Markus Söder in Erinnerung. "Ein bisschen weniger Häme", empfahl der FDP-Vorsitzende.

sam/sti (AFP, dpa, rtr)

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