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Politik

Politischer Aschermittwoch im Zeichen Europas

6. März 2019

100 Jahre gibt es den Politischen Aschermittwoch nun schon. In diesem Jahr ließ es sich kein Politiker nehmen, die Rolle Europas zu betonen. Viele Politiker äußerten deutlich ihre Haltung zur EU - und ihre Erwartungen.

Markus Söder (Foto: Reuters/M. Dalder)
Prost! Bayerns Ministerpräsident Markus Söder beim Politischen Aschermittwoch der CSUBild: Reuters/M. Dalder

Es geht wieder rund - zumindest versuchen die großen Parteien sich zum traditionellen Politischen Aschermittwoch rhetorisch und inhaltlich deutlich in Stellung zu bringen, und das in bewährter Bierzelt-Manier. Für fast alle Parteigrößen bedeutet das im Angesicht der bevorstehenden Europawahl, sich für die Europäische Union stark zu machen.

So rief die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ihre Partei zu einem engagierten Wahlkampf auf. "Das ist keine Europawahl, wie sie sonst immer war", sagte sie in Demmin in Mecklenburg-Vorpommern. Dieses Mal gehe es um darum, ob europäische Werte "noch eine Rolle spielen in der Welt oder nicht".

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer bei ihrem Auftritt in Mecklenburg-VorpommernBild: Reuters/F. Bensch

Kramp-Karrenbauer forderte die Europäische Union auf, sich um die wichtigen Themen und "nicht um jede Trinkwasserverordnung, nicht um jede Kleinigkeit" zu kümmern. Die "große Frage" sei der Schutz der Außengrenze. "Das ist unsere Aufgabe, das müssen wir gewährleisten", betonte die CDU-Chefin. Außerdem sei eine gemeinsame Verteidigungs- und Sicherheitspolitik erforderlich. 

SPD will "Haus Europa" retten

Die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Katarina Barley, warb beim Politischen Aschermittwoch ihrer Partei in Vilshofen für ein soziales und starkes Europa. Es gehe darum, bei der Wahl am 26. Mai "all den Anti-Europäern mit einem entscheidenden Signal zu begegnen", sagte Barley in Bayern. Die anstehenden Wahlen seien "so wichtig wie nie zuvor". Es gehe darum, "alles zu tun für dieses großartige Haus Europa".

Zünftig ging es auch bei der SPD mit Katarina Barley zuBild: picture-alliance/dpa/D. Karmann

Der CSU warf Barley vor, sie habe beim Thema Europa "Kreide gefressen". Noch vor einem Jahr habe die Partei die EU "aufs Übelste beschimpft" und gegen sie Stimmung gemacht. Die SPD-Politikerin verwies darauf, dass die CSU lange Zeit den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban "hofiert" habe. Jetzt drehe sie "ihr Fähnlein nach dem Wind", sagte Barley. "So jemand will kein funktionierendes Europa, das auf einem solidarischen Geben und Nehmen beruht."

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron habe hingegen "verstanden, was Solidarität in Europa bedeutet". Er stelle die richtigen Fragen, etwa nach einem europäischen Mindestlohn und wie Europa für alle da sein könne, sagte Barley.

AfD-Chef würde Orban den roten Teppich ausrollen

Auch AfD-Chef Jörg Meuthen kritisierte die Europäische Volkspartei samt Spitzenkandidat Manfred Weber (CSU) für deren Umgang mit Orban. Weber habe Orban komplett unannehmbare Bedingungen gestellt, sagte Meuthen im niederbayerischen Osterhofen.

Andererseits sei Orban in der EVP, die längst "linke Politik" mache, nicht mehr zu Hause, sagte Meuthen und betonte: "Ich würde ihm den roten Teppich ausrollen."

Grüne: Kritik an GroKo

Auch Grünen-Chefin Annalena Baerbock ließ kaum ein gutes Haar an der CSU, kritisierte aber auch die anderen Parteien der großen Koalition. Sie würden wichtige Projekte in Europa blockieren. Bei der Kundgebung ihrer Partei in Landshut sagte Baerbock, zwar stehe im Koalitionsvertrag von Union und SPD "einiges Gutes drin". Aber wenn es etwa um Steuertransparenz oder die Digitalsteuer gehe, stelle sich die Regierung dagegen.

Fordert mehr "soziale Kompetenz" für die EU: Annalena BaerbockBild: picture-alliance/dpa/T. Hase

Und dass es immer noch keine Regulierung der Finanzmärkte gebe, sei "der Vater aller Krisen in Europa", sagte die Grünen-Chefin. "Glauben die denn, mit einer Blockadehaltung gewinnen wir die Menschen für Europa?", fügte Baerbock mit Blick auf die Europawahl Ende Mai hinzu. Wenn die Menschen sich an einer ungerechten Steuerpolitik störten, sei das "kein Nein zu Europa", sondern ein Hadern eben mit dieser Ungerechtigkeit. Die Menschen wollten ein anderes Europa.

Baerbock forderte mehr "soziale Kompetenz" für die EU. Dies scheitere bislang daran, dass die Nationalstaaten sich weigerten, davon etwas abzugeben.

CSU warnt vor Handelskrieg und der AfD

Auch bei der CSU ging es um Europa, dort lief der konservative Spitzenkandidat für die Europawahl, Manfred Weber (CSU) auf. Er warnte vor einem Handelskrieg der Europäischen Union mit den USA. Für die Wirtschaft zögen "Gewitterwolken" auf, sagte er in Passau angesichts der von US-Präsident Donald Trump angedrohten Strafzölle auf europäische Autos.

Weber forderte, die EU müsse selbstbewusst auf diese Herausforderung reagieren. Die USA und die EU verfügten über eine ähnliche Wirtschaftskraft. "Wirtschaftlich sind wir auf Augenhöhe unterwegs." Man sei "bereit zu Verhandlungen." Aber diese müssten dann auf Augenhöhe funktionieren. "Wir lassen uns als Europäer nicht erpressen."

CSU-Chef Markus Söder griff schon vor seinem Auftritt bei der CSU-Kundgebung in Passau die AfD an. "Die EU wird von Populisten und Nationalisten bedroht", sagte er der "Passauer Neuen Presse" und dem "Donaukurier". Der AfD warf Bayerns Ministerpräsident vor, den Austritt Deutschlands aus der EU zu fordern: "Das Ziel der AfD ist nicht, etwas Neues oder Besseres zu schaffen. Sie wollen bewusst das pure Chaos orchestrieren." Das Verhalten vieler AfD-Funktionäre zeige zudem, "dass sie auf dem Weg zu einer verfassungswidrigen Organisation sind".

FDP: Aus dem Brexit lernen

Unterdessen sieht die FDP die kommende Europawahl als eine Richtungsentscheidung. "Es geht um ein Europa, das wir stärken müssen, weil wir es brauchen", sagte die Spitzenkandidatin für die Europawahl, Nicola Beer, in Dingolfing. Sie drängte darauf, aus dem Brexit zu lernen und die Konflikte zwischen "Ost und West, Nord und Süd, großen und kleinen Mitgliedsstaaten" zu beenden.

Nicola Beer von den Liberalen will Europa nicht den Populisten überlassenBild: picture-alliance/dpa/S. Schuldt

Die FDP-Generalsekretärin forderte: "Es geht vor allem um ein Europa, das mit einer gemeinsamen, starken Stimme spricht. In der Außenpolitik, in der Verteidigungspolitik, bei Bürger- und Menschenrechten, im Umweltschutz." Beer rief die Anhänger der Partei zum Wählen auf: "Europa ist zu wichtig, um es den Populisten zu überlassen. Egal ob von rechts oder von links."

100 Jahre Politischer Aschermittwoch

Den Politischen Aschermittwoch gibt es in diesem Jahr seit 100 Jahren: 1919 hatte der bayerische Bauernbund anlässlich des Viehmarkts im niederbayerischen Vilshofen erstmals zu einer Kundgebung geladen - das Politspektakel war geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Politische Aschermittwoch von der Bayernpartei wiederbelebt, bevor die CSU und auch andere Parteien folgten.

jmw/gri (dpa, afp)